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Debatte NeonaziterrorUnfassbare Mörder

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Nicht nur die Behörden haben gegenüber dem braunen Terror versagt - auch Journalisten und Politiker. Per Gesetz Pannen zu verbieten, wäre ein falscher Ansatz.

Von Pech und Unfähigkeit verfolgt? Polizisten bei der Fahndung zum NSU-Trio. Bild: dapd

D ie quälende Frage ist noch nicht beantwortet: Wie konnte es geschehen, dass das rechte Terrortrio NSU dreizehn Jahre lang unerkannt in Deutschland leben und dabei zehn Menschen ermorden konnte? Warum haben die Sicherheitsbehörden hier so offensichtlich versagt? Voraussichtlich am Donnerstag wird der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen.

Eigentlich sind die Bedingungen für die Aufklärung gut - gerade weil die entscheidenden Phasen schon lange zurückliegen. Viele Verantwortliche sind nicht mehr im Amt. Mancherorts hat sogar die Regierung gewechselt. Man kann also offen über Versäumnisse in Bund und Ländern reden.

Günstig ist auch das Klima, um über strukturelle Fragen zu sprechen. Müssen Verfassungsschutzämter zusammengelegt werden? Ist die Trennung von Polizei und Verfassungsschutz überholt? Schon im Dezember wurde ein gemeinsames "Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus" gegründet. Eine Neonazidatei soll folgen. Sogar Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will diesmal an einem Sicherheitsgesetz mitarbeiten. Die linksliberale Presse steht ebenfalls hinter den Vorhaben.

Bild: Archiv
CHRISTIAN RATH

ist Justizkorrespondent der taz und Experte für unromantische Rechtspolitik. Über die Ceska-Morde schreibt er erst seit November letzten Jahres.

Fragt sich nur, ob die Fahndung nach dem NSU-Trio überhaupt an strukturellen Problemen scheiterte. Pannen gab es zwar reichlich: Da wurden in der einen Stadt die falschen Telefonzellen überwacht und in der anderen Stadt überwachte man die richtigen Zellen zum falschen Zeitpunkt. Da konnte man die Personen auf Observationsfotos nicht sicher identifizieren. Und als die Polizei im September 2000 - noch vor dem ersten Mord - Teile der Gruppe hätte verhaften können, kam sie einen Tag zu spät. Es wirkt wie eine Serie von Pech und/oder Unfähigkeit. Doch mit welchen Gesetzen will man das verhindern?

Keine Kumpanei erkennbar

Der anfangs oft gehörte Vorwurf der Kumpanei zwischen Sicherheitsbehörden und Nazis hat sich bisher auch nicht ansatzweise bestätigt. Polizei wie Verfassungsschutz haben von 1998 bis 2001 intensiv nach den drei untergetauchten Nazis gesucht. In die pannenreiche Suche waren auch zu viele Behörden verwickelt, Absicht kann deshalb ausgeschlossen werden. Selbst die viel gescholtenen V-Leute aus dem braunen Milieu lieferten durchaus brauchbare Informationen. Dank ihrer Hilfe waren die Ermittler zeitweise einem Erfolg recht nahe.

Auch die übergeordnete Politik war keineswegs blind auf dem rechten Auge. In Thüringen war von 1994 bis 1999 mit Richard Dewes ein SPD-Politiker als Innenminister verantwortlich. Im Bund regierte ab 1998 Rot-Grün. Im Oktober 2000 rief Kanzler Schröder den "Aufstand der Anständigen" gegen rechte Gewalt aus. Im Januar 2001 beantragte die SPD ein NPD-Verbot. Eine Nazimordserie hätte da nur allzu gut gepasst. Die Fixierung auf den Islamismus als neue Gefahr erfolgte erst nach den Al-Qaida-Anschlägen vom 11. 9. 2001.

Dass die Fahndung nach dem Trio ab 2001 weitgehend eingestellt wurde, hatte profane Gründe. Die NSU-Gruppe hatte sich in der Illegalität eingerichtet und wurde nur noch von sehr wenigen Vertrauten unterstützt. Die Behörden hatten jetzt einfach keine neuen Hinweise und Ermittlungsansätze mehr. Ab 2003 waren auch die bis dahin bekannten ihnen vorgeworfenen Taten verjährt. Nun wurden die drei auch offiziell nicht mehr gesucht.

Unglaublich peinlich und rassistisch

Doch warum kam niemand auf die Idee, dass das Trio hinter der Serie von Morden an migrantischen Kleingewerblern stecken könnte? Diese Frage sollten sich viele stellen. Blind waren ja nicht nur Polizei und Verfassungsschutz, sondern auch Journalisten und Politiker, die über die Mordserie schrieben. Keiner sagte: Das müssen Nazis gewesen sein. Der Spiegel schrieb noch Anfang 2011 von einer "Allianz türkischer Nationalisten, Gangster und Geheimdienstler".

Dass Rechtsradikale in Deutschland herumfahren und Opfer per Gesichtsschuss liquidieren, das hat niemand diskutiert, das konnte sich niemand vorstellen. Organisierte Kriminalität, das kannte man. Und Ausländern traute man eh einiges zu.

Aus heutiger Sicht wirkt das alles unglaublich peinlich und rassistisch. Für die Verdächtigung der Opfer, sie seien möglicherweise Teil der organisierten Kriminalität gewesen, muss sich die deutsche Gesellschaft kollektiv entschuldigen.

Doch auch als im Sommer 2006 -endlich - ein Polizei-Profiler erkannte, dass hinter der Mordserie auch ein rassistischer Einzeltäter oder eine entsprechende Kleinstgruppe stecken könnte, half dies nicht weiter. Die Ermittlungen blieben weitere fünf Jahre lang erfolglos wie zuvor. Die richtige These allein führte also auch nicht zur Entdeckung der Täter.

Völlig anonymer Terror

Es ist dem NSU-Trio leider gelungen, einen völlig anonymen Terror zu verbreiten. Auch als ganz Deutschland von Fememorden einer ominösen türkischen Mafia ausging, gaben sich die Nazis nicht als Urheber zu erkennen. Das Verschicken von Bekennervideos hoben sie sich als letzten Triumph bis zu ihrem Ende im November 2011 auf. Sie arbeiteten so abgeschottet, dass möglicherweise nicht einmal ihre engsten Unterstützer wussten, dass die drei hinter den Ceska-Morden stecken.

Es scheint, als hätte das NSU-Trio nur in einem echten Überwachungsstaat sicher gefasst werden können. In einem Staat, in dem niemand unerkannt untertauchen kann, in dem niemand mit fremden Pässen durch den Alltag kommt, in dem alle Reisen registriert und Bewegungsbilder noch nach Jahren erstellt werden können. Deutschland ist weit davon entfernt, ein solcher Überwachungsstaat zu sein. Zum Glück.

Der Untersuchungsausschuss mag ergeben, dass Polizei und Verfassungsschutz besser kooperieren müssen - jedenfalls besser als in Thüringen zu jener Zeit. Dagegen ist nichts zu sagen. Ein Rechtsstaat muss Behördenegoismus nicht zum Prinzip erklären. Wer aber fordert, dass eine derartige Mordserie in Zukunft "nie wieder" passieren kann, der verlangt faktisch die Abschaffung des freiheitlichen Gemeinwesens und den Aufbau eines totalitären Sicherheitsstaats.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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17 Kommentare

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  • R
    rene

    eine kumpanei ist also nicht erkennbar?soso...ich kann herrn raths motive nicht verstehen,warum dieses plädoyer für den VS in der taz?

    ich will keinen überwachungsstaat,ich will die abschaffung des VS!!

  • DI
    da ist was dran

    " Blind waren ja nicht nur Polizei und Verfassungsschutz, sondern auch Journalisten und Politiker, die über die Mordserie schrieben. "

     

    Was schon allein dieser Artikel zeigt.

    Ist die Trennung von Presse und Verfassungsschutz überholt?

  • MR
    Monika Reinhard

    Welche Rolle die Geheimdienste gespielt haben, bleibt unklar. Voreilige Schlüsse wie dieser hier verbieten sich daher.

     

    Vielmehr, nachdem die öffentliche Aufmerksamkeit abnimmt, beginnen die Behörden zu mauern, vgl. http://www.freitag.de/politik/1203-ein-tolles-spektakel-mit-viel-haudrauf

     

    Das Motto dieses Kommentars klingt nach: Nicht recherchieren, keine Fragen stellen - der Staat wird wohl sein Bestes getan haben. Dabei bleiben viele Spuren nicht verfolgt. vgl. http://www.dasdossier.de/magazin/macht/sicherheit/tatort-netzwerk

  • WH
    Werner Hürth

    Dieser Beitrag ist die peinlichste Kapitulation des Journalismus seit Langem.

     

    "Der anfangs oft gehörte Vorwurf der Kumpanei zwischen Sicherheitsbehörden und Nazis hat sich bisher auch nicht ansatzweise bestätigt." Wer hat den Thüringer Heimatschutz aufgebaut?

     

    "Auch die übergeordnete Politik war keineswegs blind auf dem rechten Auge." Selbst Roewer sagte: "Die Jena-Sache ging, nachdem sie passiert war, in diesen Vorgang als möglicher Zusammenhang mit ein. Der misslungene Ablauf der polizeilichen Aktion weckte den Verdacht, es könnte absichtsvoll etwas schiefgegangen sein." (Quelle: Die Zeit 48/2011)

     

    "Ab 2003 waren auch die bis dahin bekannten ihnen vorgeworfenen Taten verjährt. Nun wurden die drei auch offiziell nicht mehr gesucht." Die Taten von Böhnhardt waren noch nicht verjährt. Wenn Leute, die Bomben bauen und untergetaucht sind, nicht weiter gesucht werden, ist das absolut unverständlich.

     

    "Und Ausländern traute man eh einiges zu." Wer ist man? Sie?

     

    "Es ist dem NSU-Trio leider gelungen, einen völlig anonymen Terror zu verbreiten." Schonmal von Daniel Giese gehört?

     

    "Es scheint, als hätte das NSU-Trio nur in einem echten Überwachungsstaat sicher gefasst werden können." Wie bitte? Man ist diesen Leuten mit VS, LKA, BKA, MAD, BND auf der Spur gewesen. Und hat diese dann einfach nicht weiter verfolgt.

     

    Fazit: Das alles klingt wie eine Rechtfertigungsrede des VS. Die Frage nach dem Netzwerk hinter der NSU wird natürlich nicht gestellt. Jede Kritik wird vorgreifend kassiert, bevor auch nur alle Spuren vefolgt worden sind. Das ist widerlich!

  • S
    Stefan

    Ne, den Rechtsstaat abschaffen will ja keiner, aber wenn man alle Nazis und unter Nazi-Verdacht stehende Bürger schärfstens überwacht, dann ist Deutschland ein Paradies. Dann braucht man nur noch unliebsame Mitbürger als rechts zu denunzieren, und wech isser. ...wie in der guten alten Zeit der Hexenverbrennungen.

  • T
    tommy

    "Für die Verdächtigung der Opfer, sie seien möglicherweise Teil der organisierten Kriminalität gewesen, muss sich die deutsche Gesellschaft kollektiv entschuldigen."

     

    Ich würde mal eher sagen, die deutschen Medien sollten sich kollektiv entschuldigen. Spätestens seit dem Gutachten des Münchner Profilers hätte man ja vermuten können, dass das Motiv Hass auf Türken war. Ich (selbst politisch eher "rechts" orientiert, wozu heute aber ja nicht mehr viel gehört) bin nach einem entsprechenden Bericht (in der ARD glaube ich) schon seit Jahren davon ausgegangen, dass hier das Motiv liegt, auch wenn ich da an einen einzeln agierenden Serienmörder, nicht an eine Nazigruppe dachte. Dass Medien wie Spiegel trotzdem ihre Räuberpistolen weiter veröffentlichten, ist deren Schuld, nicht die der deutschen Bürger in ihrer Gesamtheit.

    Ansonsten für taz-Verhältnisse ein erstaunlich sachlicher Artikel.

  • O
    Ostprodukt

    Einspruch, Euer Ehren! Ihren Optimismus, Herr Rath, teile ich überhaupt nicht: Der "Neonazidatei" hat man bereits jetzt die Füße so festgenagelt, dass sie gar nicht erst ins Laufen kommt. VS auflösen? In die Polizei integrieren? VS-Ämter zusammenlegen? Gott bewahre - doch nicht bei uns im saturierten Deutschland, wo das Wort "Reform" (dank Schröder & Co.) nur noch ein Fluchen auslöst und "Revolution" dank der Werbebranche längst zur Hure verkommen ist!

     

    Die Sicherheitsbehörden und ihre bezahlten V-Männer haben einfach kläglich versagt - und zwar nicht nur im Osten und nicht nur beim "NSU". Man denke nur an Martin Wiese oder die "Wehrsportgruppe Hoffmann"! Bei Polizei, VS und Justiz fehlt es einfach massenhaft an Leuten mit dem Herzen auf dem "linken Fleck", die die Demokratie konsequent verteidigen und systematisch alle legalen Mittel anwenden, um den Nazis die Luft dünn werden zu lassen - da liegt der Hund begraben!

  • H
    horst

    was für ein unerträglicher unfug.

    die ämter für verfassungsschutz haben schlicht und einfach ihre arbeit nicht gemacht. punkt.

     

    das jetzt den journalisten und politiker hals zu hängen, ist zwar nicht restlos falsch. denn sie haben sich wahrlich auch nicht mit ruhm bekleckert.

     

    aber verantwortlich sind die deutschen sicherheitsbehörden, die nazis hätscheln und hysterische anfälle bekommen, wenn mal jemand die systemfrage stellt.

  • J
    juhela

    Herr Rath, in Freiburg gibt es eine Antifa-Gruppe. Dort sollten Sie sich informieren, bevor Sie wieder einmal etwas zum Rechtsextremismus schreiben. In den dpa Meldungen finden Sie natürlich nichts. Über 180 Tote in den letzten 20 Jahren, sprechen eine deutliche Sprache. Oh entschuldigung, das waren ja immer Einzeltäter, so will man uns glauben machen. Die Freien Kameradschaften sind ja nichts anderes, als der örtliche Kegelclub. Mensch, wie naiv darf man eigentlich sein. Und zu den "Pannen" - ich bin zu alt, um an Zufälle zu glauben. Natürlich haben die V-Leute Informationen geliefert, aber in beide Richtungen. Ich hoffe es dauert keine weiteren 10 Jahre, bis irgendjemand von den Ermittlungsbehörden auf die Idee kommt, einmal die Kameradschaften an den Tatorten, genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Täter sind doch nicht aus Zufall nach Nürnberg oder Kassel gefahren. Da gab es Verbindungsleute.

  • D
    daweed

    falsche Schlussfolgerung, denn nicht der Verfassungsschutz sollte enger mit der Polizei zusammenarbeiten. Diese ganze unkontroliert Instanz Verfassungsschutz gehört abgeschafft.

     

    Wer Nazis dafür bezahlt, lächerliche (oder schon innerhalb rechter Kreise abgesprochene) Informationen zu erhalten, der hat den Inhalt seines Jobs verfehlt.

     

    Noch dazu schützt der Verfassungschutz nicht die Verfassung(es gibt ja keine!), sondern eher die Interessen der lobbyistengesteuerten Parteien, die die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreiben...

  • HL
    Harold L

    Zumindest eine Aussage des Artikels kann m.E. nicht unwidersprochen hingenommen werden:

    "Für die Verdächtigung der Opfer, sie seien möglicherweise Teil der organisierten Kriminalität gewesen, muss sich die deutsche Gesellschaft kollektiv entschuldigen."

    Die Frage ist doch: Wer hat diese Verdächtigung in die Welt gesetzt - und wer hat sie dann geglaubt? Es war doch die Polizei, die - z.B. in Person von Josef Wilfling - bis heute ins Feld führt, dass "zumindest in einem Fall" Verbindungen der Opfer ins kriminelle Milieu nachgewiesen werden konnten. beklagt wurde auch eine "Mauer des Schweigens" seitens der Angehörigen, die die Ermittlungen behindert hätte. Wenn nun ein ermittelnder Beamter in der Öffentlichkeit diese Dinge behauptet, ist es schwer, ohne harte Fakten, nur mit der schlichten Vermutung, es könne sich auch um rechstradikle Täter handeln, dem zu widersprechen.

    Ich erinnere mich ebenfalls daran, dass noch zur Zeit der Mordserie Profiler eben einen solchen rechtsradikalen Hintergrund ausgeschlossen haben, weil ja eben kein Bekennerschreben o.Ä. gefunden wurde.

    Es zeigt sich m.E. sehr deutlich, dass das Bild, das die Polizei sich von dem jeweiligen Gegenüber (Täter, Opfer, Zeugen) macht, von einer gelinde gesagt falschen, deutlicher formuliert krass ausländerfeindlichen Sichtweise geprägt ist: 'Wenn Türken Opfer sind, müssen sie ja Dreck am Stecken haben. Wenn Angehörige keine brauchbaren Hinweise geben, dann habe sie etwas zu verbergen.'

    Im übrigen hält der genannte Polizist bis heute an der Einstellung fest, dass dies so richtig gewesen sei. Ein Hinweis darauf, dass Lernfähigkeit nicht gerade die größte Stärke der Polizei ist.

    Ebenso stereotyp ist auch die Annahme, dass sich alle Terroristen so verhalten würden, wie die RAF: immer brav ein Bekennerschreiben senden und damit der Polzei Ermittlungshilfe leisten.

    Solange die Polzei - oder andere Ermittlungsbehörden - sich von ihren verhärteten stereotypen Denkmustern nicht lösen, werden solche 'Ermittlungspannen' wieder vorkommen.

  • JM
    Just me

    Och nö,

     

    "Für die Verdächtigung der Opfer, sie seien möglicherweise Teil der organisierten Kriminalität gewesen, muss sich die deutsche Gesellschaft kollektiv entschuldigen."

     

    Was soll das?

     

    Muss sich die komplette Türkei jetzt für jeden Ehrenmord von ausgewanderten Türken entschuldigen?

    Oder jeder Amerikaner für Abu Ghureib?

    Wo führt das hin?

     

    Ich habe Mitleid mit JEDEM Gewaltopfer, egal welcher Herkunft. Aber ich identifiziere mich bestimmt nicht mit irgendwelchen Spinnernazis und entschuldige mich in deren Namen. So weit kommt's noch!

  • A
    Atan

    Auch wenn wir tatsächlich noch ein bisschen abwarten sollten, bis die Arbeit der Verfassungsschützler wirklich untersucht worden ist (sie erscheint im Licht der bisherigen Meldungen jedenfalls äusserst fragwürdig und unproduktiv, gelinde gesagt), finde ich die Ehrlichkeit von Raths Kommentar wirklich erfrischend. Mir erscheint es jedenfalls äusserst schizophren, die Besonderheiten der NSU-Killer plötzlich nicht mehr zur Kenntnis nehmen zu wollen. Terrorismus ohne Bekennerschreiben gegen Durchschnittsbürger ist schlicht nicht als Terrorismus zu erkennen, weil die wichtigste Kennzeichen und Verdachtsmerkmale fehlen. Und prophylaktisch "Nazi, Nazi" zu schreien, hat schon zu bizarren Medienirrtümern (siehe Sebnitz) geführt, die den Rechtsradikalen zu einem völlig unverdienten "Unschuldsbonus" verhalfen.

     

    Ich begreife auch nicht, warum z.B. niemand die Tatsache irritierend findet, dass genau jetzt, zur gleichen Zeit, zwei norddeutsche Serienmörder entlarvt wurden, die ebenfalls über Jahrzehnte unentdeckt blieben, bei deren Fahndung ebenfalls diverse Unschuldige verdächtigt wurden und bei denen weiterhin völlig unklar ist, ob ihre Taten bisher überhaupt komplett bekannt sind. So schrecklich es ist, solche Dinge kommen vor, und sie kosten v.a. Frauen und Kinder das Leben.

    Für mich dennoch kein Grund plötzlich nach dem Polizeistaat zu rufen. Unsere freie Gesellschaft hat nun einmal ihre Feinde und Bestien, dass erfordert Wachsamkeit ohne Hysterie und große Solidarität mit den Opfern.

  • U
    Unwichtig

    Als ich die Bilder von dem Fahrradbomber in Köln damals sah, wusste ich sofort das es sich um einen Nazi handelt. Von wegen Schutzgelderpressung. Nicht nur die Gesichtzüge des auf den Überwachungsvideo erkannbaren menschen waren total untürkisch - auch die Art und Weise. Als ob irgendein Mafiamann da ein mit einer Nagelbombe bestücktes Fahrrad durch die Gegend schieben würde. Aber die Polizei wusste direkt bescheid. Das ist einfach nur bezeichnend.

     

    Aber das allerbeste ist ja, dass an dem Tag, an dem die Polizistin ermordet wurde, der Amerikanische Geheimdienst - welcher in diesem konkreten Fall mit Deutschen Sicherheitsdiensten zusammenarbeitete - wusste, dass die Beamtin von Rechten umgebracht wurde!!! Das ist doch der Knaller schlechthin.

  • W
    Wossi

    Leider falsch!

     

    In Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt hätte es keinen Überwachungsstaat gebraucht, um die rechte Terrorgefahr zu erkennen, potentielle rechte Terrorkandidaten zu identifizieren und zu isolieren und so den NSU-Anschlägen zuvorzukommen.

     

    Herr Raths Perspektive scheint mir hier doch sehr die aus dem beschaulichen Freiburg im Breisgau zu sein. Aber dann tausche er mal das U gegen ein E aus und begebe sich für ein paar Jahre zum Leben in das für einen engagierten Demokraten gar nicht so beschauliche Freiberg in Sachsen, nur um ein Beispiel zu nennen.

     

    Dort laufen die braunen Terrorkandidaten ganz offen rum und machen aus ihren Ansichten keinen Hehl. Politik, Polizei, Verfassungsschutz und Honoratioren vor Ort sind aber voll und ganz damit beschäftigt, antifaschistische Aufklärung über den braunen Mob mundtot zu machen und engagierte Demokraten zu bekämpfen.

     

    Oder wie es der Landtagspräsident von Sachsen-Anhalt gerade gestern in einem Interview sagte: „Ich halte nämlich nichts von so manchen Aktionen und Veranstaltungen linksorientierter Institutionen, die nur politisch gleichgesinnte Bürger bespaßen und nicht die eigentlichen Zielgruppen sowie den angestrebten Zweck erreichen.“ (vgl. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1326700675954&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546)

     

    Ich habe sieben Jahre lang in der ostdeutschen Provinz gelebt. Wo konkret und in welchem Ausmaß die Rechten zuschlagen würden, das konnte ich in der ganzen Zeit selbstverständlich nicht wissen. Ich war schließlich nicht bei den Sicherheitsbehörden beschäftigt. Dass ich aber von rechten Terrorkandidaten umgeben war, das war mir immer bewusst. Dazu musste ich nicht beim den Sicherheitsbehörden beschäftigt sein.

     

    Herr Rath besuche ich gerne mal in Freiburg, um das Freiberg und die ganze Region drum rum mache ich aber seit den sieben Jahren einen riesigen Bogen. In diesem Sinne: ¡No Pasarán!

  • MN
    Mein Name

    Wer sich in den letzten 10, 15 Jahren umfassend zum Thema Rechtsextremismus in Deutschland informieren hätte wollen, der hätte nur zum Bahnhofskiosk fahren und sich eine Ausgabe des Magazins konkret kaufen müssen.

    In keinem anderen deutschen Presseerzeugnis ist über Jahre hinweg gut recherchiert über Tendenzen und Entwicklungen in der braunen Szene (und der Blindheit auf dem rechten Auge der Behörden...) berichtet worden.

  • EM
    egon mayer

    herr rath,

     

    mir ist wirklich rätselhaft, wie sie zu ihrer einschätzunh kommen.

    die täter konnten sich offenbar - und ganz im gegensatz zur raf - wie fische im wasser bewegen, konnten sich auf die unterstützungsstruktur der weitgehend unbehelligten kameradschaften verlassen, aber auch auf eine rassistische und nationalistische grundstimmung.

    zu den sicherheitsbehörden: da sind nicht nur die vielen pannen und die offenbar rechts abgedrifteten einzel-schreibtischtäter beim vs (wie roewer). wer wissen will, wie die sicherheitsbehörden so ticken, sollte sich an den (ex?-)nazi manuel bauer halten, siehe netz-gegen-nazis.de:

     

    "Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Leute im Verfassungsschutz nicht anders gedacht haben als wir", sagt Bauer. Dem Thüringer Verfassungsschutz wirft er "komplettes Versagen" vor, und er hat auch eine Erklärung dafür: "Viele Beamte waren wohl zu sehr involviert, deshalb haben sie nicht so gut gearbeitet."

     

    dies alles taucht in raths theorie nicht auf. warum nicht?