Deutscher Außenminister in Libyen: Maas von Ufo zur Abreise bewogen
Tumulte, Bombenangst und ein Flüchtlingslager: Die Bilanz des kurzen Libyen-Besuchs von Bundesaußenminister Heiko Maas ist eher ungewöhnlich.
Kurz vor dem Rückflug nach Tunis wurden die Interviews der Journalisten von Uniformierten abgebrochen, da angeblich ein unbekanntes Flugzeug gesichtet worden war.
Kampfflugzeuge und Drohnen des mit der Serradsch-Regierung verfeindeten Generals Haftar, der aus Ostlibyen heraus mit seiner Libyschen Nationalarmee (LNA) Tripolis zu erobern versucht, haben während des seit April andauernden Kriegs um die libysche Hauptstadt den Flughafen von Zuwara mehrfach bombardiert.
Das am Sonntag von Milizen gestreute Gerücht über ein LNA-Kampfflugzeug führte zur hastigen Abreise der deutschen Delegation und zeigte, wie machtlos die international anerkannte Regierung ist.
Der Besuch von Heiko Maas in Libyen soll den dreistufigen Berlin-Prozess anstoßen, mit dem die Bundesregierung und das Auswärtige Amt einen Waffenstillstand, eine internationale Libyen-Konferenz in Berlin noch in diesem Jahr und ein Treffen der Kriegsparteien in Libyen erreichen will.
Bisher hatte sich die Bundesrepublik diplomatisch offiziell zurückgehalten, doch der Chef der UN-Mission in Libyen, Ghassan Salame, drängt seit Langem auf ein stärkeres Engagement Berlins und begleitete auch die deutsche Delegation.
Maas will daher zukünftig nicht nur mit der Einheitsregierung sprechen, sondern auch mit der Haftar-Gegenseite.
Der Bundesaußenminister besuchte in Zuwara auch ein für den Besuch hergerichtetes Gefängnis mit rund 30 Migranten aus Eritrea und Äthiopien. Als bedrückend bezeichnete er die Berichte der wegen illegaler Migration eingesperrten Gefangenen. Migranten werden in Libyen von Milizen und offiziellen Sicherheitskräften festgenommen und oft willkürlich lange festgehalten.
Zeitgleich zu dieser Stippvisite bedrängten drei libysche Patrouillenboote das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“, das gerade 91 Schiffbrüchige geborgen hatte, in den Gewässern vor Zuwara.
In den libyschen Medien fand trotz der großen Erwartungen an eine Berliner Libyen-Konferenz der Besuch von Maas kaum statt. Man habe auf eine klare Ansage an die Kriegstreiber gehofft, so ein enttäuschter libyscher Journalist, aber kein einziges konkretes Wort gehört.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin