Debatte um die deutsche Spielführerin: Birgit Prinz, die (vorerst) Letzte
Die Spielführerin will das Getöse um ihre mentale Verfassung beenden. Und muss anerkennen: Der Frauenfußball ist im medialen Fegefeuer angekommen.
WOLFSBURG taz | Kamera läuft, Spot an, Birgit Prinz, Klappe, die neunte. Oder war es die zehnte, die zwölfte? Man verliert leicht die Übersicht beim Dauerthema dieser Weltmeisterschaft.
Die 32-jährige Spielführerin des deutschen Teams ist zum Diskursthema der Nation geworden. Soll sie spielen oder nicht? Und wie steht es denn nun um ihre mentale Verfassung? Solche Fragen sind am Beispiel einer Fußballnationalspielerin noch nie mit so viel Verve und einem solchen medialen Getöse erörtert worden. Dieses Mal füllten die Reporter in Wolfsburg, dem nächsten Spielort der Deutschen, eine Turnhalle.
Doch diese Pressekonferenz war keine bloße Fortsetzung der so beliebt gewordenen Prinz-Serie. Dafür sorgte Birgit Prinz selbst. Erstmals ergriff sie nach den tagelangen Diskussionen über sie, die, wie sie sagte, „Züge einer Hetzjagd“ gehabt hätten, selbst das Wort. Ihr Auftritt, bei dem sie trotz des massiven öffentlichen Drucks bewundernswert sortiert und reflektiert über ihre Gedanken und Emotionen berichtete, machte Eindruck.
Sie unterstrich geradezu vorbildhaft ihren Ruf als Teamplayerin, weil sie ausgerechnet das tat, was ihr eigentlich total widerstrebt. Sie gab vor laufenden Kameras Einblicke in ihr Seelenleben. Ans Hinschmeißen, gestand sie, habe sie durchaus gedacht. „Ich habe mich gefragt: Was soll das? Warum tue ich mir das an?“ Die Vorwürfe der Presse hätten sie sehr getroffen.
Im Vergleich zur Europameisterschaft vor zwei Jahren, wo sie schon einmal im Fokus der Kritik stand, seien dieses Mal die Dimensionen aber ganz andere, die Kritik viel grundsätzlicher. Sie erzählte sogar, dass sie gemeinsam mit ihrer Psychologin in Frankfurt versucht habe, die schwierige Situation zu meistern.
Keine Kampfansage
Die Rekordnationalspielerin wirkte am Donnerstag bei weitem nicht so psychisch labil, wie sie Bundestrainerin Silvia Neid zwei Tage zuvor noch beschrieben hatte, als diese ausplauderte, Prinz hätte sich gar nicht in der Lage gesehen, gegen Frankreich in der Startelf zu stehen. Mit Neid abgesprochen, sagte die Frankfurterin nach leichtem Zögern, wäre das so nicht gewesen.
Es war die einzige Pause, die in dem ansonsten so geschlossenen und transparenten Darstellungen von Birgit Prinz einen Interpretationsspielraum bot. Aber letztlich bügelte sie auch in dieser Frage, wie stets ans Kollektiv denkend, die Fehler des offensichtlich misslungenen Krisenmanagements der Bundestrainerin aus und erklärte: „Das war in Ordnung so. Es muss ja kommuniziert werden.“ Über das Wie verlor sie keinen weiteren Worte.
Sie betonte indes auch, dass sie sich mittlerweile an einem anderen Punkt angekommen sieht: „Ich fühle mich definitiv in der Lage, zu spielen.“ Als Kampfansage darf man aber solch einen Satz bei Birgit Prinz nicht missverstehen. Natürlich weiß sie, wie sie bekundete, dass es für Neid nach dem 4:2-Erfolg gegen Frankreich keinen Grund zum Wechseln gäbe.
Zweifellos kann man schon jetzt Birgit Prinz im Falle eines deutschen WM-Erfolgs einen großen Verdienst zuschreiben: Sie hat dem Trainerteam die Last einer Unruhe stiftenden Debatte um ihr Dasein als Ersatzspielerin von den Schultern genommen. Und nicht nur das. Sie stellte der Bundestrainerin einen Freibrief bei ihren künftigen Überlegungen aus: „Natürlich will ich spielen, aber wenn es die Situation erfordert, dass ich auf die Bank muss, würde ich damit umgehen können“ erklärte Prinz.
Vielleicht hat sich die Stürmerin auch noch in einem viel umfassenderen Sinne verdient gemacht. Auf die Frage, ob das Positive an dieser Debatte nicht der Sachverhalt sei, dass der Frauenfußball nun auch im medialen Fegefeuer der Männerfußballs angekommen sei, entgegnete Prinz allerdings: „Da fällt mir nur eine ironische Antwort ein. Ich freue mich, wenn ich das eingeleitet habe.“ Es wären doch ein Kranz aus sehr bitteren Lorbeeren, der ihr da aufs Haupt gesetzt würde.
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