Demokratie in Zeiten der Krise: Zum Mitschunkeln
Die Welt brennt, daher fordern viele schnelle Koalitionsverhandlungen. Aber Diskurs und Demokratie brauchen Zeit.
D emokratie ist die schlechteste Regierungsform – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind. Das hat Winston Churchill im Jahr 1947 gesagt. Natürlich bei einer Debatte im britischen Parlament. Und zu einer Zeit, als er nicht Premierminister, sondern nur Oppositionsführer war, weil – wie lästig und undankbar kann Demokratie sein – seine Partei die Wahl unmittelbar nach dem gegen die Nazis gewonnenen Krieg verloren hatte.
Man kann also davon ausgehen, dass Churchill wusste, wovon er sprach, als er das Loblied auf die Demokratie sang, obwohl sie weder perfekt noch allwissend sei. Er widersprach explizit der Idee, dass eine Gruppe von Supermännern tut, was sie für gut hält, ohne jede Kontrolle oder Korrektur. Denn das verletze die Demokratie.
Womit wir nach einer vielleicht etwas langwierigen Vorrede beim Thema wären: Können sich Union und SPD gefühlt ewig Zeit lassen, wenn doch die Welt brennt?
Ist dieses Dazwischengrätschen der Grünen, denen die Milliardenidee von Supermerz, Superklingbeil, Supersöder und Superesken zur Finanzierung der Krisenbekämpfung nicht ganz ausgewogen erscheint, noch angemessen, wo doch die Ukraine nach Unterstützung und die Autorepublik nach neuen Brücken schreien?
Die Antwort liegt auf der Hand: Na klar! Denn Demokratie braucht Aussprache, lebt von Debatte, Diskussion und Streit auf dem Markt der Ideen. Das braucht Zeit, die man sich nehmen muss. Und zwar jederzeit.
„Baaa baba baba Baaa baba baba Baaa baba baba baaaa“
Demokratie ist vielfältig: Mal ist sie schlichter, mal demonstriert sie, dann wieder schlägt sie zu und lässt keinen in Ruh. Das ist jetzt kein Zitat von Churchill, sondern stammt von dem Popmusiker Andreas Dorau, der in seinem Refrain nicht nur zu dem allzeit geltenden Fazit kam: „Ob es einem schmeckt oder nicht! Das ist Demokratie – langweilig wird sie nie. Seien wir froh darüber!“
Nein, er setzte dem auch noch ein gnadenlos mitschunkelfähiges „Baaa baba baba Baaa baba baba Baaa baba baba baaaa“ nach. Und das sollten alle mal ganz laut vor sich her summen. Es entspannt die Debatte ungemein.
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