Der Weg des Fluids: Freispruch fürs Fracking
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften sieht durch Fracking aus Schiefergestein weder das Grundwasser bedroht noch das Erdbebenrisiko erhöht.
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Mit dem Fracking wird Öl und Gas gefördert, das nicht in großen Blasen im Untergrund gespeichert ist, sondern im Gestein festsitzt. Es ist Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene, das seit der ersten Lesung in Bundestag und Bundesrat im Mai 2015 aber nicht weitergekommen ist.
Nach dem Gesetzentwurf der schwarz-roten Bundesregierung sollen für das bereits seit Jahrzehnten in Deutschland praktizierte sogenannte konventionelle Fracking aus Sandstein in Zukunft strenge Auflagen gelten. Das unkonventionelle Fracking von Erdgas aus Schiefergestein soll mit Ausnahme von Projekten zu Forschungszwecken in mindestens 3.000 Metern Tiefe komplett verboten werden. Die rot-grünen Landesregierungen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins lehnen auch diese Ausnahme ab.
Die Forscher der BGR haben mit Modellrechnungen ermittelt, wie sich Frack-Flüssigkeit und Lagerstättenwasser nach einem Frack im Untergrund ausbreiten würden. Die mit Sand und Chemikalien versetzte Frack-Flüssigkeit dient dazu, Risse ins Gestein zu sprengen und offen zu halten, so dass Öl und Gas frei werden. Lagerstättenwasser ist Wasser, das in der gleichen Schicht wie das Erdgas liegt und mit diesem zu Tage gefördert wird. Es ist mit natürlich vorkommenden Schwermetallen, Salzen und Kohlenwasserstoffen belastet. Nach Angaben des Mineralölkonzerns Exxon ist im deutschen Schiefer kein Lagerstättenwasser zu erwarten.
Größte Potenziale für Schieferöl und Schiefergas hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im norddeutschen Becken identifiziert – in mehr als 1.000 Metern Tiefe.
Die förderbaren Mengen aus Schiefergestein betragen nach Stand der Technik 320 bis 2.030 Milliarden Kubikmeter Erdgas.
Auf konventionellem Wege, einschließlich des bisher schon praktizierten Frackings, ließen sich höchstens 90 bis 110 Milliarden Kubikmeter fördern.
Die BGR differenziert zwischen tief liegendem Grundwasser, das dem Lagerstättenwasser ähnelt und höher liegendem, aus dem wir unser Trinkwasser fördern. Unterm Strich stellt die BGR fest, „dass eine Gefährdung der nutzbaren Grundwasserleiter durch den Aufstieg von Fracking-Fluiden bei den in Norddeutschland anzutreffenden geologischen Gegebenheiten äußerst unwahrscheinlich ist“.
Der höchste Aufstieg bei einem simulierten Frack in 1.700 Metern Tiefe sei bei einem System offener Klüfte oberhalb des Fracks mit 215 Metern errechnet worden. Bei einer Langzeitsimulation über 300 Jahre würde die Flüssigkeit 500 Meter aufsteigen. Die beim Fracking selbst entstehenden Risse reichten maximal 50 Meter in die Höhe und 200 Meter seitwärts. Das ergebe „einen großen vertikalen Sicherheitsabstand zu den nutzbaren Grundwasserleitern“, findet die BGR.
Den Berechnungen zufolge erzeuge ein solches Fracking auch nur minimale Erdstöße, die an der Erdoberfläche nicht wahrnehmbar seien. Das entspreche der Erfahrung in Niedersachsen, wo bisher kein zeitlicher Zusammenhang zwischen Frack und Erdstoß festgestellt worden sei. Allerdings, so räumen die Gutachter ein, sei der Untergrund bei jedem Projekt daraufhin zu untersuchen, ob ein Frack zwar nicht direkt ein Erbeben erzeuge, aber eines auslösen könnte.
Im Vergleich zu anderen bergbaulichen Tätigkeiten sei die durch das Fracking erzeugte Seismizität gering, urteilt auch das Umweltbundesamt in einem Positionspapier 2014. Dort heißt es auch unter Verweis auf Erfahrungen aus den USA, dass das Grundwasser vor allem durch Schäden und Fehler bei den Bohrungen verunreinigt worden sei.
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz kritisiert, dass die BGR zwar einräume, dass Fracking in „geologischen Störzonen“ größere Erdbeben auslösen könne. Das spiele aber bei der späteren Urteilsbildung keine Rolle.
Irreführend sei der Hinweis, im Zusammenhang mit den 327 Fracks in den vergangenen Jahrzehnten in Niedersachsen sei keine Grundwasserverunreinigung bekannt geworden. „Tatsächlich hat es nie ein systematisches Monitoring gegeben, so dass auch keine Daten vorliegen“, kritisiert der BBU. Außerdem gebe es kein nationales oder europäisches System, das Fehler beim Bohren verhindere oder Schäden daraus begrenze, während das bei chemotechnischen Anlagen Standard sei. „Für eine Legitimation von Fracking ist die Studie ungeeignet“, findet der BBU.
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