Deutsche Vertretung in Syrien: Baerbock in Damaskus und Beirut
Die Bundesaußenministerin pocht bei ihrer letzten Amtsreise nach Syrien und Libanon auf Stabilität.

Ein politischer Neuanfang zwischen Syrien und Europa sei möglich, aber mit Erwartungen verbunden, erklärte Baerbock in Damaskus. Die Übergangsregierung unter Ahmad al-Scharaa steht in der Kritik, weil sie Massaker an Alawiten, bei denen laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte Anfang März mindestens 1.383 Menschen getötet wurden, nicht verhindert hatte.
Baerbock verurteilte die „gezielte Tötung von Zivilisten“, traf sich mit Mitgliedern der religiösen Minderheit, der auch Ex-Machthaber Baschar al-Assad angehört, und pochte darauf, die Geschehnisse aufzuarbeiten. Voraussetzung für die Lockerung weiterer Sanktionen sei, „dass Freiheit, Sicherheit und Chancen“ für „Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen“ gelten.
In Beirut traf Baerbock den libanesischen Präsidenten Joseph Aoun, bisheriger Armeechef, und Ministerpräsident Nawaf Salam, zuvor Präsident des Internationalen Gerichtshofs. Bei den Gesprächen war die Sicherheitslage an den Grenzen zentrales Thema.
Soldat*innen verdienen mit Taxifahren dazu
An der Grenze zu Syrien hatte es am Wochenende, nach einem Vorfall, in den wohl Waffenlieferanten der Hisbollah involviert waren, Beschuss zwischen syrischen und libanesischen Truppen gegeben. Die Hisbollah hatte bisher von der durchlässigen Grenze profitiert, denn das Assad-Regime hatte Waffenlieferungen aus dem Iran über Syrien durchgewunken.
Nun ist Assad gestürzt, die Führungsriege der Hisbollah wurde durch israelische Angriffe getötet und die libanesische Armee löst die Waffenlager der Hisbollah auf.
Die libanesische Armee hat jedoch kaum personelle und finanzielle Kapazitäten, um die Grenze zu sichern. Durch die Wirtschaftskrise kann der Staat keine ordentlichen Gehälter zahlen, Soldat*innen verdienen sich mit Taxifahren etwas dazu.
Im Libanon wurde 2022 gewählt, doch parteipolitische Blockaden hatten die Regierungsbildung bis zum Januar 2025 verzögert. Der bankrotte Staat kann die massiven Schäden durch den Krieg mit Israel nicht beheben. Die Weltbank schätzt die Kosten auf 11 Milliarden US-Dollar.
Israel besetzt noch immer fünf Posten in libanesischen Dörfern
Baerbock gab sich am Donnerstag jedoch hoffnungsvoll. „Es besteht die Chance auf eine stabilere Zukunft.“ Internationale Geldgeber machen Reformen zur Voraussetzung für Unterstützung. Baerbock betonte „vor allem die Umsetzung der mit dem Internationalen Währungsfonds getroffenen Vereinbarungen“.
Die Außenministerin pochte auch auf die Einhaltung der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah. Dazu gehöre, dass Israel seine Truppen von libanesischem Gebiet zurückziehe, sagte sie und warnte vor einer permanenten Besatzung. Dies könne von der Hisbollah als Vorwand für neue Angriffe genutzt werden. Israel besetzt noch immer fünf Posten in libanesischen Dörfern als Militärposten.
Die libanesische Führung wertet das als Verstoß gegen die Vereinbarung. Israel habe abgelehnt, die fünf besetzten Hügel zu räumen und „mit internationalen Streitkräften zu besetzen“, sagte Präsident Aoun zu Baerbock.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leistungsloses Einkommen
Warum Erben lieber über „Neid“ reden als über Gerechtigkeit
Israels Krieg im Gazastreifen
Hunderte Tote nach zwei Tagen israelischen Bombardements
Bundesrat stimmt über Finanzpaket ab
Aiwanger wäre ohne Zustimmung entlassen worden
Tödliche Schüsse der Polizei
Musste Najib Boubaker sterben?
Anwälte vor Prozess gegen Daniela Klette
„Hier wird eine RAF 2.0 konstruiert“
Rechtsextreme Gewalt in Deutschland
Angst vor Kontrollverlust