Der sonntaz-Streit: Sind Märchen von gestern?
In Märchen werden Bäuche aufgeschnitten, kleine Mädchen erfrieren auf der Straße. Man muss der Stiefmutter gehorchen, auch wenn sie böse ist.

Früher hatten Märchen vor allem die Aufgabe, Werte zu vermitteln: Kinder sollen sich anpassen und ihren Eltern gehorchen. Geh nicht alleine in den Wald, sei tolerant, verlässlich und bescheiden.
Für die Alten von heute können Märchen aber eine andere Bedeutung haben. Bestimmte Verhaltensweisen von Demenzkranken wie Aggression, Apathie oder auch Fluchtverhalten erschweren die Pflege oft. Ein aktuelles Projekt des Deutschen Zentrums für Märchenkultur soll die Lebensqualität der Patienten erhöhen. Märchen schaffen einen Zugang zum Langzeitgedächtnis und somit auch zu Emotionen. Es zeigt sich, dass demente Zuhörer nicht nur während der Märchenstunde aufmerksam und interessiert sind, sondern auch danach leichter zu pflegen sind.
In den Siebzigern wurden Märchen als Werkzeug schwarzer Pädagogik kritisiert. Diese Sichtweise wollte der inzwischen verstorbene Psychoanalytiker Bruno Bettelheim mit seinem Buch „Kinder brauchen Märchen“ widerlegen. Er machte die Beobachtung, dass gesunde wie psychisch kranke Kinder mehr Spaß an Märchen als an anderer Literatur haben. In Bettelheims psychoanalytischer Perspektive erscheinen Märchen als entwicklungsfördernde Projektionsfläche.
Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 19./20. Oktober 2013 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
In vielen Märchen geht es um gewalttätige Fantasien, Konflikte, Erniedrigung oder Trennungsangst. Bettelheim war der Ansicht, dass Kinder dadurch lernen, mit den Schwierigkeiten des Heranwachsens umzugehen. Am Ende siegt das Gute. Obwohl das im Leben nicht immer so ist, meinte Bettelheim, dass Kinder von Märchen genau dort abgeholt werden, wo sie stehen. Im Gegensatz zu Erwachsenen unterscheiden Kinder vor allem zwischen gut und schlecht, Zwischentöne sind ihnen meist fremd.
Viele Märchen wirken heute realitätsfern, sexistisch und brutal. Da gibt es die Stereotypen der bösen Stiefmutter und der hilflosen Prinzessin, die auf ihren strahlenden Prinzen wartet. Bäuche werden aufgeschlitzt, Augen ausgestochen, Wölfe fressen Menschen. Muss man diese Geschichten aus dem Kinderzimmer verbannen? Oder helfen sie unseren Kindern, eine starke Persönlichkeit zu entwickeln?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 19./20. Oktober. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 16. Oktober, eine Mail an: streit@taz.de
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig