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Der Papst gehtUnd mein Herz tut ein bisschen weh

Den Papst verteidigen? Obwohl er kaum was geleistet hat und die Liste der Fehler lang ist? Nur, weil man selbst katholisch ist? Ja. Muss auch mal sein.

1978. Mama und Bruder und der Papst, als er noch Kardinal war. Bild: privat

BERLIN taz | An so einem Tag ist es nicht einfach, Katholikin zu sein. In der taz noch dazu, wo der Jubel groß ist, wenn der oberste Katholik seinen Rücktritt ankündigt. Endlich ist er weg, der Pisser. Scheiß Kirche. Wurde auch Zeit.

Ich gebe zu: Da tut mir mein Herz schon ein klein bisschen weh. Es ist ein diffuses Gefühl, schwer zuzuordnen. Irgendwas zwischen Überraschung, Entsetzen und Traurigkeit, ohne wirklich entsetzt und traurig zu sein.

Es ist nicht so, dass ich den Papst verehren würde, ihn für seine guten Taten in der Welt bewundern oder die Institution Kirche für die oberste aller Instanzen halten würde. Die Liste der päpstlichen Verfehlungen ist lang, das Misstrauen und die Wut bei vielen zurecht groß. Missbrauchsfälle, Homosexualität, Aidsbekämpfung. Kritik am Papst? Da hat man gut zu tun und ich mache gerne mit.

Die Zeiten, in denen ich jeden Sonntag (ob mit Ministrantenkluft oder ohne) im Gottesdienst saß, sind längst vorbei. Ich bete nur noch dann, wenn ich die Welt verfluche oder jemandem die Pest an den Hals wünsche. Dann hoffe ich auf Beistand von oben, damit all das doch bitte in Erfüllung gehen möge. Der Papst also – er hat keine wirkliche Bedeutung für mich. So wie für viele Katholiken sicher auch.

Es geht nicht mit ihm - aber ohne ihn auch nicht

Warum ich den Papst dennoch verteidige, bei allem, was er nicht geleistet, bei allem, worin er versagt hat? Weil er zu meinem Leben als Katholikin eben irgendwie dazugehört. Weil er, bei aller Kritik, eine Erscheinung ist, die mich fasziniert. Weniger er als Person, vielmehr er mit seiner Macht und seiner Position in der Welt. Dass es so jemanden noch gibt, ein Oberhaupt über eine ganze Kirche, Chef von 1,2 Milliarden Katholiken. Das fesselt mich auf eine seltsame Weise.

Es geht nicht mit ihm – aber eben auch nicht ohne ihn. Diese Kirche wird nicht moderner und offener, wenn jemand wie Joseph Ratzinger an ihrer Spitze steht. Das ist klar und den meisten Katholiken auch bewusst. Aber Benedikt XVI. ist nunmal Teil dieser Kirche, ob ich oder sonstwer nun will oder nicht.

Wenn er nun also geht, wenn er ganz unverhofft hinwirft, ist da nicht nur Freude, und die Hoffnung, dass der nächste Papst es besser macht. Dann ist da auch ein bisschen Wehmut, ein komisches Gefühl im Magen. Dieser komische Phantomschmerz eben.

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12 Kommentare

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  • HK
    Hady Khalil

    Die katholische Kirche und das Quantenuniversum 2:

    Sehr menschlich

    Mit 3 Jahren hatte ich einen schweren Verkehrsunfall, kam in ein katholisches Krankenhaus, lag im Koma unterm Messer auf dem OP Tisch. Meine Mutter erzählte mir wie sie völlig fertig auf dem Gang saß und eine Schwester und Nonne zu ihr setzte und versuchte zu trösten und fragte: Ist ihr Sohn getauft“ Meine Mutter antwortete wahrscheinlich schuldbewusst „Nein“Aber dann kommt er ja gar nicht in den Himmel“ Ich hab dann noch 3 Wochen überlegt. Das muss mich dann überzeugt haben, aus dem Koma zu erwachen. In die Hölle wollte ich nicht. Zur Ehrenrettung sei gesagt, das sich eine andere Schwester/Nonne sehr um mich bemüht hat, ohne die ich heute vielleicht nicht laufen könnte. Ich bin immer noch nicht getauft. Was bin ich jetzt eigentlich für die Christen, oder für die katholische Kirche? Sie kann mir nicht mit dem ewigem Fegefeuer, der Exkommunition drohen und mich damit mit ewiger Schuld beladen. Ich persönlich gebe keinem Priester das Recht sich zwischen mich und Gott zu stellen.

    Die in der katholischen Kirche gepflegten Hierachien gehen auf uralte, fast 2000 Jahre zurück, die ja auch damals der kulturellen Wirklichkeit entsprachen, denkt man an die römischen grausamen Traditionen.. Ein Priester, ein Bischof, ein Kardinal, der in diesen Hierachien aufgewachsen ist, wie soll der neuzeitliche Werte wie Menschenrechte und Demokratie vermitteln? Ein abstraktes Unterfangen. Der Priester spricht nicht von Menschenrechten, sondern von Barmherzigkeit. Was ist der Unterschied? Das eine ist ein universelles Recht, das andere wird gewährt, oder nicht gewährt. Wer gewährt, oder gewährt nicht? Das ist ja auch nicht nur mein persönliches Thema, sondern ein gesellschaftliches. Mit dem Fegefeuer, oder man könnte auch sagen mit der Lichtaus Nummer in einem Land zu drohen das 2 Weltkrieg und den Faschismus und Stasikommunismus hinter sich hat, klingt sehr menschlich.

  • HK
    Hady Khalil

    Die katholische Seele und das Quantenuniversum.

    Gestern sah ich eine Doku, in der ein Quantenphysiker/Philosoph die neuen Ergebnise aus der Quantenforschung vorstellte und im Interview Quanteneffekte und Quantenuniversen erklärte. Ich verstehe immer nur ein Bruchteil (mehr) und hab das Gefühl verrückt zu werden, wenn ich bestimmte Erkenntnisse in mein Bewusstsein lasse. Ich kann die Bedeutung dessen, was dort so eindrücklich dargestellt war gar nicht richtig ermessen. Für die katholische Kirche unmöglich, obwohl … . Die katholische Kirche hat 500 Jahre gebraucht Gallileo Galilei anzuerkennen? Der Sprung vom Mechanistischem Gallieischem, oder besser Newtonschem Universum, zum Quantenuniversum ist meines Erachtens viel größer, als der zum Geozentrischem Kirchlichem des Mittelalters, das über jahrhunderte Entwicklungen unterdrückt hat. Dabei steht das Quantenuniversum der kirchlichen Lehre viel Näher, weil es eben zum Beispiel Naturwissenschaft und Philosophie wieder vereinigt, Märchen und Mythen in Bereich des möglichen rückt , ja selbst Wunder möglich und erklärbar macht. Allerdings hat die Sache für Kirchenideologen einen Haken. Das Quantenuniversum lässt parallel noch andere Glaubensmythen zu.

  • EW
    ein Wunder

    Interessantes Foto.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Papst Benedikt wird als intellektueller Papst ,aus Deutschland ,dem Land der Reformation stammend in die Kirchengeschichte eingehen.Auch ein Papst kann nicht immer so handeln ,wie er vielleicht möchte.Ihm sind auch Vorgaben vorgegeben,die viele nicht sehen können oder wollen.

  • I
    Internetrumpelstilzchen

    erst gehts gegen den Karneval - niveaulos - und dann kabaretistischkarnevalistisch mit einer billigen Bildergalerie gegen das Papsttum - ohne Qualität - wäre ich Genosse, würde ich mir einen Rücktritt von der Genossenschaft überlegen.....

  • T
    tuckenalarm

    das mit dem "phantomschmerz" trifft es gut.

     

    wenn jemand steitbares abtritt, worüber man sich im einen monent freut, im nächsten moment aber gleich innehält und anfängt nachzudenken. das ist so.

     

    http://www.tuckenalarm.com/start/schwul_lesbisch_st_gallen_schweiz_welt/leitartikel-der-papst-ist-auch-nur-ein-mensch/24102

  • H
    Hermann

    eine von jeglicher politischer analyse entkoppelte - nein, sagen wir ruhig: offen entpolitisierende - feier der bloßen faszination an der macht der mächtigen? in der taz? ist das euer ernst?

  • WB
    Wolfgang Banse

    Freude und Schmerz sind bei den Gläubigen im Hinblick auf die Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI erkennbar.Viel waren und sind stolz dass nach 482 Jahren wieder es einen Papst gab,der aus Deutschland kam.Intellektuell konnte so manche und so mancher dem jetzigen Papst nicht das Hemd reichen.Es war ein distanziertet,kühler Mensch,der am Katheter stand und nicht eine Laufbahn in der Pfarrei absolvierte,Deshalb war er vielen fremd und galt als nicht lebensnah.Freuen werden sich die Gläubigen,für die er ein Dorn im Auge war,was die Beibehaltung des Pflichtzölibats,die Verweigerung des Priestertums für Frauen,die Ablehnung der Pille betrifft.

  • S
    Sven

    @ "obwohl er kaum was geleistet hat": Kennen Sie auch nur annähernd das theologische Oeuvre und seine Tragweite? Wahrscheinlich nicht, denn sonst würden Sie auch anders über den Papst denken...

  • K
    Kuhnt

    Dieser Artikel ist am Tage des Ereignisses leider ähnlich flach und arm wie die Kommentare in den meisten anderen Medien. Die Textbausteine zur Katholischen Kirche könnt ihr heute in euren verstaubten Redaktionsstuben lassen.

    Das besondere Ereignis besteht doch offenbar darin, dass der Papst abdiziert. Er bestimmt seinen Abtritt also selbst und lässt das nicht biologisch auslaufen. Ob das für die Kirche oder den Rest der Welt gut oder schlecht ist unerheblich. Für und über diese Haltung und Handlung freue ich mich sehr. Sie zeigt die Möglichkeit der Autonomie des Individuums.

  • H
    Herjee...

    Ich frage mich dann doch, warum es die TAZ (meinetwegen eben die online-TAZ) es für nötig hält solch einen schwachsinnigen Artikel ins Netz, ja gar auf die Startseite zu stellen? Was soll mir und den anderen LeserInnen die Mitteilung der diffusen, ja gar verwirrten Gedanken einer Hobby-Katholikin sagen? Wen interessiert das? Desweiteren ist der Artikel auch inhaltlich aufs Schärfste zu verurteilen: "Der Papst spricht sich zwar gegen Homosexualität, Verhütung und das freie Recht auf Abtreibung aus, aber irgendwie ist er ja trotzdem faszinierend..." Tja und was wird als faszinierend angesehen? Die Macht des Papstes über 1,2 Milliarden Mensch. Macht und Herrschaft also... Ach wie faszinierend Frau Dobmeier...

  • I
    iwern

    "Weil er, bei aller Kritik, eine Erscheinung ist, die mich fasziniert. Weniger er als Person, vielmehr er mit seiner Macht und seiner Position in der Welt. Dass es so jemanden noch gibt, ein Oberhaupt über eine ganze Kirche, Chef von 1,2 Milliarden Katholiken. Das fesselt mich auf eine seltsame Weise."

     

    ach ja, eigentlich sehnen wir uns doch alle nach einem großen Führer.