Denkmalgeschützte Schilleroper: Spekulation mit Rostlaube

Einen früheren Zirkusbau auf St. Pauli will die Stadt Hamburg nun selbst vor dem weiteren Verfall sichern – und die Kosten der Eigentümerin aufbürden.

Gelbes halbrundes Gebäude am Ende einer Gasse durch ein Gitter gesehen, mitten auf dem Dach ein laternenförmiges Oberlicht

Könnte zumindest mit einer Plane vor Regen geschützt werden: verfallende Schilleroper Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Im Streit um die Erhaltung der Schilleroper auf St. Pauli greift der Senat jetzt zum letzten Mittel: Er will das ehemalige Zirkusgebäude sichern und die Kosten dafür der Eigentümerin in Rechnung stellen. Diese hatte die Frist, bis zum 28. Februar selbst ein Sicherungskonzept vorzulegen, verstreichen lassen.

Die 1891 fertiggestellte Schilleroper ist laut Kulturbehörde „als letzter erhaltener fester Zirkusbau des 19. Jahrhunderts in Hamburg und wahrscheinlich sogar in Deutschland ein bedeutendes Denkmal“. Die Frage ist, ob und wie die Behörde dieses Denkmal gegen den Willen der Eigentümerin retten kann.

In dem Streit prallen verschiedene Interessen und die unterschiedliche Interpretation von Gutachten zur Bausubstanz aufeinander. Die Eigentümerin Mareike Janssen möchte das zeltartige Stahlgerüst und dessen Fassade abreißen und in dem angesagten Stadtviertel drei neue Häuser bauen: eine Rotunde mit Arbeitsstätten und einem Hof als Treffpunkt, die dem heutigen Rundbau nachempfunden wäre, sowie zwei sieben- und zehngeschossige Wohnhäuser.

Janssens Schilleroper GmbH zitiert in einer Pressemitteilung ein Gutachten im Auftrag der Stadtentwicklungsbehörde, in dem es heißt, eine Rekonstruktion des Zirkusrundbaus würde „vorwiegend mit neuen Verbindungsmitteln und neuen Trägerprofilen erfolgen und somit eine ‚optische‘ Rekonstruktion realisiert“. Die Vorgabe, das Denkmal zu erhalten, sei damit obsolet.

Verschiedene Lesarten

Die Linke in der Bürgerschaft liest dagegen aus dem Gutachten, dass „zur Sicherstellung der Standsicherheit umfängliche Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen“ seien, jedoch „keine akute Einsturzgefahr des Stahltragwerks“ bestehe. Das Denkmalamt hält die Konstruktion vor dem Hintergrund diverser Gutachten für erhaltensfähig.

Die Gutachten sind auch Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen dem Senat und der Eigentümerin. Diese wehrt sich vor dem Verwaltungsgericht gegen eine Sicherungsverfügung vom 5. Dezember, mit der der Senat auch den 28. Februar als Frist setzte. Diese soll gewährleisten, dass das Gebäude nicht weiter verrottet.

Während dieses Eilverfahren läuft, sind den Denkmalschützern die Hände gebunden. „Wir müssen abwarten, was das Gericht entscheidet“, sagt Anja Bornhöft, Sprecherin der Kulturbehörde, „so lange bereiten wir alles vor, was wir können“. Das ist nicht trivial, denn die Sicherungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass die Schilleroper weiter verrostet, müssen ausgeschrieben werden.

Aus Sicht der Linken ist es ärgerlich, dass es in dieser Sache so zäh vorangeht. „Trotz massiver Beschwerden unter anderem aus den Reihen der Schilleroper-Initiative, sind etliche Jahreswechsel vergangen, ohne dass seitens der Hansestadt Hamburg eingegriffen wurde, das auch international anerkannte Objekt wenigstens winterfest zu machen“, kritisiert die Abgeordnete Heike Sudmann in einer Anfrage an den Senat.

Eine Sicherungsverfügung soll gewährleisten, dass das Gebäude nicht weiter verrottet

Die Schilleroper-Initiative erinnert daran, dass das Gebäude zum europäischen Kulturerbe gezählt werde. Die belgische Stadt Gent mache vor, wie mit einem solchen Gebäude umgegangen werden könnte. Den ähnlich konstruierten Winterzirkus in Gent habe die Stadt gekauft und will ihn 2022 umbauen.

„Geplant ist eine kleinteilige Nutzung des Gebäudes mit Büros für Start-ups, Kommunikationsräumen, Cafés, nicht kommerziell ausgerichteten Shops und einem Konzertsaal im Untergeschoss“, schreibt die Initiative. Die große Freifläche im Zentrum des Rundbaus solle der Öffentlichkeit vorbehalten bleiben.

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