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Debatte Repräsentative DemokratieProtest, auf den Hund gekommen

Es gibt viel Kritik an der repräsentativen Demokratie. Kreative Alternativen machen sich aber nicht bemerkbar und das Protestpotenzial ist gering.

Wer trägt heutzutage schon noch die rote Fahne? Bild: hannesleitlein/photocase.de

Die repräsentative Demokratie ist verstockt und erodiert in vielen Bereichen. Die Wahlbeteiligung geht seit Jahren zurück. Die Reputation von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Banken und Leitmedien sinkt rapide. Das wirkliche Engagement in den Parteien nimmt dramatisch ab – lieber werden Pfründe verwaltet als gestaltet. Die Menschen begreifen ohnmächtig, dass Märkte wichtiger sind als sie. Aber nichts folgt daraus. Kein Aufruhr, kein Protest.

Die FAZ räsonierte über das deutsche Jahrhundert: Es sei eine wohlfühlend-bleierne Zeit, in der die täglichen Schreckensnachrichten der Weltkrisenherde alles erschlagen. Kommt hinzu: Die Bewältigung des Berufs, der Familie und des Alltags beherrscht die Menschen – einschließlich der Tatsache, dass die digitalisierte Demokratie das jugendliche Arbeits- und Spaßvermögen jeden Tag im Durchschnitt 6 Stunden und 28 Minuten absorbiert. Für demokratischen Protest bleibt keine Zeit.

Der massive Verdruss über die repräsentative Demokratie – so meine These – führt aber nicht zu einem Zugewinn an Einfluss der sozialen Bewegungen und des außerparlamentarischen Protests. Die Kritik an der repräsentativen Demokratie lässt sich nicht in ein größeres Engagement für die direkte Demokratie transformieren.

Dem verbreiteten Bild, die Republik habe eine ungeheuer bewegte Bürgergesellschaft, die ihre Bürgermacht wirkungsvoll gesteigert hat, widerspreche ich. Natürlich sind die Selbstermächtigungen der BürgerInnen immer wieder beeindruckend, und auf internationalen Konferenzen wird die deutsche Balance von repräsentativer und direkter Demokratie des Öfteren als spannend gelobt. Aber mal ehrlich: Mit den massenhaften Bewegungen auf den Fanmeilen des deutschen Weltmeisterfußballs können die Bürgeraufbrüche nicht annähernd mithalten.

Vorzeigbare Erfolge

Sicher, die Mobilisierung der Anti-AKW-Bewegung oder der in Europa fast einzigartigen Bündnisse gegen Rechtsextremismus wie etwa „Dresden Nazifrei“ sind hoch zu veranschlagen. Auch die Rekommunalisierungen der Wasser- und Energieversorgung sind ein vorzeigbarer Erfolg. Aber es gibt viele Themen, für die es derzeit unmöglich scheint, die Menschen zu mobilisieren.

taz.am wochenende

Kinder und Karriere lassen sich einfach nicht vereinbaren, klagen zusehends mehr Mittelschichtseltern. Und es geht doch. Alles eine Frage der Verhandlung. Den Beweis finden Sie in der taz.am wochenende vom 27./28. September 2014. Außerdem: Wir könnten alle in Grand Hotels leben, wirklich. Ein Visionär rechnet das vor. Und: Warum das zweite Album von Kraftklub doch nicht scheiße ist. Ein Gespräch. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Sozialproteste gegen die zunehmende Verarmung breiter Bevölkerungsschichten: Fehlanzeige. Fast alle Erwerbslosen-Initiativen sind aufgelöst. Anti-Banken- und Finanzmarktproteste: ganz kleine Blümchen. Occupy: ein peinliches Desaster. Blockupy: ein klassisches linkes Bündnis mit einer fundierten Kritik an der EU- und EZB-Politik, aber blutleer in Allianzen und provozierenden Aktionen. Massenmobilisierungen im Bildungsbereich sind seit dem Bildungsstreik 2009/2010 verstummt. Gegen den NSA-Skandal: nichts. Und der Protest gegen die Rüstungsexporte in menschenrechtsverbrecherische Länder wie Saudi-Arabien durch das respektable Bündnis „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“? Am Bodensee, in Kassel, München, Berlin und Oberndorf organisierten sie oft pfiffige Proteste, 100 bis 300 Menschen kamen. Aber Massenmobilisierung? Nicht möglich. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist gegen Rüstungsexporte in den Nahen Osten, Algerien und Indonesien – und tut nichts.

Neben dem Mythos von den Massenprotesten gehört auch zur Wahrheit, dass die Zahl der Aktivisten in den sozialen Bewegungen, die mit langem Atem dicke Bretter bohren, vergleichsweise überschaubar ist. Bei Campact, bei attac, bei den Menschenrechts- und Bürgerrechtsorganisationen der Republik sind es meist nicht mal 50 Leute, die den Laden schmeißen. Im Klartext: Die demokratische Legitimation von vielen Bewegungen ruht auf erstaunlich wenigen Schultern und Köpfen. Die früher unverzichtbaren Schüler und Studierenden sind angesichts von Turbo-Abitur und Bachelor-Master-Wahn meist nur noch zu Events mit flashmobs temporär mobilisierbar.

Natürlich gibt es Erfolge, wie sie etwa die Anti-AKW-Bewegung und die Bündnisse gegen Rechtsextremismus vorzuweisen haben. Natürlich ist es auch ein Erfolg vielfältiger außerparlamentarischer Bewegungen, dass die Bereitschaft, ein TTIP-Abkommen auszuhandeln und zu unterzeichnen, bei den europäischen Regierungen inzwischen als höchst zweifelhaftes Unternehmen angesehen wird.

Demokratisierungsvorhaben auf Eis

Aber die Niederlagen sind niederschmetternd: Stuttgart 21 wird – trotz milliardenschwerer Mehrbelastungen – vorerst gebaut. Die NSA und die deutschen Geheimdienste können sich angesichts bisher ausgebliebenen Proteste entspannt zurücklehnen. Eine Frauenbewegung der geschlechterdemokratischen Zuspitzung gibt es nicht mehr, eine hauchzarte Männerbewegung erschöpft sich in zweimonatigen Männermonaten beim Erziehungsgeld.

Merkel kann ihre klammheimliche Rüstungsexportpolitik zur „Ertüchtigung von Kriegseinsätzen“ fortsetzen. Ursula von der Leyen und Andrea Nahles können fast eine Million Hartz-IV-Empfängern Geldstrafen wegen terminlicher und anderer Versäumnisse aufbrummen, ohne dass es einen gesellschaftlichen Aufschrei gibt. Alle Demokratisierungsvorhaben für bürgernähere Beteiligungspolitik sind in der GROKO auf Eis gelegt. Konzepte zur Reduzierung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit werden noch nicht einmal verhandelt. Banken müssen weder ihre Entflechtung noch die wirkliche Einschränkung ihrer oft verbrecherischen Produktpalette fürchten. Die Asyl- und Flüchtlingspolitik kann die Festung in Europa zementieren, trotz aller verzweifelter Proteste an der türkisch-griechischen Grenze oder in den Flüchtlingscamps in Berlin und anderswo.

Die Herrschenden haben gelernt

Schließlich ist das demokratische Mittel des zivilen Ungehorsams – gewaltfrei, gewissensmotiviert, auf legale Veränderungen orientiert und bewusst Regeln verletzend – ziemlich auf den Hund gekommen. Die Herrschenden haben hinzugelernt, sie wissen, wie sie den Protest am langen Arm verhungern lassen können. Der zivile Ungehorsam selbst ist weniger als früher eingeübt und selbstverständlich. Vor allem junge Leute sind merkwürdig harmonisch orientiert, sie orientieren sich eher an Fernsehbildern des bemalten Protests als den Herrschenden wirklich vor das Schienbein zu treten. Als in Stuttgart die Räumungen des Schlossgartens und Bahnhofs verkündet wurden, hatten sich fast 2.000 Menschen für Aktionen des zivilen Ungehorsams eingetragen. Als es mit der Polizei zum Schwur kam, waren 400 ungehorsamsbereite Demonstranten da, von denen 300 nach der ersten Aufforderung der Polizei das Feld räumten.

Schließlich gehört zur These des marginalen Zugewinns der sozialen Bewegungen auch ein selbstkritisches Wort zur Binnen-Demokratie. Der Anspruch der flachen Hierarchien, der Mitmach-Möglichkeiten, der Geschlechterdemokratie und der basisdemokratischen Entscheidungen hat in manchen Bewegungen erhebliche Schrammen. Basisdemokratische Entscheidungen sind oft von Wenigen gesteuert, es gibt Klüngeleien vom Feinsten, Selbstreflexion findet nicht statt. Dass junge Leute sich oft abwenden, hängt auch damit zusammen, dass die Basisdemokratie sehr altbacken daherkommt. Viele misstrauen beidem: der repräsentativen Demokratie und der direkten.

Der Autor

Peter Grottian, 72, ist Hochschullehrer für Politikwissenschaft an der FU Berlin und engagiert in mehreren sozialen Bewegungen.

Die repräsentative Demokratie abzuschaffen, ist völlig unrealistisch wie auch die etwas naive Vorstellung, die Herrschenden wären an einer mehr Demokratie versprechenden Reform interessiert. Die Selbstermächtigung im Sinne direkter Demokratie ist schon der Schlüssel dafür, die repräsentative Demokratie unter Druck zu setzen, eine neue Balance von direkter und repräsentativer Demokratie herzustellen. Dazu gehört massenhaftes politische Engagement mit mehr zivilem Ungehorsam. Man kann Erfolg damit haben. Denn die Herrschenden sind viel unsicherer und machtopportunistischer, als wir denken.

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33 Kommentare

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  • Am Schluss beschreibt Grottian MINIMAL eine Alternative, äußert zurecht, die "repräsentative Demokratie" sei nicht abschaffbar. Eine Binsenweisheit. Laut Robert Michels (1914) ist Oligarchie wahrscheinlichste Regierungsform. Was Grottian "repräsentative Demokratie" nennt, ist in Wahrheit Wahl-Oligarchie.

    Grottians Schluss, die Herrschenden seien unsicherer und machtopportunistischer, als wir denken, stimmt. Angela Merkel zeigte dies z.B. nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima aus Angst vor der Wahlniederlage in BaWü. Aber Grottian macht es sich zu leicht, von anderen (nicht von sich selbst) "politisches Engagement mit zivilem Ungehorsam" zu fordern sowie den "Schlüssel dafür, die repräsentative Demokratie unter Druck zu setzen und eine neue Balance von direkter und repräsentativer Demokratie herzustellen".

     

    Es wäre seine Aufgabe als Politologie-Prof, insbesondere den "Schlüssel" zu konzipieren und zu formulieren. Dafür müsste er starten, logisch zu denken, von mir aus politologisch. Das tut er nicht. Oder Politologie, so wie sie hier praktiziert wird, ist schlicht untauglich. Politologen verachten gerne Juristen, obwohl die Verfassung, das Haupt-Regelwerk von Juristen, auch Hauptsache der Politik ist, somit der Politologie.

     

    Für Grottian, der trotz Staatsformen-Lehre von Aristoteles sowie Polybios von "repräsentativer Demokratie" spricht, scheint weder insbesondere Art.20 Abs.2 GG noch Art.21 Abs.1 S.3 GG noch Art.38 Abs.1 S.1 GG interessant.

    Lieber ist ihm "Selbstermächtigung". Haben Sie so gar kein Konzept, Herr Prof. ? Möchten Sie mehr Aktionismus erleben ("massenhaftes politisches Engagement") ? Etwa folgenlos wie das dümmliche Gerenne von Blockupy-Marxisten durch Ffm am 19.05.2012 ? Statt politaktivistischem Agitprop-Joggen scheint mir sinnvoller, wenigstens ein einziges Mal politstrategisch ernsthaft nachzudenken ? Erst denken. Nicht blind handeln. Zuviel verlangt ?

  • wirklich ein großartiger und motivierender Artikel, aber das problem der direkten Demokratie wird bereits im zweiten Satz benannt. es geht keiner mehr hin und wenn doch, dann immer mehr von rechts.

     

    "Dazu gehört massenhaftes politische Engagement mit mehr zivilem Ungehorsam."

    Diese beiden Eigenschaften fehlen leider, wie der Artikel selbst belegt...

    traurig aber wahr, die leute sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt und scheren sich einen dreck

  • im Prinzip ist die Stimme des Volkes oder Wahlviehs komplett unintressant, schade, man hätte nach der BT Wahl eine Umfrage starten können: wer ist für eine Koalition CDU/CSU/SPD, oder wer ist dafür gewesen, dass es in Hessen SCHWARZ/GRÜN gibt, von den 631 BT Abgeordneten haben ungefähr 30-40 das Sagen, alle anderen sind Füllmaterial und haben, sie Steinbrück Gauweilet alles andere im Kopp als BT, fragt doch einfach mal Euren BT Abgeordneten w/m wie es um seine BT Tätigkeit steht usw usw, Geldbusse bei Nichtwählen-wie lustig!

  • Ich hoffe, der Artikel von Peter Grottian wird in größerer Breite diskutiert. Endlich mal was selbstkritisches. So lese ich das. Nicht nur die Phrasen, das Tausende auf den Straßen waren (das ist sicherlich gut), aber die realen Machtverhältnisse nicht widerspiegelt. Und sollte man an der ein oder anderen Stelle etwas arbeiten.

  • Das hinzzulernen d Herrschenden betrifft vor allem zwei Piunlte:

     

    Die "Bestrafung" mit hohn sozialen Verluszten., "Kaqrrierekiller2, statt "Marsch durch dieInstutionen" de "akademischen" Krtiker.

     

    Und diie Durchsetzung der ausserparlamentarisachen Aktivitäten mit vielen GRÜNEN undSPDlern, die ZUgriff ihre rechtesgewndeten Parteiorganisationen garantiueren. Oft gegenihreb Willen, aber es wird kräftzigst sabotiert!!

     

    Da die Massenakademisuwrung schonlänger läuft, de Ostblock zerlegt ist umnd eineglobale Ksapital undMachtkontzebtrastion herrscht, die so atemberaumend ist, das nur superxyogis überleben (kleiner netaphorischer Scherz), hat Proffesor Grotttian etwa zuciel Unfähigkeut auf linkeseite verortet - zum Antrez versteht sich.

     

    Ein bdetongegner - de globasliserze aurtortärte Kapilisismzs mit weiter so und auritärem Etatismen

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Revolution oder Resignation. Dazwischen gibt es nix.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Revolsignation?

      • @DasNiveau:

        Genau, DASNIVEAU, Revolsignation ! Das ist der 'Mittelweg'. "Revolution" bedeutet auf gut deutsch schlicht "Veränderung". Angesichts dessen, dass heutzutage sich eh alles nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren verändert (siehe Obamas "Change", auch nur eine andere Metapher für "Revolution"), und angesichts dessen, dass mit "sozialistischer Revolution" ohnehin nur massive Zentralisierung, Neo-Feudalismus und oligarchie-oder tyrannisgesteuerte Ochlokratie-Diktatur gemeint ist, aber eben keineswegs etwa echte Demokratie, ist "Revolution" völlig GLEICHBEDEUTEND mit Resignation. Von daher könnte dieser liebe "Beitrag" von LINKSNORMAL ebensogut lauten: "Revolsignation oder Tod". So ähnlich lautet seit Jahrzehnten das übliche pseudo-politische "Kastraten"-Geschwätz von Fidel Castro, mit dem er der Demokratisierung Kubas im Wege steht (ich meine wirklich eine echte Demokratisierung, die sogar WELTWEIT Beachtung fände, keine US-Privatkapitalisierung, die er aber leider genau vorbereitet, wenn er jetzt nicht endlich echt demokratisiert, wovon er freilich gar nichts versteht, dieser Tyrann).

  • Mir kommt es so vor als ob wir hier, leider, nur ziemlich aneinander vorbeireden. Ich habe niemanden in eine K-Gruppe gesteckt - ich sagte nur der Ton kommt mir ähnlich vor und symptomatisch für ausgrenzendes Verhalten welches, gerade bei Gruppen welche Veränderung oder Verbesserung wünschen, letztendlich dazu führt daß /gar nichts/ erreicht wird weil man sich untereinander mit steinernen Dogmatiken zerlegt. Die Theorien bzw. Rechte welche auch auslegbar sind - und sich durch Praxis und Inanspruchnahme bewähren - habe ich gar nicht weiter aufgegriffen und insofern auch hieran, an Ihrem Beitrag, nichts abqualifiziert. Darüber kann man REDEN. Vom "Volk" zu reden halte ich allerdings für nicht gut - davon hatten wir hier genug und darüber sind wir auch schon weg. Auch weit hergeholt meine angebliche professorale Autoritätshörigkeit. So wird das nichts....

    • @Ulrich Frank:

      Dass Sie das Wort "Volk" stört, zeigt doch nur, dass SIE SELBER extrem RESSENTIMENTGELADEN sind, lieber Herr Ulrich Frank. Projizieren Sie doch bitte nicht Ihre eigenen Probleme auf andere !

    • @Ulrich Frank:

      Lieber Herr Ulrich Frank, ich halte es für einen schweren Fehler, das Wort "Volk" nicht zu verwenden. Klar, ich kenne Hitlers "ein Reich, ein Volk, ein Führer". Aber Hitler forderte auch den Gruß "Heil, Hitler". Sollen wir deshalb auch das Wort "Heil" aus dem deutschen Wortschatz tilgen ? Darf es also keine Heilung und keine Heilmittel mehr geben nur wegen dem Sprachmissbrauch dieses Herrn Schicklgruber, der soviele Menschen in die Grube geschickt hat ?

       

      Ich habe außer "Volk" übrigens auch "Bevölkerung" geschrieben. Es heißt nun mal "Volksentscheid", "Volksveto" etc. Es gibt freilich auch Hitlers verlogene "Volksgemeinschaft" sowie das "Volkswagenwerk" etc. Ich habe keine Denk-Sperre beim Wort "Volk", obwohl es PHONETISCH sehr eng zusammenhängt mit BEFOLGEN (dessen, was die Herrschenden wollen).

       

      "Demokratie" wird üblicherweise mit "Volksherrschaft" übersetzt, obwohl das Volk noch nie geherrscht hat, gar nicht herrschen kann, sondern immer nur beherrscht wird. Deshalb übersetze ich "Demokratie" lieber mit "Volksvorrangschaft".

       

      Mir geht es aber auf den Geist, weder Nation noch Volk sagen zu dürfen. Was also sind wir denn eigentlich ? Ein gar nichts ? Gibt es nur eine französische "grande nation", aber keine deutsche ? Das scheint mir albern, aber ein typisches Denkverbot, das mitursächlich sein dürfte für das beklagte Nichtstun der Deutschen.

  • Antwort-Teil 2:

     

    Sehr interssiert bin ich übrigens, von Ihnen zu hören, woran Sie wohl sonst noch so denken mit Ihrer Formulierung "Elemente der direkten Demokratie". Werden Sie doch bitte einfach mal konkret ! Und eben produktiv !

     

    Soweit Sie bei mir K-Gruppen-Mentalität vermuten, muss ich Sie enttäuschen. Ich bin alles andere als ein Marxist. Dass die mit absurdem idealistischem Radikalitätsdruck friedliche Demonstranten abschrecken, kann ich gerne bestätigen. Allerdings hätten Sie vielleicht an meiner Kritik am Konzept der offenbar ewig wiedergekäuten "Rätedemokratie" (die Sowjetunion war offiziell eine "Rätedemokratie", in Wahrheit aber nur eine ganz miese diktaturgelenkte Ochlokratie), die keineswegs per se demokratisch ist (eben auch nicht "rätedemokratisch", sondern allenfalls räteochlokratisch), schon merken können, dass ich alles andere als kommunistisch denke.

  • "Kreative Alternativen machen sich aber nicht bemerkbar und das Protestpotenzial ist gering."

     

    Naja... Die sehr kreative Initiative

    http://geldoderleben.blogsport.de/

    hat 2007 über dem Bundestag ein Banner gehisst: 'Der Deutschen Wirtschaft'. Dafür wurden sie auch anständig juristisch belangt. Wären die Vorbereitungen nicht konspirativ und zB. ohne telefonische Absprachen gelaufen, wer weiß wäre diese Aktion womöglich früher schon gestoppt worden.

     

    Mag sein, dass es der Mehrheit in Deutschland zu gut geht, um dauernd auf die Straße zu gehen. Aber auch hier würde bei empfindlichen Themen demonstriert werden. Nur wenn der Shitstorm-Radar der Mächtigen bereits vorher bimmelt (Stichwort Trinkwasserprivatierung), dann entwickelt man eben Strategien die Interessen hinter geschlossenen Türen und sorgfältig vorbereitet durchzubringen.

     

    Wie der Artikel schon sagt, besitzt die oberste Kaste genug Ressourcen um Bewegungen wie zB Occupy auszusitzen, frei nach dem Motto 'Schaut her, die sind da draußen, wir sind hier drinnen' (Zitat aus dem Film The Cooperation http://www.youtube.com/watch?v=4PSxtJNp9Pc)

    Solche Bewegungen werden galant abwiegelt und zerlaufen sich im täglichen Klein klein auf der Straße.

     

    Zustimmung auch bei der Problematik Alltagsbewältigung. Die Leistungsträger sind tatsächlich durch Beruf und Familie ziemlich absorbiert, während in Dtl. einfach chronisch der (gebildete) Nachwuchs fehlt, um zivilen Ungehorsam zu leben, wie damals.

     

    Gerade angesichts der Fanmeilen bin ich bei direkter Demokratie doch sehr skeptisch. Da zeigt sich, dass komplexe oder unangenehme Themen hier eher nicht per Volksabstimmung zu regeln sind.

    Aber womöglich ist ein Politisierung, wenn auch nur halbwegs, anders nicht mehr hinzukriegen.

  • Es gibt keine "repräsentative Demokratie". Das ist Wahl-Oligarchie, wobei das Wahlrecht noch nicht mal frei ist trotz Art.38 Abs.1 S.1 GG, da wir weder zu JEDER Bewerbung stimmen können noch mit NEIN.

    Demokratie und Volkssouveränität gilt laut Art.20 Abs.2 S.1 GG, aber eben nur laut Verfassung.

    Es gibt auch keine "Balance von repräsentativer und direkter Demokratie", von der Herr Grottian faselt. Demokratie setzt VolkagesetzTILGUNG durch Volksveto voraus (wie in der Schweiz von 1831-1874 und in Italien noch heute gemäß Art.75 der ital. Verfassung). Freilich ist die "repräsentative Demokrate" (die gar keine ist) nicht abschaffbar. Sie wäre aber ergänzbar durch Volksvetos (z.B. gegen die Mehrwertsteuer-Erhöhung 2007), wobei mit Volksveto niemals die Todesstrafe wiedereinführbar wäre. Was soll also das Lamento gegen das Nichtstun der Bürger/innen, wenn Herr Grottian selber schläft und trotz Politologie gar nicht merkt, dass niemand NEIN stimmen darf ?

    Solche Profs sind selber Undemokraten. Dasselbe gilt für das Geschwafel von "AGE KRÜGER" über die "Rätedemokratie", jedenfalls solange die ohne Volksveto volksvertretend bestimmen soll.

    • @Kai Feloibas:

      Doch, Sie können mit nein stimmen im Wahllokal. Geben Sie Ihren Stimmzettel blanko ab oder schreiben Sie ein großes NEIN quer über den Stimmzettel. In beiden Fällen wird Ihre Stimme als ungültige Stimme gezählt aber eben mitgezählt bei der Wahlbeteiligung. Ich bin für die Einführung der Wahlpflicht mit Bußgeldsanktion. Im Übrigen ist es den Politikern von CDU-CSU-SPD-GRÜNEN-AFD sch...egal wie hoch die Wahlbeteiligung und damit ihre eigene Legitimität ist. Hauptsache gut bezahlt an der Macht.

      • @Willi:

        Ja, Herr Willi, diese Möglichkeit des Nein-Stimmens ist mir bewusst, die meine ich aber nicht. Ich meine NEIN-Stimmen zu JEDER Bewerbung (wenn keine zu bejahende da wäre). Das ist ÄHNLICH (nur besser) wie beim 1976 in den USA erfundenen (aber dort wohlweislich nie praktizierten) "approval voting". Wir werden zu JA-Sagern erzogen von den Berufspolitikern. Schon Einjährige lernen, Nein zu sagen. Wir dürfen nur außerhalb des Wahllokals Nein sagen, z.B. "Atomkraft-Nein danke". Die Schotten stimmten jetzt mehrheitlich mit "Nein-danke". Beim Wählen ist es verboten !

         

        Mit bußgeldbewehrter Wahlpflicht habe ich kein Problem, wenn auch WahlFREIHEIT gewährleistet ist (d.h. zu JEDER Bewerbung gestimmt werden kann statt "one man/person - one vote", und auch mit NEIN gestimmt werden kann). Ich vermute, dass dann Wahlpflicht kaum noch notwendig wäre, da m.E. Nichtwählen zum großen Teil wegen fehlender WahlFREIHEIT erfolgt.

        Nötig wäre freilich auch Abschaffung des Fraktionszwangs (was ganz einfach geht), die Befugnis zur Vorwahl (= Nominierung), was auch ganz einfach ist, die Abschaffung der starren 5-%-Hürde (auch einfach durch NEIN-Stimmen), die ggf. zulässige vorzeitige Abwahl etc.

         

        Dass wir KEINE WahlFREIHEIT haben (trotz Art.38 Abs.1 S.1 GG, also verfassungswidrig (was denen egal ist, da sie ohnedies in vielerlei Weise gegen die Verfassung verstoßen), bewirkt übrigens planmäßig SPALTUNG. Wir werden bewusst GESPALTEN, um möglichst gut beherrscht werden zu können. "Divide et impera" (spalte/teile und herrsche) heißt seit Jahrhunderten der Hauptsatz des Herrschens.

         

        Dass schon in der Weimarer Republik Parlamentssitze je nach Wahlbeteiligung einfach LEER blieben, wohingegen in der BRD wie Sie zurecht schreiben den Genannten die Wahlbeteiligung sch...egal ist, bemerkte Gabor Steingart 2010 in einer Sendung von Maybrit Illner.

    • @Kai Feloibas:

      Ihre aggressive Haltung, eher ressentimentgeladen bewehrt mit juristischen Argumenten, Kai Feloibas, halte ich weder für angebracht noch für produktiv. Wären größere Teile der leider nicht sehr interessierten Bevölkerung schon früher auf die Strasse gegangen wären Elemente der direkten Demokratie (z.B. VA) auch mehr und besser besser in der politischen Kultur der BRD verankert. Ebenso unangebracht deswegen Ihre Ausfälle gegen Herrn Grottian. Im übrigen erinnert mich dieser Ton an die Auftritte der K-Gruppen, die sich jederzeit an Radikalität zu überbieten such(t)en - was ja auch viele mit der Situation nicht glückliche Bürger davon abhalten mag an Demonstrationen und Aktionen teilzunehmen weil sie sich zu einer derartigem Radikalität bzw. Radikaliätsdruck nicht in der Lage sehen - wo doch stetiges konzertiertes Aufmucken nach Kräften auch schon einen Wert hätte.

      • @Ulrich Frank:

        Antwort-Teil 1:

         

        Vielen Dank, lieber Herr Ulrich Frank, für Ihr freundliches Abqualifizieren meines Beitrags. Wer von uns beiden aggressiv, ressentimentgeladen, unproduktiv etc. ist, dies zu entscheiden überlasse ich anderen. Vermutlich stört Sie, dass ich schrieb, Herr Grottian faselt und sei ein Undemokrat. Herr Grottian ist ein angeblich 72 Jahre alter Politologie-Professor. Von daher erwarte ich insbesondere bezüglich PRODUKTIVITÄT allerdings etwas mehr als bloß billige Polemik und das erneute Gerede von der "repräsentativen Demokratie".

         

        Das Nichtstun der Bevölkerung hat Gründe, die insbesondere einen Politologie-Prof m.E. interessieren müssten. Was Sie als "Ausfälle" empfinden, ist mithin schlicht meine Kritik an seiner offenbar lebenslangen privilegierten Schläfrigkeit.

         

        An ihrem Beitrag finde ich insbesondere das Thema Kooptation sehr interessant.

         

        Aber dass Sie glauben, es müsse erst alles kaputtgehen, bevor sich etwas "ändert" (m.E. geht es nicht um "ändern", sondern um "bessern"), kennzeichnet eher Sie als ausgerechnet mich (mit meinen durchaus sogar äußerst PRODUKTIVEN Vorschlägen) als destruktiven ressentimentgeladenen Aggressivling.

         

        Meines Erachtens sind übrigens schon seit den österlichen Anti-Atom-Kundgebungen der 1950er Jahre mehr als genug Menschen "auf die Straße gegangen". Von daher mache ich anders als Sie in ihrer offenbar eher volksfeindlichen und professoral-obrigkeitshörigen Haltung nicht der Bevölkerung, sondern den privilegierten "Meisterdenkern" zum Vorwurf, dass sie den VA (ich spreche übrigens wohlweislich NUR vom "negativen" 'VA', dem sogenannten Volksveto) "verankert".

  • Abgesehen einmal davon, daß Herr Grottian die mehr als 1000 Menschen "vergißt" welche sich sich nach wie vor jeden Montag in Stuttgart öffentlich versammeln (bald zum 240. Mal) und nicht nur gegen Stuttgart 21 protestieren handelt es sich hier um eine durchaus leider zutreffende Bestandsaufnahme. Zu einem Sachverhalt an dem allerdings die Medien mit ihren kooptierten Journalisten wesentliche Mitschuld tragen. Das öffentllich-rechtliche System versgat, aus transparenten Gründen, völlig. Es sieht damit auch so aus als ob das gesamte System gegen die Wand fahren muß (in D hat man ja Erfahrung damit) bevor sich etwas ändert. Insofern kann es auch Verständnis dafür geben daß das Engagement gebremst ist - wer will von einer immer noch nicht, in ihren Prinzipien, entnazifizierten deutschen Justiz verfolgt und zur Kasse gebeten werden ohne irgendetwas erreicht zu haben?

  • Es gibt keine "repräsentative Demokratie". Das ist Wahl-Oligarchie, wobei das Wahlrecht noch nicht mal frei ist trotz Art.38 Abs.1 S.1 GG, da wir weder zu JEDER Bewerbung stimmen können noch mit NEIN.

    Demokratie und Volkssouveränität gilt laut Art.20 Abs.2 S.1 GG, aber eben nur laut Verfassung.

    Es gibt auch keine "Balance von repräsentativer und direkter Demokratie", von der Herr Grottian faselt. Demokratie setzt VolkagesetzTILGUNG durch Volksveto voraus (wie in der Schweiz von 1831-1874 und in Italien noch heute gemäß Art.75 der ital. Verfassung). Freilich ist die "repräsentative Demokrate" (die gar keine ist) nicht abschaffbar. Sie wäre aber ergänzbar durch Volksvetos (z.B. gegen die Mehrwertsteuer-Erhöhung 2007), wobei mit Volksveto niemals die Todesstrafe wiedereinführbar wäre.

  • 2. Teil

     

    Was also wirklich not tut ist, dass die Wähler darauf bestehen, dass es keinen Fraktionszwang mehr gibt. Entscheidungen die anders als in „freigegebenen Abstimmungen“ zustande gekommen sind, sollten nicht mehr als demokratisch legitimiert also als unverbindlich bzw. nichtig behandelt werden. Würden sich die Parteien an die Verfassung halten, wäre ihr Ansehen in der Bevölkerung bestimmt viel besser. Es gäbe sachgerechte Entscheidungen, einen viel geringeren Einfluss für die Lobbyisten und die Regierungsbildung nach Wahlen wäre auch einfacher, weil es dann nicht so wichtig wäre, ob eine Regierung eine Mehrheit im Parlament hat oder nicht. Dass man ohne Mehrheit regieren kann, hat Reinhard Höppner in Sachsen-Anhalt bewiesen.

     

    Direkte Demokratie halte ich nur unter schweizer Verhältnissen für eine gute Idee. Sie erfordert die Bereitschaft, sich vor der Abstimmung sachkundig zu machen und die Bereitschaft, sich ergebnisoffen mit den Argumenten für die angebotenen Alternativen auseinanderzusetzen. In der Schweiz ist das im Großen und Ganzen gegeben. Ansonsten besteht die große Gefahr, dass sich Rhetoriker und Demagogen durchsetzen, die schon Sokrates als Erzfeinde der Demokratie entlarvt hat. Überreden ist nämlich vom demokratischen Standpunkt aus das Gegenteil von überzeugen.

  • Die von Peter Grottian beschworene "Massenmobilisierung" gab es immer nur temporär und nie auf Dauer. Politische Initiativen wurden nie von "Massen" getragen. Und in diesen Initiativen waren es immer wenige, die dafür sorgten, dass die Initiative nicht im Sande verlief.

    Während Grottian die Existenz sozialer Bewegungen, die doch wohl massenhafte sein müssten, bestreitet, steht in seiner taz-Personalie: "... engagiert in mehreren sozialen Bewegungen". Da sage einer, die taz habe keinen Humor.

    • @reblek:

      ".."Massenmobilisierung" gab es immer nur temporär und nie auf Dauer.."

       

      Spätestens vor Moskau ist Schluss. Hoffentlich bleibt das so.

  • Man fühlt sich auch ohnmächtig, weil es einfach zu viele Skandale gibt, als dass man sich auf einen konzentrieren könnte. Die Macht der Regierenden wird durch mehr Skandale eher gestärkt als geschwächt.

     

    Stuttgart21 ist hingegen ein Beispiel von erfolgreichem Aufruhr. Es hat zu einem Machtwechsel und einer Volksabstimmung über das Bauvorhaben geführt.

    • 7G
      7964 (Profil gelöscht)
      @Joseph Tannhuber:

      Aber nein, das war kein Machtwechsel, da kamen nur ein paar anders lackierte Marionetten...

      • @7964 (Profil gelöscht):

        bei Grün/ROt in Stuttgart katapultierten 750.000 Angstwähler ( Japan) die Grünen auf c 25%, ohne die Katastrophe in Japan hätte BW weiterhin eine Schwarze Regierung!

  • Die repräsentative Demokratie hatte immer den Konstruktionsfehler, dass man sich um zu viele Angelegenheiten bei seiner Wahlentscheidung kümmern muss, die einen nichts angehen.

     

    Nur eine echte Rätedemokratie wie zur Zeit der Pariser Kommune mit jederzeitger Abwählbarkeit der Räte und strikt von unten nach oben aufgebaut kann die Menschen wieder dazu ermutigen, sich in politische Entscheidungen einzumischen. Rüstungsexporte zu verbieten oder zu erlauben sind nur dann ein Problem für meinen Ort, wenn ich daher irgendwelche Mittel bekomme oder aufwenden muss.

    Statt zunehmenden zentralistischen Entscheidungen wie durch Oragne wie die EU müssen alle Entscheidungen, soweit es irgendwie möglich ist, dezentral gefällt werden. Niemand in Bayern muss sich an einem Coffeeshop in Berlin-Kreuzberg stören und niemand in Schweden wird dadurch belästigt, wenn jemand in einer sizilianischen Gaststätte raucht.

  • Es ist meiner Meinung nach ein Problem, die richtige Form des Engagements, des Widerstands für sich zu entdecken.

     

    Bin ich gegen etwas, so will ich auch für etwas sein. Dies ist bei vielen derzeitigen Debatten schwierig. Beispielsweise finde ich es relativ einfach, gegen Nazis oder Atomkraft zu sein/demonstrieren. Themen wie internationale Wirtschaftssysteme oder Geheimdienste finde ich vielschichtiger.

     

    Nehmen wir an, ich habe das Gefühl, die Politik orientiert sich eher am Wohl der Konzerne und neoliberalen Paradigmen. Wie demonstriere ich dann? Will ich Sozialismus? Will ich reformierten Kapitalismus? Was meine ich damit? Oder bin ich einfach nur gegen das System an und für sich? Und mit welchen Gruppen kann ich mich dabei identifizieren?

    Natürlich will ich als Mensch, der niemandem etwas Böses will, nicht von Geheimdiensten ausspioniert werden. Aber will ich wirklich, dass Geheimdienste ihre Arbeit ganz aufgeben? Wie sieht denn die Balance eigentlich aus, die ich mir wünsche?

     

    Wie gesagt, ich denke Proteste gegen einzelne Projekte etc. sind häufig erfolgreicher als gegen große abstrakte Themenkomplexe.

  • Hat mich total überrascht, die Idee von Peter Grottian, der die "repräsentative Demokratie" in die Hände des Bürgers legt.

    Diesen Repräsentations-Begriff kannte ich gar nicht. Repräsentation war für mich: Stellvertretung, Fürsprechertum. D.h. die Idee, dass die Bürger die Demokratie "vertreten", hör ich zum ersten Mal.

    • @die kalte Sophie:

      Der Autor definiert seinen Begriff von repräsentativer Demokratie nicht, hält aber offenbar mehr von der direkten Demokratie. Ich habe in meiner direkten Antwort deswegen versucht deutlich zu machen, dass sich repräsentative und direkte Demokratie eigentlich nur darin unterscheiden, dass die Wähler nicht direkt mitentscheiden, sondern an ihrer Stelle die Abgeordneten entscheiden lassen. Auch diese müssen aber nach ihrer eigenen Überzeugung abstimmen und nicht nach der Weisung ihrer Partei. Sonst sieht es nur nach demokratischer Entscheidung aus, ist aber keine.

  • Ich denke, gerade die verschiedenen Medien haben hier eine große Verantwortung. Es ist zwar durchaus die Aufgabe von Journalisten, Skandale aufzudecken und zu zeigen, wo die Mächtigen im stillen Kämmerlein sich was ausklüngeln, was mit dem Willen der Bürger nichts zu tun hat. Leider ist das jedoch in den Medien oft mit der Einstellung verbunden, dass nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind.

     

    Im Gegenteil: Meines Erachtens braucht es viel mehr Berichte darüber, wie bürgerliches Engagement durchaus Erfolge erzielt hat, und seien es kleine. Ich frage mich, was geschehen würde, wenn sich mindestens zehn bis zwanzig Prozent der Zeitungsartikel hauptsächlich mit diesem Thema beschäftigen würden. Ich bin mir sicher, dass es längerfristig gesehen Menschen ermutigen würde, sich wieder zu engagieren.

     

    Aus der Skandalberichterstattung, so wichtig sie ohne jede Frage ist, lässt sich halt leider auch der Schluss ziehen: Die Mächtigen tun doch eh, was sie wollen, da haben wir doch eh keinen Einfluss drauf. Deshalb muss sie, um nicht zu Ohnmachtsgefühlen des Lesers, sondern zu einer besseren Welt zu führen, ergänzt werden durch Berichte über die kleinen Erfolge des Protests. Eben gerade die kleinen Erfolge, denn sie sind deutlich häufiger als die wahnsinnig großen.

    • @Smaragd:

      Interessanter Gedanke. Die Angst, sich für etwas zu engagieren, bei dem letztlich nichts herauskommt und nicht wahrgenommen wird, ist sicher hemmend und einer der Gründe für mangelnden Bürgereinsatz.

      • @Mojo:

        ...die größere Ängste sind wohl eher die, schon bei der Vorbereitung und der Verabredung zu einer Demo nachrichtendienstlich erfasst zu werden um dann auf der Demo gefilmt, verprügelt, verätzt, eingekesselt und Erkennungsdienstlich behandelt und dann per se kriminalisiert und als Terrorist eingestuft zu werden