Der Preis der Annektierung: Die Krim wird für Moskau teuer

Fehlende Wasserleitungen, Einbrüche im Touristengeschäft, Wirtschaftssanktionen der Ukraine: Auf Russland kommen bis zu 60 Milliarden Euro Kosten zu.

Die ukrainischen Touristen fehlen in dieser Saison: Die leere Strandpromenade von Jalta. Bild: reuters

MOSKAU taz | 60 Milliarden Euro, schätzt Alexander Potschinok, Exminister für Arbeit und Soziales der Russischen Föderation, wird Russland für den Anschluss der Krim zahlen müssen. Andere Quellen gehen von 30 Milliarden Euro aus. Beide Zahlen können jedoch nur ungefähre Schätzungen sein, zu viele Faktoren sind nur schwer einschätzbar. Finanzminister Anton Siluanow sagte am Dienstag, die Krimkrise könnte das Wachstum der russischen Wirtschaft auf null bringen.

Mit rund zwei Milliarden Euro pro Jahr speiste sich der Haushalt der Halbinsel zu fast 50 Prozent aus der Kiewer Staatskasse. Nun muss Moskau den Haushalt stützen. Moskau wird tiefer in die Tasche greifen müssen, sind doch in Russland Gehälter und Renten höher als in der Ukraine.

Zentraler Pfeiler der Wirtschaft der Halbinsel ist der Tourismus. Sechs Millionen Touristen erholten sich im letzten Jahr auf der Krim. Vier Millionen reisten vom ukrainischen Festland an. Es ist kaum zu erwarten, dass im Jahr 2014 Ukrainer zur Erholung kommen werden. Mit Subventionen für günstige Flüge will Moskau die fehlenden Buchungen mit russischen Gästen ausgleichen.

Kurzfristig fehlt jedoch die Infrastruktur. Reisen per Bahn über die Ukraine gelten derzeit in Russland nicht als sicher. Russische Reiseunternehmen wagen es nicht, ihre Busse über ukrainisches Gebiet zu schicken. So bleibt nur der Luftweg und die Fährverbindung über die Stadt Kertsch. Mit dem Auto über Kertsch auf die Krim zu gelangen, ist aber nicht so einfach. Bereits jetzt im April müssen sich Pkw-Besitzer auf Wartezeiten von 24 Stunden einstellen. Der Flughafen von Sewastopol kann pro Jahr maximal eine Million Fluggäste in Empfang nehmen.

Magere Ernte steht ins Haus

Die Krim ist zu 80 Prozent auf Wasserlieferungen vom ukrainischen Festland angewiesen. In der jüngsten Zeit liefert die Ukraine aber gerade einmal so viel wie erforderlich ist, um die Wasserleitungen technisch in Betrieb zu halten. Sollte es dabei bleiben, steht eine magere Ernte ins Haus. Die Krim wird auf den Anbau von bewässerungsintensiven Lebensmitteln verzichten müssen. Letztendlich wird die Halbinsel eine eigene Wasserversorgung benötigen. Russlands Umweltminister Sergej Donskoj denkt an den Bau von Pipelines und Entsalzungsanlagen.

Derzeit plant Kiew ein Gesetz zu den besetzten Gebieten, nach dem jegliche wirtschaftliche Tätigkeit auf der Halbinsel verboten werden soll, die in irgendeiner Form lizensiert werden muss. Damit wäre der Verkauf von Benzin auf der Krim nach ukrainischem Recht genauso gesetzwidrig wie der Betrieb einer Bank oder eines Mobilfunknetzes.

Wer dieses Gesetz verletzt, muss mit empfindlichen Geldstrafen und Lizenzentzug in der Ukraine rechnen. Firmen, wie der russische Mobilfunkbetreiber MTS, der im vergangenen Jahr zehn Prozent seines Gesamtumsatzes in der Ukraine tätigte, oder der Ölkonzern Lukoil, der in der Ukraine 236 Tankstellen betreibt, auf der Krim hingegen nur 13, werden sich sehr genau überlegen, ob sie ihre lukrativen Geschäfte in der Ukraine aufs Spiel setzen wollen.

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