Der unvermögende Sozialdemokrat: Steinbrück im Faktencheck
Der SPD-Kanzlerkandidat redet mal wieder übers Geld. Er beklagt, dass man als Bundeskanzler weniger verdiene als ein Sparkassendirektor. Aber stimmt das?
Faktencheck 1: Die Sparkassenfrage
Aussage 1: Peer Steinbrück sagt: „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“ Stimmt das?
Kanzlergehalt: Angela Merkel bekam im Jahr 2011 insgesamt 289.986,84 Euro. Der Betrag setzte sich zusammen aus dem Amtsgehalt (15.222 Euro pro Monat) plus Zuschlägen sowie der um 50 Prozent gekürzten Abgeordnetendiät und der um 25 Prozent gekürzten Pauschale.
Direktorensalär: Laut im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresberichten bekamen Vorstandsvorsitzende von Sparkassen in NRW im Jahr 2011 folgende Jahresvergütungen: Giovanni Malaponti (Niederrhein): 311.500 Euro; Bernhard Lukas (Gelsenkirchen): 313.700 Euro; Christoph Kraemer (Iserlohn): 322.000 Euro; Hans Martz (Essen): 542.800 Euro; Artur Grzesiek (Köln-Bonn): 578.000 Euro; Markus Schabel (Münsterland Ost): 593.000 Euro.
Fazit: Steinbrück hat recht. Allerdings weisen einige kleinere Sparkassen die Vorstandsgehälter gar nicht oder nur als Gesamtbetrag aus. Die Sparkasse Krefeld gibt zum Beispiel ein Jahresgehalt von 1 Millionen Euro an, das sich aber vier Vorstandsmitglieder teilen müssen. Einige könnten also weniger als die Kanzlerin verdienen. Aber das hat Steinbrück ja nicht ausgeschlossen. (ga)
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Faktencheck 2: Die Frauenfrage
Aussage 2: Peer Steinbrück sagt: „Angela Merkel ist beliebt, weil sie einen Frauenbonus hat.“ Stimmt das?
Expertenmeinung 1: Patrice Poutrus, Historiker mit dem Schwerpunkt deutsch-deutsche Zeitgeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, sagt: „Das glaube ich nicht. Eine Frau zu sein, das war anfangs eher Merkels Problem. Sie ist aus dem selben Grund so beliebt wie einst Helmut Kohl: Beständigkeit. Das es so war, vergessen wir nur immer. All jenen, die wollen, dass sich nichts ändert, liefert Angela Merkel die Garantie dafür.“
Expertenmeinung 2: Franz Walter, Leiter des Instituts für Demokratieforschung an der Uni Göttingen, meint: „Ach, Steinbrück haut einfach zu schnell kess klingende Metaphern heraus. Hat Kristina Schröder einen Frauenbonus? Es sind genau solche forschen Attitüden, die dazu führen, dass kühl argumentierende Frauen vielleicht von einer Art Anti-Männer-Bonus profitieren. Die Bankenpleiten – das verbindet man mit hochfahrenden Männern in schwarzen Anzügen. Korrupte Politiker – da fielen zuletzt auch diese Testosterongestalten auf. Unberechenbare Politkobolde – da denkt man an Berlusconi, an Sarkozy. Demgegenüber wirkt Merkel wie ein Gegenmodell und knüpft dabei doch an eine ältere Erwartung etlicher Bundesbürger an die CDU an: berechenbar zu sein, für Ordnung und gegen Chaos zu stehen. Als das zwischen 2009 und 2011 durch Regierungswirrwarr anders schien, sackte die Merkel-CDU ab. Nun aber steht sie vorn, da Merkel nahezu adenauerisch auftritt.“
Fazit: Steinbrück ist nicht Merkel. Aber auch nicht Adenauer oder Kohl. Es liegt also nicht am Geschlecht. (am, ga)
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Faktencheck 3: Die Diäten- und Stressfrage
Aussage 3: Steinbrück sagt: „Abgeordnete des Bundestages arbeiten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich zwölf bis 13 Stunden. Sie sind, gemessen an ihrer Leistung, nicht überbezahlt.“
Auszahlungslage: Die Abgeordnetenentschädigung betrug 2012 monatlich 7.960 Euro. Sie steigt ab 1. Januar 2013 auf monatlich 8.252 Euro. Sie ist einkommensteuerpflichtig.
Betroffenenmeinung 1: Stefan Liebich, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, widerspricht Steinbrück: „Manche Wochen sind schon sehr anstrengend, aber wir machen das ja freiwillig. Auf der anderen Seite können wir in den Wahlkreiswochen beziehungsweise den sitzungsfreien Wochen unsere Kalender sehr viel selbstständiger bestimmen als die meisten abhängig Beschäftigten.“ Das Gehalt reiche ihm „problemlos aus“.
Betroffenenmeinung 2: Die SPD-Abgeordnete Elke Ferner gibt Steinbrück bezüglich der Arbeitsbelastung recht: „Ich habe selten mal ein freies Wochenende.“ Mit ihrem Gehalt aber komme sie „sicher“ aus, allerdings erhalte sie als stellvertretende Fraktionsvorsitzende eine Zulage von 40 Prozent der Abgeordnetenbezüge.
Fazit: Steinbrück übertreibt. Längst nicht alle Abgeordneten fühlen sich überbeschäftigt oder unterbezahlt oder beides. (am, ga)
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