piwik no script img

Deutsche Wohnen & Co enteignenRahmen ohne Inhalt

Die schwarz-rote Koalition legt Eckpunkte für ein Vergesellschaftungs-Rahmengesetz vor. In Kraft treten soll es 2028. Von Anwendung ist nicht die Rede.

„Ob wir das Gesetz dann auch anwenden, ist eine ganz andere Frage“: Fraktionschefs Dirk Stettner (CDU, l.) und Raed Saleh (SPD) Foto: Imago/Funke Foto Services

Berlin taz | Am Wochenende haben CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und SPD-Fraktionschef Raed Saleh „Eckpunkte“ des sogenannten Vergesellschaftungsrahmengesetzes vorgestellt. Es soll die Grundlage für mögliche Vergesellschaftungen in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge bilden sowie „Grundsätze der erforderlichen angemessenen Entschädigung“ formulieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll dann bis Ende des Jahres ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.

Hintergrund ist der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ aus dem Jahr 2021, bei dem sich rund 60 Prozent der abstimmenden Ber­li­ne­r:in­nen für die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne ausgesprochen hatten. Der Senat wurde dadurch verpflichtet, Maßnahmen zur Umsetzung des Entscheids einzuleiten.

Doch Stettner dämpfte am Sonntag vorsorglich jegliche Erwartungen: „Ob wir das Gesetz dann auch anwenden, ist eine ganz andere Frage.“ Auch von seinem Kollegen Saleh hieß es: „Vergesellschaftungsrahmengesetz heißt ja nicht Enteignungsgesetz“ – und doch sei das immerhin besser als nichts. „Ich bin sehr froh, dass wir das jetzt hinbekommen haben“, so der SPD-Fraktionschef weiter.

Ohnehin ist das, was die beiden am Wochenende präsentiert haben, nicht wirklich neu. Bereits im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD vereinbart, ein Rahmengesetz auf den Weg zu bringen. Und die Rechtmäßigkeit der Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen ist mittlerweile sogar doppelt geprüft worden: in einem vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachten sowie einer vom Vorgängersenat eingesetzten Ex­per­t:in­nen­kom­mis­si­on.

Angesichts dessen wirft die Opposition im Abgeordnetenhaus der Koalition fehlende Bereitschaft zur Umsetzung des Volksentscheides vor. Als „zeitraubendes Placebo“ bezeichnet Linken-Fraktionschef Tobias Schulze am Montag die Ideen für das Rahmengesetz. Von „politischem Versagen mit Ansage“, spricht die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Ein Rahmen allein könne nichts an der Wohnungsnot der Stadt ausrichten, „wenn der Inhalt fehlt“, so die Mietenpolitikerin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Großartiges Photo, könnte ein Franz-Gertsch-Gemälde abgeben. Saleh sieht jetzt schon aus wie gemalt.



    Und dann die Details — wie der braune Balken genau senkrecht die Bildhälften trennt, die CDU hat Logos, wird also genannt, die SPD hat gerade mal die Getränke. Die CDU hat ein Mikro und Saleh keins. Die Verzerrungen durch die Gläser, ganz klassischer Hyperrealismus…

  • "Der Senat wurde dadurch verpflichtet, Maßnahmen zur Umsetzung des Entscheids einzuleiten."

    Nein das ist volkommen falsch. der Bürgerentscheid enthielt kein Gesetzesvorschlag und war deswegen nicht verpflichtend.

    www.rbb24.de/polit...olksentscheid.html



    Vor zwei Jahren war ein Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne in Berlin erfolgreich - umgesetzt wurde er bislang nicht. Eine zweite Abstimmung soll nach dem Willen der Initiatoren direkt zu einem Gesetz führen



    Diesmal sollen die Berlinerinnen und Berliner gleich über ein Vergesellschaftungsgesetz abstimmen, wie Vertreter der Initiative am Dienstag bei einer "öffentlichen Pressekonferenz" vor dem Roten Rathaus bekanntgaben.

  • Wer noch nicht wußte, was "Tricks und Winkelzüge" bedeuten: hier ist das beste Beispiel..







    Wenn also zwei Berliner Parteien die das *D* für Demokratie im Namen tragen, eben genau das, nämlich das Votum des Volkes, das mit 60% klarer kaum sein kann, aushebeln, dann kann man sie nicht mehr wirklich als Demokratisch bezeichnen.

    So gesehen handelt es sich bei der Regierung Berlins nur noch um eine:

    *C-U+SP-* Koalition.

    Und da nimmt es dann auch nicht Wunder, daß die LINKE so stark an Zulauf gewinnt.







    Wird also spannend, wie sich das Verhalten der *CUSP* bei der nächsten Wahl auf das Votum des Souveräns (Demokratie = *Herr/Frau-schaft des Volkes) auswirken wird..