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Der BND und die Anfänge von CoronaWeckruf für die potenziell gefährliche Forschung

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Ungeheuerlich, wenn sich herausstellte, dass das Corona-Virus menschengemacht ist. Die Wissenschaft muss daraus ihre Lehren ziehen.

Corona-Pandemie: Viele Patienten mussten auf Intensivstationen behandelt werden Foto: Jens Büttner/dpa

A uf die Woche genau vor fünf Jahren sprach die WHO erstmals von einer Pandemie. Klar war: Das sich so rasch verbreitende Corona-Virus hatte seinen Ursprung im chinesischen Wuhan. Ob diese Pandemie, die über sieben Millionen Tote fordern sollte, ihren Anfang in der Natur nahm oder, viel ungeheuerlicher, menschengemacht war, wurde bereits heiß diskutiert. Diese Frage konnte nie beantwortet werden.

Die aktuell wieder hitzige Debatte über den Virusursprung sollte vor allem eine Handlungsaufforderung für die Gegenwart sein. Am Mittwoch hatten mehrere Medien Berichte veröffentlicht, nach denen der Bundesnachrichtendienst (BND) auf Grundlage einer geheimen Untersuchung schon vor Jahren zu dem Schluss gekommen sei, dass ein Laborunfall als Ursprung der Pandemie wahrscheinlich sei.

Diese Einschätzung werde unter Verschluss gehalten und erst seit einigen Monaten durch eine Gruppe externer Expert*in­nen geprüft, darunter der Virologe Christian Drosten und RKI-Präsident Lars Schaade. Bereits im Januar hatte Drosten die Debatte um den Virusursprung befeuert: Es mache ihn skeptisch, dass China den eigentlich möglichen Nachweis für einen natürlichen Ursprung bis heute nicht erbringe, sagte er im taz-Interview.

Ebenfalls im Januar änderte der US-Geheimdienst CIA, bereits unter Trumps Präsidentschaft, seine Einschätzung: Ein Laborunfall sei wahrscheinlicher, mit vielen Unsicherheiten. Was nun genau in den BND-Berichten steht, ist nicht bekannt, sie unterliegen nach wie vor der Geheimhaltung. Die Quelldaten seien auch den prüfenden Expert*in­nen nicht zugänglich und damit keine wissenschaftliche Einschätzung möglich, teilte Drosten am Donnerstag mit. Beweise für den Virusursprung sollen jedenfalls nicht enthalten sein.

In China geht die Forschung weiter

Laut Zeit und Süddeutscher Zeitung, die die Recherche veröffentlicht hatten, wohl aber Indizien, die den BND dazu veranlasst hätten, einen Laborunfall zu 80 bis 95 Prozent für wahrscheinlich zu halten. Dem schließen sich Fragen an: Warum wurden die Erkenntnisse nicht, wie von der WHO gefordert, geteilt und selbst das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige parlamentarische Gremium nicht informiert?

Werden die Daten nun zur unabhängigen wissenschaftlichen Prüfung veröffentlicht und erhärtet das tatsächlich den Verdacht eines Laborunfalls? Was bedeutet das für die Aufarbeitung der Pandemie und für den Umgang mit China? Letzteres hat vor allem eine aktuelle Dimension. Virologe Drosten hatte im Januar eine Warnung vorgebracht, die nun wohl auch den BND umtreibt.

Forschung, wie sie laut Labortheorie zur Corona-Pandemie geführt haben könnte, werde aktuell tatsächlich in China durchgeführt – mit wachsenden technischen Möglichkeiten. Auf den Umgang mit dieser potenziell immer gefährlicheren Forschung sollten Politik und Gesellschaft mindestens so viel Fokus legen wie auf die Frage, ob vor mehr als fünf Jahren ein Virus aus dem Labor entwich.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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5 Kommentare

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  • Die Verschleierung ist in der Tat bedenklich. Ich will nicht den Gang zu Canossa machen, nachdem ich tatkräftig Corona-Leugner als Idioten abgestempelt habe. Wie erniedrigend muss das denn bitte sein, einem Idioten Recht zu geben?

    Das Vertrauen in die Wissenschaft wird zerrüttet sein, sollten sich die Vermutungen bestätigen, das nächste Mal nehmen Menschen eine Pandemie nicht mehr ernst.

    Und wie sehr habe ich mich gefreut, als die Vermutung im Raum stand, das Virus erfasste uns, weil der Mensch sich unrechtmäßig ausbreite und wilde Tiere verzehre. Anstatt dass die Menschen daraus Lehren ziehen, wie z.B. Veganismus, werden sie letztendlich die letzten Refugien dieses Planeten nachhaltig zerstören, weil sie denken, kein Virus (was fake sei) könne sie stoppen.

    Für mich weiterhin: Maske tragen, Abstand halten, das Virus als potentiell tödlich einstufen und die Menschen daran erinnern, dass es ihre eigene Schuld sei, Schuppentier oder Fledermaus essen zu wollen.

  • Unabhängig davon, ob das Virus wirklich aus dem Labor kommt oder nicht, müsste die Bioforschung besser reguliert werden.

    Allerdings stehen die Zeichen in den USA im Moment eher für das Gegenteil und auch bei uns in Deutschland ist unklar, welche Folgen der Ruf nach "Entbürokatisieurung" und "Entfesselung der Wirtschaft" in diesem Feld haben wird.

  • "...solche Corona Viren Varianten Forschung werde aktuell tatsächlich in China durchgeführt – mit wachsenden technischen Möglichkeiten"

    Da fehlt Hinweis, ob das heute wie damas lt. Medien Berichten 2020-2022 in internationaler Zusammenarbeit geschieht u . a. mit anreisend freigestellten Forschern aus US Labors, womöglich auch aus EU Ländern ie Deutschland, Italien?

  • Und was bringt es, wenn die deutsche Gesellschaft und Politik den Fokus auf diese Forschung legt? Die Chinesen wird wohl kaum interessieren, was man in Deutschland davon hält

  • Ich erinnere mich an d. Vehemenz, mit der behauptet wurde, aus Forscherhand wäre das Virus anders konzipiert worden.



    In Deutschland hatten wir d. Präzedenzfall Marburg-Virus.



    tagesschau.de



    "Den weltweit ersten bekannten Ausbruch der Krankheit gab es nach Angaben der WHO in Deutschland. 1967 infizierten sich in Marburg 29 Menschen, von denen sieben starben. Es handelte sich um Laborangestellte, die sich mit dem bis dahin nicht bekannten Virus bei Versuchsaffen infiziert hatten."

    "Forschung, wie sie laut Labortheorie zur Corona-Pandemie geführt haben könnte, werde aktuell tatsächlich in China durchgeführt – mit wachsenden technischen Möglichkeiten. Auf den Umgang mit dieser potenziell immer gefährlicheren Forschung sollten Politik und Gesellschaft mindestens so viel Fokus legen wie auf die Frage, ob vor mehr als fünf Jahren ein Virus aus dem Labor entwich."



    spiegel.de



    "Pazifisten im Kriegsfieber



    Die Angst vor sowjetischen Biowaffen rechtfertigte jedes Mittel. In der Zeit des Kalten Krieges handelte die US-Armee mit Anhängern einer Freikirche ein zynisches Abkommen aus. Die Adventisten mussten nicht in den Kriegsdienst- dafür riskierten sie ihr Leben in den bizarren Selbstversuchen."