Deutsch-Iranerin Taghavi im Gefängnis: Nach 50 Tagen wieder in den Knast

Gerade erst war die Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi in den Hafturlaub entlassen worden. Nun muss sie früher als geplant zurück in Gefangenschaft.

Nahid Taghavi sitzt auf einem Sofa

Mit Fußfessel: Taghavi im Januar in Teheran Foto: Marian Claren/dpa

BERLIN taz | Die deutsche Staatsbürgerin Nahid Taghavi musste am Mittwochabend in das berüchtigte Evin-Gefängnis im Iran zurückkehren. Das geht aus einer Pressemitteilung ihrer Tochter, Mariam Claren, hervor, die sich in Deutschland für die Freilassung ihrer Mutter einsetzt. Am 9. Januar erst war die 69-jährige Kölnerin mit einer elektronischen Fußfessel in einen medizinischen Hafturlaub entlassen worden.

Claren kritisiert, dass eine angemessene medizinische Versorgung während des Hafturlaubs kaum möglich war, da Taghavi sich mit der elektronischen Fußfessel nur im Umkreis von einem Kilometer von ihrer Wohnung bewegen durfte. Zudem habe sie in den vergangenen Wochen eine schmerzhafte Augenerkrankung entwickelt, die von Ärzten überwacht werden müsse.

Den vorzeitigen Abbruch des Hafturlaubs ihrer Mutter bezeichnet Claren als „willkürlich und ohne erkennbaren Grund“. Sie betont: „Die Islamische Republik Iran und ihr Justizsystem sind für alles verantwortlich, was meiner Mutter widerfährt.“

Taghavi war im Oktober 2020 bei einem Besuch im Iran von den Revolutionsgarden der Islamischen Republik festgenommen worden. Nach mehr als sieben Monaten in Isolationshaft und mehr als 1.000 Stunden Verhör ohne rechtlichen Beistand wurde sie schließlich vom berüchtigten Richter Iman Afshari zu zehn Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Weiße Folter

In Isolationshaft war Taghavi weißen Foltermethoden ausgesetzt, bei denen die Psyche der Gefangenen angegriffen wird. Sie musste auf dem Boden schlafen, in ihrer Zelle gab es kein Tageslicht, sondern nur Neonlicht, das die ganze Zeit brannte. Infolge der Haftbedingungen entwickelte Taghavi Diabetes und Bluthochdruck. Sie hatte zahlreiche Bandscheibenvorfälle und leidet an Gelenkschmerzen und Problemen an der Wirbelsäule.

Bereits im Juli 2022 war sie in einen medizinischen Hafturlaub entlassen worden. Auch dieser wurde jedoch im November 2022 trotz nicht abgeschlossener Behandlung vorzeitig abgebrochen. Kurz zuvor hatte die Bundesregierung angekündigt, weitere Sanktionen gegen die Islamische Republik zu verhängen aufgrund der Niederschlagung der Frau-Leben-Freiheit-Proteste, die im September 2022 angefangen hatten.

Im Juni 2023 wandte sich ihre Zellengenossin, die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, in einem Brief aus dem Gefängnis an die Öffentlichkeit und die deutsche Bundesregierung und erklärte, dass sich Taghavis Gesundheitszustand erheblich verschlechtert habe. Demnach waren ihre Schmerzen so stark, dass sie kaum mehr aus dem Bett aufstehen konnte. Sie habe starke Schmerzmittel injiziert bekommen und leide an tauben Fingern und Schmerzen in ihrem Nacken, am Rücken und an den Händen.

„Gerade einmal fünfzig Tage ließ die Islamische Republik Iran der Kölnerin Nahid Taghavi Luft zum Atmen!“, kritisiert Düzen Tekkal, Menschenrechtsaktivistin und Gründerin der Organisation Hawar Help. „Damit wurden Hoffnungen zerschlagen, dass der Freigang für Nahid ein erster Schritt in Richtung Freiheit war.“ Sie betont: „Nahid Taghavi hat nichts verbrochen. Das Regime hat sie wegen ihrer politischen Überzeugungen festgenommen und hält sie seit Oktober 2020 unter schlimmsten Bedingungen fest.“

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