Der Check: Kosten Erdbeeren bald 14 Euro?
Steigt der Mindestlohn auf 15 Euro, kosten Erdbeeren bald 30 Prozent mehr, sagen Landwirte. Stimmt das?
„Irgendwann sind wir bei Preisen, die sich viele Bevölkerungsschichten nicht mehr leisten können. Erdbeeren würden zum Luxusgut“, sagt Landwirt Enno Glantz zur Forderung der SPD, den Mindestlohn auf 15 Euro zu erhöhen. Glantz meint, die Erdbeerpreise würden dann um bis zu 30 Prozent steigen.
Richtig ist:
Die Preise für Erdbeeren aus deutschem Anbau variieren stark. Zu Saisonbeginn Ende April sind die Beeren besonders teuer, in der Hauptsaison im Juni fällt der Preis. Änderungen gibt es teils innerhalb weniger Tage. Schuld daran ist neben Angebot und Nachfrage vor allem das Wetter – zu viel oder zu wenig Regen, später Frost oder starke Hitze. Der Freilandanbau ist sehr anfällig. Viele Erdbeerbauern haben deswegen in den letzten Jahren in den geschützten Anbau im Erdbeertunnel investiert.
In diesem Jahr rechnet der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) mit ähnlichen Verbraucherpreisen wie im vorigen Jahr. Nach zu viel Regen in den letzten Wochen sind die Wetteraussichten jetzt gut für die Erdbeere und ihre Fans: 25 Grad und Sonnenschein.
Richtig ist auch, dass die Personalkosten besonders hoch sind, denn die Früchte müssen von Hand gepflückt werden. Laut VSSE macht der Lohn durchschnittlich 50 Prozent der Kosten aus, 40 Prozent entfallen auf Material. 10 Prozent bleiben für Risiko, Gewinn und Investition.
Zum Endpreis kommen neben Logistikkosten noch die Kosten und Gewinnmargen des Einzelhandels hinzu, gibt Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe zu bedenken. Die vier großen Supermarktkonzerne würden ihre Marktmacht regelmäßig dazu nutzen, Erzeugerpreise zu drücken und Verbraucherpreise zu erhöhen. Auf den Feldern sind faire Arbeitsbedingungen trotz Mindestlohn nicht die Regel – Oxfam berichtet von Lohndumping, Schwarzarbeit und Ausbeutung.
Werden Erdbeeren also 30 Prozent teurer? Das kann schon mal passieren, vorübergehend – aber nicht allein, weil die Pflücker*innen 2,59 Euro pro Stunde mehr bekämen. Erdbeerpreise schwanken und werden vor allem von Saison, Wetter und Einzelhandel gemacht. Luisa Faust
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte