Debatte um kostenlose Schnelltests: Doch eine Corona-Kontroverse
Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die kostenlosen Schnelltests beschränken. Kritik kommt von den Ländern und der Opposition.
Im Vorfeld zur Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch und Donnerstag kündigte Lauterbach an, dass er die kostenlosen und anlasslosen Coronaschnelltests beenden wolle. Zugang dazu sollten künftig nur Patient*innen mit Symptomen und ausgewählte Personengruppen erhalten. Die Gratistests solle es nach Plan Lauterbachs in Pflegeheimen und Krankenhäusern geben, für Kleinkinder, für Geflüchtete aus der Ukraine, für Schwangere im ersten Trimester, für Personen, die sich aus diagnostischen Gründen nicht impfen lassen können und für Gruppen mit „erhöhter Kontaktexposition“. Letzteres könnte zum Beispiel für Testungen bei Großveranstaltungen gelten.
Empfohlener externer Inhalt
Kritik für diesen Plan kommt vom Koalitionspartner und von den Gesundheitsminister*innen der Länder sowie der Opposition. So sprach sich der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen für weiterhin breit verfügbare kostenlose Tests für die Bevölkerung aus. Ähnlich äußerte sich auch Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD).
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bemängelte den späten Zeitpunkt für die neuen Regelungen. Es sei ein „Unding“, dass Angestellte in Testzentren und Bürger*innen noch nicht wissen, wie es mit den kostenlosen Tests weitergehe. Die aktuelle Regelung gilt noch bis zum 29. Juni. Lauterbach kritisierte hingegen in der ARD, dass die Länder sich nicht an den Kosten für die Tests beteiligen würden.
Auch die Linken-Vorsitzende Janine Wissler sieht den Vorstoß kritisch: „Man könnte meinen, mit steigenden Inzidenzen sinkt das gesundheitspolitische Kurzzeitgedächtnis. Die Abschaffung von kostenlosen Schnelltest-Angeboten war nachweislich ein großer Fehler des letzten Pandemiejahres. Dies jetzt durch eine erneut geplante Beschränkung des Zugangs zu wiederholen ist grob fahrlässig und der Situation nicht angemessen“, so Wissler in einer Pressemitteilung.
Impfkampagne braucht neue Ausrichtung
Einig sind sich Bund und Länder, dass die Impfkampagne neu ausgerichtet werden muss. Das schreibt auch die Union in einem Beschlusspapier zur Pandemie. Darin fordern sie zudem eine bessere Datenlage zur Immunität in Deutschland durch eine repräsentative Antikörperstudie sowie ein datenschutzkonformes, unbürokratisches Impfregister.
Lauterbachs Plan sieht vor, „die Impflücke zu schließen und die vierte Impfung zu bewerben, insbesondere in der älteren Bevölkerungsgruppe.“ Ebenfalls stärker in den Fokus rücken sollen bei der neuen Impfkampagne Kinder und Jugendliche. Zugelassen für eine Impfung sind in Deutschland aktuell alle Menschen ab fünf Jahren. Weitere Schließungen von Kitas und Schulen sehen die Pläne des Gesundheitsministers nicht vor.
Lauterbach plant außerdem die Beschaffung von Impfstoffen, die an die möglichen Virusvarianten angepasst sind. Unzufrieden ist der Gesundheitsminister bislang mit der geringen Verwendung des Medikaments Paxvovid bei einer Corona-Infektion. Bislang werde dieses noch zu wenig eingesetzt, der eingesetzte Expertenrat arbeitet deshalb auch an einem Behandlungskonzept.
Er berät am Mittwoch und Donnerstag mit den Gesundheitsminister*innen der Länder über das weitere Vorgehen in der Pandemie. Für den Herbst und Winter erwartet das Ministerium „gehäuftes Auftreten von Infektionen und Arbeitsausfällen“, aber keine schwere Belastung der Intensivstationen.
Eine Ausweitung der Masken- und Abstandspflichten und Kontaktbeschränkungen schließt er nicht aus. Auch dazu wollen Bund und Länder eine Strategie beschließen. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Mittwoch auf 488,7 von 458,5 am Vortag. Das Robert-Koch-Institut meldete 119.232 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Am 30. Juli soll die wissenschaftliche Evaluation der bisherigen Corona-Eindämmungsmaßnahmen des Sachverständigenrats veröffentlicht werden.
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