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Debatte um den SolidaritätszuschlagMehr Einwohner, mehr Geld

Zur Zukunft des Soli ab 2020 melden sich zahlreiche Landes-Finanzminister zu Wort. Niedersachsen präsentiert ein Modell, das die Landesgröße berücksichtigt – inklusive Ost-Bonus.

Size does matter: Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider zeigt es an Bild: dpa

BERLIN dpa | Im festgefahrenen Bund-Länder-Streit über die Zukunft des Solidaritätszuschlags präsentiert Niedersachsen einen neuen Lösungsvorschlag. Danach soll der Bund ab 2020 die Hälfte der Einnahmen, also rund zehn Milliarden Euro, an die Länder weiterreichen – gestaffelt nach der Einwohnerzahl.

Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Hannover: „Für die Westbundesländer wäre eine Bandbreite von 100 bis 120 Euro pro Einwohner eine brauchbare Größe, für den Osten zwischen 140 und 160 Euro.“ Den höheren Betrag für den Osten begründete er mit dem besonderen Bedarf dort.

Der „Soli“ wird seit 1995 erhoben und bringt derzeit rund 13 Milliarden Euro im Jahr. Das Geld steht bisher allein dem Bund zu. Bis 2020 klettert das Aufkommen auf fast 20 Milliarden Euro, wie Schneider sagte.

Der Berliner Finanzsenator Mathias Kollatz-Ahnen sagte der dpa, der Vorstoß Schneiders gehe in die richtige Richtung. Die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) begrüßte den Vorstoß ebenfalls. „Ein Vorschlag, der etwa 300 Millionen Euro jährliche Mehreinnahmen für unser Bundesland bringt, ist natürlich ein super gutes Modell“, sagte sie der dpa. Brandenburg reagierte hingegen skeptisch und zweifelte, ob eine Staffelung nach Einwohnerzahl strukturschwachen Regionen ausreichend hilft.

Soli-Schmelze ab 2020

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach Absprache mit CSU-Chef Horst Seehofer jüngst überraschend erklärt, den Zuschlag ab 2020 abschmelzen zu wollen. Damit kippten beide den bisherigen Ansatz der Finanzminister, das Soli-Aufkommen in die Einkommensteuer zu integrieren, um Länder und Kommunen an den Einnahmen zu beteiligen.

Schneider sagte, die Länder erwarteten jetzt, dass der Bund eine Alternative in der Größenordnung von zehn Milliarden Euro vorschlägt. Es sei angemessen, dass der Bund den Ländern die Hälfte abgibt. Die Verhandlungen sollen bis zur Sommerpause abgeschlossen sein. Die Zukunft des Solidaritätszuschlags ist der strittigste Punkt.

Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) drängt zur Eile. „Je länger die Verhandlungen und Gespräche dauern, desto schwieriger werden sie.“ Denn schon im nächsten Jahr stünden Landtagswahlen an – im Herbst 2017 sei dann Bundestagswahl, sagte er der dpa.

„Konsens statt Schützengräben“

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sagte, nötig sei jetzt „Konsens statt Schützengräben“. Auch er rechnete vor, dass sich die zumindest vorübergehend gesonderte Förderung im Osten, die Hilfen für überschuldete Länder und die Entlastung der Geberländer auf rund zehn Milliarden Euro summierten. „Wie der Bund dieses Geld zur Verfügung stellt, liegt in seiner Verantwortung. Das Ergebnis muss stimmen“, sagte er der dpa.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte der dpa, der Abschluss müsse im Sommer stehen. „Denn ich fürchte, dass wir sonst noch jahrelange Diskussionen über die Bund-Länder-Finanzen erleben werden.“ Durch Vertagungen lösten sich die Interessenkonflikte nicht auf.

Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), sagte, in seinem Land seien nach wie „Lücken“ in der Infrastruktur zu schließen. Der große Aufholprozess in Brandenburg werde 2020 zwar beendet sein, der Geldbedarf bleibe aber in wirtschaftlich schwachen Regionen groß. Zu kritischen Tönen des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) sagte er der dpa: „Wenn Herr Söder glaubt, dass wir in Brandenburg auf bayerische Kosten in Saus und Braus leben, dann lade ich ihn ein, mit mir in die Uckermark oder die Prignitz zu fahren.“

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