Debatte zum Paragrafen 103: Union gegen Lex Böhmermann

Die SPD will den Paragrafen zur Majestätsbeleidigung im Strafrecht streichen. Die Union ist dagegen und hat den Vorschlag abgelehnt.

Eine Saalhelferin sitzt im Bundestag, im Hintergrund ein Schild mit der Themenankündigung

Fragestunde zur Causa Böhmermann im Bundestag am 13. April Foto: dpa

BERLIN taz | Die Koalition wird das Strafrecht in der Böhmermann-Affäre nicht schnell ändern. Die Union hat einen entsprechenden Vorschlag der SPD am Mittwoch abgelehnt. „Schnellschüsse werden der Bedeutung des Themas nicht gerecht“, sagte die Rechtsexpertin der Unions-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Die SPD wiederholte dagegen eine Idee, die ihr Fraktionschef Thomas Oppermann als Erster vorgetragen hatte.

SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht forderte, den Paragrafen 103 im Strafgesetzbuch zu streichen. „Dieser Straftatbestand stammt aus einer völlig anderen Zeit. Wir brauchen ihn nicht. Stichwort: Majestätsbeleidigung.“ Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder einen ausländischen Diplomaten beleidigt, muss laut der Regelung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Die Strafvorschrift soll die Ehre von ausländischen Regierungschefs schützen, aber auch die Beziehungen Deutschlands zu anderen Staaten. Sie wurde allerdings seit vielen Jahren nicht mehr angewandt.

Hintergrund ist das Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan. Die türkische Botschaft hatte am Wochenende per Verbalnote von der Bundesregierung verlangt, dass Böhmermann bestraft werde. Damit wurde die Causa zu einer politischen Frage, die auch Kanzlerin Angela Merkel betrifft. Für eine Anklage nach dem umstrittenen Paragrafen ist nämlich eine „Ermächtigung“ der Regierung nötig. Das heißt: Merkel muss jetzt entscheiden, ob Böhmermann angeklagt werden soll.

Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte am Dienstag an, die Regierung werde diese Entscheidung auf jeden Fall treffen – unabhängig von einer möglichen Änderung des Strafrechts. „Die Bundesregierung drückt sich nicht um eine Entscheidung über die Reaktion auf die türkische Verbalnote“, sagte er. Wann das der Fall sein wird, sagte er aber nicht. In Regierungskreisen war allerdings von „einigen Tagen“ die Rede. Seibert hatte zuvor betont, die Freiheit der Kunst und die Pressefreiheit seien für die Kanzlerin nicht verhandelbar.

Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU

„Schnellschüsse werden dem Thema nicht gerecht“

Wenn die Regierung keine Ermächtigung erteilt, ist eine Strafverfolgung wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatschefs ausgeschlossen. Erdoğan hat allerdings auch als Privatperson einen Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Im Falle einer Verurteilung müsste Böhmermann wohl nur mit einer Geldstrafe rechnen, auch wenn eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr möglich wäre. Der deutsche Anwalt Erdoğans kündigte an, im Rechtsstreit gegen Böhmermann durch alle Instanzen zu gehen.

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