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Desaster bei der LufthansaCarsten Spohr, der Angstmacher

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Lufthansa missbraucht die schlechten Zahlen als Drohkulisse, um gegen die VertreterInnen der Beschäftigten massiv Front zu machen. Das ist unredlich.

Für Carsten Spohr kann mit den schlechten Zahlen massiv gegen die Beschäftigten Front machen Foto: Henning Kaiser/dpa

D ie Zahlen der größten deutschen Fluglinie Lufthansa sind ein Desaster. Noch immer macht die Airline mit 800.000 Euro pro Stunde ungeheure Verluste. Das ist nicht das einzige Problem der Lufthansa. Denn neben dem materiellen ist dort auch ein massiver Verlust an Lauterkeit zu beobachten. Der Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr kündigt nun betriebsbedingte Entlassungen an, weil ihm die Gewerkschaften nicht gefügig genug sind. Er behauptet, ihre Blockadehaltung sei ein Grund für die wirtschaftliche Misere. Angesichts der verheerenden Lage in der Luftfahrt ist das ein ebenso schamloses wie durchsichtiges Manöver.

Spohr missbraucht die schlechten Zahlen als Drohkulisse, um gegen die VertreterInnen der Beschäftigten massiv Front zu machen. Er sucht in dieser schwierigen Lage nicht den Schulterschluss mit ihnen, sondern versucht, sie einzuschüchtern und kleinzumachen. Er facht die Angst der Beschäftigten vor Jobverlust und Deklassierung an, statt auf eine einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten. Und das alles, nachdem der Staat der Lufthansa mit Milliarden von Euro geholfen hat.

Jetzt bestätigen sich die Befürchtungen, die aufkamen, als Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Mil­liardenhilfen für die Lufthansa ankündigte, ohne Bedingungen für die Beschäftigten zu stellen. Mit diesem Verzicht hat die Bundesregierung eine große Chance vertan. Denn die Lufthansa hätte zu einem Beispiel für einen ökologischen und gleichzeitig sozial verträglichen Wandel werden können. Flüge innerhalb Deutschlands, das zeigt die Coronakrise, sind überflüssig. Geschäftsleute kommen anders ans Ziel oder nutzen Videokonferenzen.

Wenn die Lufthansa weniger fliegt, ist das aus ökologischer Sicht gut. Das muss nicht zulasten der Beschäftigten gehen, denn zum Beispiel mit Arbeitszeitreduzierung oder mehr Urlaub könnte die Reduzierung der Kapazitäten gut aufgefangen werden. Aber für solche Konzepte ist ein Management erforderlich, das nicht ausschließlich die Interessen der nichtstaatlichen AktionärInnen verfolgt.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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8 Kommentare

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  • Spätestens seit dem Diesel-Beschiss weiß jeder Industrieboss, das man sich in Deutschland alles erlauben kann.



    Ein paar Kröten in die richtigen Parteikanäle gesteckt und es flutscht wie geschmiert.



    Gut, dass wenigstens wegen der veruntreuten Ticketrückerstattungen ein Strafverfahren läuft.

  • War doch von vorneherein klar, dass die Coronahilfen für den Luftverkehr verdampfen / verpuffen. Nur der reiche Aktienbesitzer hat davon etwas geringere Verluste.

    Statt die ökologisch desaströsen Branchen Luftverkehr und Automobilindustrie dem freien Markt zu überlassen, hat man sich bei diesen Topverdienern mit dem Geld dafür bedankt, dass diese die "Reichen"-Parteien in die Regierung gewählt haben.

    Ein sinnvoller Anschub des Konsums durch Erhöhung des Mindestlohns oder Hartz 4 oder Einmalzahlungen für Leute mit wenig Einkommen/Vermögen zahlt sich für unsere "Elitendarsteller" nicht aus.

    Wenigstens federt die Mehrwertsteuersenkung die Preiserhöhungen für Nahrungsmittel auf kurze Zeit ein leicht ab.

  • Genau meine Rede. Danke!

  • Aha, bei 800000 Euro Verlust pro Stunde sollen also trotzdem alle Beschäftigten weiter ihr Gehalt für nichts erhalten, denn sie haben ja offensichtlich nichts zu tun. Dass das nicht funktioniert, kann man auch als Nichtbetriebswirt erahnen. Geringere Nachfrage bedeutet Anpassung des Geschäftsmodells und Bereitstellung geringerer Kapazitäten - ein völlig normaler Vorgang. Dass man dann auch weniger Beschäftigte braucht, liegt ja wohl auf der Hand. Schließlich ist die Lufthansa ein Wirtschaftsunternehmen und keine Versorgungsanstalt.

    • 9G
      95309 (Profil gelöscht)
      @OutbackerAS:

      Und damit die Lufthansa diese Gehälter nicht übernehmen muss zahlt der Staat Kurzarbeitergeld. Bei einem Durchschnittsverdienst von 3880 €in Deutschland wären dann erstmal 50% der Kosten weg. Bei den höheren Gehältern zahlt Lufthansa, so wie die meisten anderer Arbeitgeber einen Teil(!) der Differenz. Da auch das eine Pyramide ist, wird auch hier weniger als nach aussen dargestellt gezahlt.

    • @OutbackerAS:

      Dann brauchen sie ja auch keine Unterstützung vom Staat. Der Staat ist keine Versorgungsanstalt für Unternehmen.

  • Spohr ist ein typischer Vertreter seiner Zunft,denen wir eine art zu wirtschaften verdanken,die einfach zum Kotzen ist.



    Ich hoffe sehr,dass der Flugverkehr nie mehr das Ausmaß erreicht,das er vor Corona hatte.Es ist höchste Zeit umzudenken.

    • @Markus Müller:

      Finde es höchst unmoralisch wie sie hier antworten. An dieser Situation ist Lufthansa , die Gewerkschaften und auch die Politik in großem Maße selbst schuld ! Die horrenden Forderungen der Gewerkschaft mit Streiks usw die Politik in erster Linie Grün/Rot Flugsteuer usw auch Lufthansa die meines Erachtens viel Zuviele sogenannte Manager hat. Wir sollten alle froh sein das es ein so gut geführtes unternehmen gibt. Auch im Interesse der Mitarbeiter