piwik no script img

Debatte um WaffenlieferungenDeutschland hilft ein bisschen

Schweres Gerät liefern weiterhin andere Nato-Staaten. Doch auch die Bundesregierung sichert mehr Unterstützung zu. Details bleiben jedoch unklar.

Schwere Waffen: Panzerhaubitzen der Bundeswehr im Februar auf dem Weg zum Nato-Einsatz in Litauen Foto: Martin Meissner/ap

Berlin taz | So ganz klar hat sich Olaf Scholz nicht ausgedrückt. Am Dienstagabend war er vor die Presse getreten, um seine Position zu Waffenlieferungen an die Ukraine zu erklären; die Botschaft blieb vielen Be­ob­ach­te­r*in­nen aber unklar. Was meinte der Kanzler, als er von „Dingen, die man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann“ sprach? Und was wird dabei herauskommen, wenn von einer Liste „jetzt gewählt wird, was als ausgesuchte Lieferungen auch konkret gewünscht wird“?

Für ein wenig mehr Klarheit sorgte am Mittwoch Scholz’ Personal. Regierungssprecher Steffen Hebestreit lieferte Interpretationshilfe zu dem Modell, das unter dem Schlagwort eines „Ringtauschs“ schon länger im Gespräch ist. Staaten aus dem östlichen Nato-Gebiet liefern dabei aus ihren Beständen Waffensysteme sowjetischer Bauart, die der ukrainischen Armee bekannt sind – so wie etwa die Kampfpanzer vom Typ T-72, die Tschechien bereits zur Verfügung gestellt hat.

Auch bietet die Bundesregierung den Oststaaten jetzt Unterstützung dabei an, als Ersatz neue westliche Systeme zu besorgen. Man werde dabei helfen, die Lücken „mit neu produzierten Militärgütern“ aufzufüllen, sagte Hebestreit. Die Rüstungsindustrie müsste diese Waffen erst noch herstellen, bezahlen würde die Bundesregierung. Um welche Länder und Systeme es genau geht, ist unklar. Dem Regierungssprecher zufolge ist „noch nichts unterschriftsreif“.

Aus Beständen der Bundeswehr wird Deutschland dagegen weiterhin keine schweren Waffen liefern. Im Gespräch war hierfür unter anderem der Schützenpanzer Marder. Die Industrie hatte angeboten, als Ersatz für die Bundeswehr ausgemusterte Exemplare wieder instand zu setzen. Die Lücke, die zwischenzeitlich entstanden wäre, ist nach Ansicht der Bundesregierung aber nicht zu verantworten. „Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr werden unverändert benötigt“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Bundeswehr will Ukrainer ausbilden

Dafür will die Bundesregierung in Zukunft bei Lieferungen aus anderen westlichen Staaten unterstützen. „Wo andere Parteien jetzt Artillerie liefern, werden wir mit Ausbildung und Wartung helfen“, sagte Außenministerin Annalena Baer­bock. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg geht es unter anderem um die Panzerhaubitze 2000, die die Niederlande liefern wollen. Die Bundeswehr werde ukrainische Sol­da­t*in­nen daran ausbilden. Die Bundesregierung bestätigte die Meldung nicht.

Schließlich stellt die Bundesregierung der Ukraine auch noch Geld zur Verfügung, um direkt bei deutschen Rüstungsunternehmen einzukaufen. Eine Liste mit dort verfügbaren Waffen hatte die Bundesregierung schon vor Wochen zusammengestellt. Unklar ist aber, was alles draufsteht. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk ist mit der Auswahl jedenfalls nicht zufrieden: Er behauptet, die deutsche Seite habe die von der Ukraine gewünschten schweren Waffen von der Liste gestrichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Wollen wir etwa einen populistischen Haudrauf als Kanzler?



    Warum muss überhaupt jeden Tag eine neue Erklärung über Waffenlieferungen abgeben?



    Wie wäre es mit einem wöchentlichen Update und fertig?



    Die ganzen Details sind v.a. innerdeutscher Wahlkampf und liefern Russland wertvolle Erkenntnisse...

  • Das einzigen Felder in denen Scholz "führt" sind Beamten-Mikado und Nebelkerzen-Werfen. Ungeschlagen, und auch schon seit langer Zeit mit Blut an den Händen. Da stört ein wenig mehr auch nicht mehr, zumal wenn es ukrainisches und kein Wählerblut ist , unterstelle ich mal.

    Das die Genossen sich mit den "Russisten" so schön eingekuschelt haben und noch dran festhalten, schließlich will man ja künftig mit den Kriegsverbrechern und Völkermördern wieder weiter kuscheln, macht die Entscheidung alles auszusitzen und zu zerreden halt einfacher.

    Aber darf man kranken Menschen böse sein? Besonders wenn es eine noch nicht anerkannte Krankheit, selektives Alzheimer, betrifft. Muss jeder für sich selbst entscheiden...aber...

    ...er ist halt gewählt und hat jetzt noch gute 3,5 Jahre um weiter seine schöne soziale Agenda durchzu"führen".

    Wer freut sich da nicht was noch kommt?

  • In einem Punkt kann man die Geheimnistuerei ja verstehen: Wenn die wirklich helfen, dann braucht das ja die Öffentlichkeit und somit die Kriegsverbrecher der russischen Seite keinerlei Details zu wissen.

  • Wie die Grüne Partei für Waffen sind, ist schon amüsant

  • Laaaaange Rede keine Neuigkeiten.



    Keine der Erklärungen gegen Lieferung von "schweren" Waffen sind nicht überzeugend.



    Wovor fürchtet sich Scholz ?



    Für jemanden der führen wollte ist er viel zu hasenfüßig. Echt luschig.

  • Scholz verfügt vor allem über eine großes Repertoir an Dingen, die man in einem Wortgefecht einsetzen kann: vorrangig Nebelkerzen....

  • Ein Teil des Problems ist natürlich, dass die Bundeswehr das, was die Ukraine eigentlich braucht, selber gar nicht oder kaum hat: Luftabwehrsysteme, Raketen, Drohnen, Marschflugkörper, also Distanzwaffen und solche, die es der Ukraine erlauben würden, die Lufthoheit über dem eigenen Land wiederherzustellen.

    Sowas muss die Bundeswehr, wenn sie es überhaupt hat, selber irgendwo im Ausland einkaufen.

    Aber letztlich hängt alles daran, dass man Putin nicht zu sehr ärgern will bei der Eroberung der Ukraine. Am besten sind da schöne Worte oder eher symbolische Lieferungen: Dann tut man was, bewirkt aber nichts.

  • Ewiges Rumgeeiere.

    Toni Hofreiter for chancellor.