Der Berliner Wochenkommentar II: Billiges Spiel mit der Angst
Die Posse um einen Neuköllner Spielplatz zeigt, wie hysterisch und angstbehaftet die Debatte über eine vermeintliche Islamisierung inzwischen geführt wird.
Eine Neuköllner Kita namens „Ali Baba und seine Räuber“ wird vom Bezirk gefragt, ob sie sich an der Neugestaltung des Spielplatzes nebenan beteiligen wolle. Ja, klar! Die Kinder sind begeistert. Aber welches Thema soll der Spielplatz haben? Hm. Ah ja, na klar: Ali Baba! Wie die Kita, so der Spielplatz. Die Kinder sind stolz, das Bezirksamt findet die Idee auch gut. Im Zentrum des Spielplatzes soll ein Kletterturm in Form eines orientalischen Palasts stehen, auf der Kuppel: ein Halbmond.
Kaum war der Halbmond oben, ging das Geschrei los: „Besorgte Bürger“ auf Facebook und Twitter und die AfD im Bezirk vorneweg fürchteten die „Islamisierung“ des Abendlandes – Neukölln gaben die meisten bereits verloren. Der Spielplatz in der Walterstraße ist jetzt also wohl der berühmteste Spielplatz der Stadt, wenn nicht Deutschlands. Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) musste ihn am Mittwoch gar unter Polizeischutz eröffnen. Das man ihn eröffnen würde, stand freilich außer Frage, wie Giffey nochmals betonte.
Was bleibt von dem ganzen Tumult? Vor allem die Erkenntnis, wie hysterisch, „angstbehaftet“ (O-Ton Bürgermeisterin Giffey) und völlig losgelöst von jeder konkreten Bedrohungslage die Debatte über eine vermeintliche Islamisierung inzwischen geführt wird. Wer mag, kann in jedem Halbmond ein „islamisches Herrschaftssymbol“ sehen – und findet ZuhörerInnen.
Selbstverständlich ist dieses billige Spiel mit einer komplett irrationalen Angst politisches Kalkül. So viel darf man der Neuköllner AfD, die nächste Woche einen Antrag auf Beseitigung des Halbmonds ins Bezirksparlament einbringen will, durchaus zutrauen. Es geht um das Narrativ der „Überfremdung“. Ob der Halbmond da jetzt symbolisch für die Märchen aus „Tausendundeine Nacht“ steht oder für den Islam, ist völlig egal. Anna Klöpper
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