Grundstückpoker am Neuen Pferdemarkt: Heißhunger auf Flächen

Der Rechtsstreit zwischen dem „Maharaja“ auf St. Pauli und der Stadt Hamburg geht weiter. Die Stadt will, dass eine Investorengruppe neu bauen darf.

Straßenkreuzung vor einem flachen Backsteingebäude

Noch steht er: Der flache Backsteinbau vor der Rindermarkthalle auf St. Pauli Foto: Alina Götz

HAMBURG taz | Zu Beginn ließ sich die Verhandlung im Großen Plenarsaal noch problemlos verfolgen. Da hatte die vorsitzende Richterin des Hanseatischen Oberlandesgericht, Heike Bruns, den bisherigen Stand des Rechtsstreits noch einmal in betont einfachen Worten wiedergegeben: Es sei zu klären, ob die Kündigung für das indische Restaurant „Maharaja“ am Neuen Pferdemarkt, die die Stadt Hamburg Ende 2018 ausgesprochen hatte, rechtens ist.

Doch dann begann die juristische Auseinandersetzung um einzelne Passagen des Mietvertrags und die Sache wurde kompliziert. Das sah selbst das Gericht so und enthielt sich vorläufig einer Entscheidung. Doch politisch ist das Vorgehen der Stadt ohnehin weiter umstritten.

Kathrin Guthmann, Betreiberin des Restaurants am Neuen Pferdemarkt, hatte die Stadt Hamburg wegen der Kündigung verklagt. Diese will das Gelände neben der Rindermarkthalle einer Investorengruppe zur Verfügung stellen, die dort das Paulihaus, einen riesigen Bürokomplex, plant.

Das Hamburger Landgericht entschied im Februar zugunsten Guthmanns: Da der Mietvertrag nicht transparent und besonders die von der Stadt gezogene Sonderkündigungsklausel nicht ausreichend erläutert worden sei, sei die Kündigung nicht rechtens. Die Stadt Hamburg war dagegen in Berufung gegangen.

Gericht ist noch unentschlossen

So musste sich am Mittwoch das Hanseatische Oberlandesgericht mit dem Fall befassen. „Das Gericht ist hierzu in den vorherigen Beratungen unentschlossen“, ließ Richterin Bruns im Laufe der Verhandlung mehrmals durchblicken.

Der Anwalt der Stadt machte in der Verhandlung deutlich, dass das Restaurant ohnehin spätestens Ende 2021 ausziehen muss, da der Mietvertrag ausläuft. Dann soll abgerissen und neu gebaut werden.

Vor zwei Jahren hatte die Stadt bereits einer Investorengruppe das Filetstück auf St. Pauli – unter Vorbehalt – zugesprochen. Abschließend entscheidet darüber im September die Kommission für Bodenordnung – ein nicht öffentliches, bei der Finanzbehörde angesiedeltes Gremium.

Dieses Vorgehen wiederum erzürnt die Anwohner*innen: Als Ende vergangenen Jahres erste Entwürfe für den Neubau die Runde machten, begann der Protest gegen die Pläne.

Die Initiative „St. Pauli Code Jetzt!“ hat bereits mehr als 10.000 Unterschriften gegen den „Bürokoloss“ gesammelt, wie sie ihn abschätzig nennt. Anders als von der Stadt behauptet, sei der Neubau eben nicht für ein paar kleine sympathische Firmen aus der Nachbarschaft vorgesehen. Und die Notwendigkeit von weiteren Büroflächen sei ebenfalls nicht erkennbar.

„Die Stadt bereitet hier juristisch das Terrain vor, auf dem eine intransparente Stadtentwicklungspolitik erfolgen soll“, sagt Steffen Jörg, zuständig für Stadtpolitik bei der Gemeinwesenarbeit (GWA) St. Pauli. Statt einer privaten Investorengruppe das Gelände zuzuschanzen, solle die Stadt lieber mit Anwohner*innen über die Zukunft des Areals in den Dialog treten.

Für den 25. September hat das Gericht einen weiteren Termin angesetzt. Es ließ offen, ob es bis dahin bereits eine Entscheidung gefunden haben wird oder ob weiter verhandelt werden soll.

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