Demonstrationen in Kuba: Strom fordern ja, Freiheit nein
In Kuba protestieren seit Tagen immer wieder Menschen, weil der Strom seit Hurrikan „Ian“ ständig ausfällt. 26 Protestierende wurden festgenommen.
Nach dem Durchzug des Hurrikans war zunächst auf der gesamten Insel der Strom ausgefallen, und bis heute ist die Stromversorgung nur in Teilen wieder hergestellt. Das beeinträchtigt meist auch die durch elektrische Pumpen angetriebene Versorgung mit Trinkwasser. In der Provinz Pinar del Rio wurden große Teile der für die Tabakproduktion bedeutsamen Infrastruktur zerstört. Auch dort kam es in den vergangenen Tagen immer wieder zu kleineren Protesten.
Die Staatsgewalt, die spätestens seit den Demonstrationen vom 11. Juli 2021 jeglichen öffentlichen Protest im Keim erstickt, lässt die Versammlungen im Großen und Ganzen gewähren, zieht aber eine scharfe Linie: Wie ein Kubaner auf Facebook berichtete, machen mitunter Agenten der Staatssicherheit in zivil die Protestierenden darauf aufmerksam, sie dürften gern rufen, dass sie wieder Strom haben wollen, aber sobald sie „konterrevolutionäre“ Parolen riefen, würden sie festgenommen werden.
Und so hielten sich tatsächlich die Rufe nach „Libertad!“ (Freiheit), die am 11. Juli letzten Jahres im ganzen Land zu hören waren, bislang in Grenzen – jedenfalls, soweit das über die nach außen dringenden Handyvideoaufnahmen überhaupt zu beurteilen ist.#
Handgreiflichkeiten gegen Demonstrierende
Auch das Internet wird immer wieder abgestellt – wobei nicht eindeutig zu beurteilen ist, ob das aus technischen oder aus politischen Gründen geschieht, um etwaige Informationen und Mobilisierungen zu verhindern.
Gleichwohl schritten Polizisten in Zivil, die sogenannten Schnellen Eingreifbrigaden (Brigadas de Repuesta Rapida) und die Staatssicherheit an vielen Stellen handgreiflich ein. Menschenrechts- und Oppositionsgruppen zählen bislang 26 Festnahmen bei den Protesten. Auf Videos sind Proregierungsdemonstranten zu sehen, die, zum Teil mit Holzknüppeln bewaffnet, unter lauten „Yo soy Fidel!“ (Ich bin Fidel!)- Rufen die Straßen übernehmen.
Unterdessen bemüht sich die Staatsführung, namentlich Präsident und Parteichef Miguel Diaz Canel, hemdsärmelig in Militäruniform bei Besuchen in den betroffenen Regionen Tatkraft zu signalisieren. Auch hat die Regierung bei den USA um humanitäre Hilfe ersucht – was wiederum in oppositionellen Kreisen den immer gleichen Streit über das Pro und Contra von Sanktionen ausgelöst hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz