Debatte um Andrej Holm in Berlin: Verweigert sich die SPD?
Die FDP will über die Causa Holm im Abgeordnetenhaus abstimmen lassen. Die große Frage ist: Wie verhält sich die SPD-Fraktion?
Dass das Parlament über den FDP-Antrag abstimmt, gilt indes als unwahrscheinlich. Denn die Koalitionsfraktionen von SPD, Linken und Grünen wollen ihn in den Innenausschuss des Parlaments zur weiteren Diskussion überweisen. „Diese Haltung ist charakterlos“, meinte Czaja. „Eine Debatte im Ausschuss bringt keinen Mehrwert.“
Nach Informationen der Welt (Donnerstag) kündigten in einer SPD-Fraktionssitzung am Dienstag vier Abgeordnete an, dem Missbilligungsantrag zustimmen zu wollen – sollte es zur Abstimmung kommen. Ein weiterer Parlamentarier behält sich diesen Schritt demnach vor. Keiner der 38 SPD-Abgeordneten habe Holm verteidigt, hieß es laut Zeitung nach übereinstimmenden Berichten von Teilnehmern.
46-jährige Stadtsoziologe Holm hatte eingeräumt, in einem Personalfragebogen der Humboldt-Universität 2005 falsche Angaben zu seiner hauptamtlichen Stasi-Tätigkeit in der Wendezeit gemacht zu haben. Er habe das aber nicht wissentlich getan. Am heutigen Donnerstag läuft eine Frist aus, in der Holm sich gegenüber seinem früheren Arbeitgeber erklären muss. Noch im Januar will die Uni dann entscheiden, ob sie personalrechtliche Schritte gegen Holm einleitet. Er war dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.
Rot-Rot-Grün kam bei einem Treffen des Koalitionsausschusses im Dezember überein, das Votum der Uni abzuwarten und dann neu über die Personalie zu beraten. Sollte die Hochschule gegen Holm vorgehen, dürfte der parteilose Staatssekretär, der von der Linken nominiert wurde, kaum noch zu halten sein.
Holm war in der Wendezeit 1989/1990 als junger Mann für rund fünf Monate bei der Stasi, wo er unter anderem eine militärische Grundausbildung absolvierte. Dass er damals eine berufliche Laufbahn bei der Stasi anstrebte, hatte Holm schon 2007 publik gemacht. Heute argumentiert er, ihm sei erst durch den Einblick in seine Akten im Dezember bewusst geworden, dass er seinerzeit bereits hauptamtlicher Mitarbeiter war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour