Demo auf Nordseeinsel abgesagt: Rechte fahren doch nicht nach Sylt
Die Partei Die Rechte um Neonazi Christian Worch hat ihren geplanten Aufmarsch zum Thema „soziale Spaltung“ abgesagt. Das sorgt für interne Kritik.
Via Telegram hatte der Kreisverband Braunschweig-Hildesheim um Johannes Welge die „Nationale Demonstration“ angekündigt. Auch auf ihrer Webseite mobilisierte die rechtsextremen Kleinstpartei mit etwa 500 Mitgliedern zu dem Aufmarsch. „Ja, ihr lest richtig und dies ist kein verspäteter Aprilscherz!“, versicherte die Partei im Aufruf.
Mit bemüht antikapitalistischer Rhetorik führte sie aus, dass die Bundesregierung uns mit dem Neun-Euro-Ticket deutlich vor Augen geführt habe, dass durch „die Privatisierung und das damit eingehende Verschachern von Staatseigentum“ der „absolute Niedergang des Bahnnetzes“ herbei geführt worden sei.
Längst fehle in unserem Volk im Zuge der Liberalisierung der Gemeinschaftsgeist. Kein anderer Ort als Sylt sei für diesen Protest besser geeignet: „Eine Touristeninsel der Reichen, auf der bei einigen schon die Schnappatmung ausbricht, wenn dort Menschen urlauben wollen, die finanziell nicht auf der Sonnenseite in der BRD stehen.“
Anfeindung Geflüchteter
Vor zehn Jahren, Pfingsten 2012, war Worch, dessen rechtsextreme Karriere mit der „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ 1977 begann, die Gründung Der Rechten gelungen. Die ersten Mitglieder kamen aus der DVU. Sie sperrten sich gegen die geplante Auflösung ihrer Partei in der NPD. Seitdem gibt es eine Konkurrenz zu der ältesten rechtsextremen Partei Deutschlands.
Die Rechte trat schnell radikaler, provokanter und militanter auf. Ein Grund: der Partei schlossen sich Freie Nationalisten aus verbotenen Kameradschaften an. In Nordrhein-Westfallen ist Die Rechte seit dem Zulauf besonders aktiv. Bei der Kommunalwahl 2014 in Nordrhein-Westfalen gewann sie sieben Mandate in Räten und Bezirksvertretungen.
Die vermeintliche soziale Ausrichtung verbindet Die Rechte immer wieder mit eindeutigen rechtsextremen Aussagen. 2019 war die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck ihre Spitzenkandidatin zur Europawahl. Ein Dauerthema: Anfeindung von Geflüchteten. In ihrem Webshop bietet sie ein Plakat „Gegen Überfremdung, Sozialabbau und Parteienfilz“ an.
In Niedersachsen gibt es nach Parteiangaben zwei Kreisverbände und in Bremen einen. Der Kreisverband Braunschweig-Hildesheim verkündete am 8. Juli seine Selbstauflösung. Der Hintergrund: eine polizeiliche Durchsuchung wegen eines Brandanschlages auf das Antifa-Café in Braunschweig. Worch schimpfte über diesen „Akt politischer und persönlicher Feigheit“. Bei Telegram ist der Kreisverband aber weiter aktiv: Er schimpft über den abgesagten Aufmarsch und wettert gegen Worch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis