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Debatte EnergiewendeDer nächste Solarboom

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Warum die große Zeit der Photovoltaik erst jetzt beginnt. Und was die Röslers und Oettingers sich dagegen noch einfallen lassen werden.

Kleine Anlagen auf privaten Dächern, Fassaden und Balkonen, werden gefragt sein Bild: dpa

E s ist ja fast schon putzig, dieses Beharren auf den Realitäten der Vergangenheit. Da reden die Röslers und Oettingers noch immer über die Photovoltaik als ach so teure Energiequelle – und merken gar nicht, dass dies längst Schnee von gestern ist. Vor fünf Jahren war Strom aus Sonnenlicht durchaus noch relativ teuer. Heute aber produzieren neue Photovoltaikanlagen billiger Strom als jeder Offshore-Windpark und jedes Geothermiekraftwerk.

Entsprechend niedrig sind inzwischen die Einspeisevergütungen: Wer in diesen Wochen eine Solarstromanlage auf seinem Hausdach ans Netz bringt, erhält noch 15,35 Cent pro eingespeister Kilowattstunde als Vergütung. Das ist schon deutlich weniger, als der Steckdosenstrom kostet, sodass die Hausdach-Photovoltaik an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit steht.

Zwei Prognosen seien daher an dieser Stelle gewagt. Erstens: Deutschland steht vor einem neuen Solarboom. Anders als der erste Boom in den letzten Jahren wird dieser aber aus eigener Kraft erfolgen; er wird keine Einspeisevergütungen mehr benötigen, sondern schlicht vom Bestreben getrieben sein, mit der Photovoltaik den Strombezug aus dem Netz zu reduzieren.

Bild: taz
Bernward Janzing

ist Autor der taz.

Die nach der Bundestagswahl anstehende gründliche Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird deswegen die Photovoltaik nicht mehr grundsätzlich in Frage stellen können. Was will man hier auch noch groß kürzen? Schon nach dem aktuell geltenden Gesetz werden kleine, neu installierte Dachanlagen im nächsten Sommer nur noch rund 12 Cent je Kilowattstunde erhalten. Denn mit jedem Monatswechsel sinken inzwischen die Vergütungssätze.

Solarstrom lieber selbst verbrauchen

Entsprechend verlieren die Einspeisekonditionen für die Photovoltaik stetig an Bedeutung. Künftig werden Anlagenbetreiber deshalb folgendermaßen rechnen: 12 Cent kostet der Strom vom Dach, der Strom aus dem Netz hingegen gut das Doppelte. Also verbraucht man den Solarstrom – wo immer sinnvoll – lieber selbst. Und bei einer Preisspanne von rund 15 Cent zwischen Solarstrom und Netzstrom wird auch Speichertechnik langsam interessant.

Daher ist auch auf der Messe Intersolar, die am Mittwoch in München begann, Speicherung das dominierende Thema. Und all den Röslers, die offenbar noch immer glauben, sie könnten durch eine nochmalige rabiate Kürzung der Vergütungen die Photovoltaik doch noch plattmachen, sei gesagt: Dazu ist es zu spät.

Die Technik hat sich durch Eigenverbrauchslösungen von der Förderung emanzipiert. Auch industriepolitisch ist das für Deutschland eine willkommene Entwicklung, denn die Eigenverbrauchsanlagen bieten der heimischen Solarwirtschaft gute Perspektiven – selbst wenn es keine Strafzölle für chinesische Ware gäbe.

Aus einem einfachen Grund: Wenn weniger die Großanlagen den Markt dominieren, sondern kleine Anlagen auf privaten Dächern, an Fassaden und Balkonen, werden individuellere Modultypen gefragt sein. Und das kommt deutschen Herstellern entgegen: Während die Chinesen die Massenware für Freilandparks einfach billiger fertigen können als die Deutschen, wird man Sonderformen besser aus heimischen Fabriken anbieten können.

Neue Modultypen im Kommen

Denn wenn die Photovoltaik durch Eigennutzung des Stroms zum festen Bestandteil der Architektur wird, braucht man eine enorme Produktvielfalt. Dann wird der Markt Solarzellen in verschieden Farbtönen verlangen, er wird vielfältige Formate und Bauformen nachfragen: Warum nicht mal dreieckige oder trapezförmige Module für eine individuelle Baugestaltung?

Oder halbtransparente Module, die als Verschattungselemente eingesetzt werden? Man wird außerdem Kleinanlagen sehen, die von Mietern an ihrem Balkongeländer angebracht werden. Beim Auszug sind sie einfach zu demontieren; auch Mieter wollen schließlich den günstigen Strom von der Sonne nutzen.

So sind die Perspektiven nicht schlecht für die deutsche Solarwirtschaft und für die solare Energiewende. Trotzdem gibt es ein Risiko, und das führt nun zur zweiten Prognose: Die Lobby der Kohlekraft (zusammen mit den letzten versprengten Atomlobbyisten) wird natürlich weiterhin gegen die Sonnenkraft agitieren.

Denn die Photovoltaik ist für die etablierten Kraftwerksbetreiber so heikel wie keine andere erneuerbare Energie; eine derart dezentrale Erzeugung kriegen die Konzerne schließlich selbst nicht bewerkstelligt.

Kommt die Solarsteuer?

Wenn nun die Vertreter der alten Stromwirtschaft in den nächsten Monaten und Jahren feststellen werden, dass die Photovoltaik auch bei kompletter Abschaffung der Förderung nicht totzukriegen ist, werden sie neue Geschütze auffahren. Dann werden sie garantiert versuchen, die Photovoltaik aktiv zu behindern.

Sie werden eine Solarbremse, eine Art Solarsteuer fordern. Natürlich werden sie diese nicht unverblümt so benennen, sondern sich Euphemismen einfallen lassen. Und deswegen steht die Prognose eines Solarbooms 2.0 unter dem Vorbehalt, dass der Solarenergie keine zusätzlichen Schikanen in der Nach-EEG-Ära auferlegt werden.

Das Risiko besteht, denn die Apologeten der alten Energiewelt werden nichts unversucht lassen, den Siegeszug der Photovoltaik weiter zu torpedieren. Schließlich ist der Gedanke an Solarstromanlagen, die ohne Förderung rentabel sind, für sie nicht allein aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ideologischen Gründen unerträglich.

Haben die betreffenden Akteure doch immer wieder betont, dass sich Solarstrom hierzulande niemals lohnen kann. Da ist es hart, wenn die Realität das Gegenteil beweist. Es wird also spannend sein zu beobachten, wie die Röslers der Nation, die immer das Wort vom Markt im Munde führen, plötzlich Eingriffe in den Markt fordern werden, sobald die Photovoltaik sich in steigendem Maße alleine behauptet.

Diese Eingriffe abzuwehren, wird in den nächsten Jahren ein zentraler Punkt sein für jeden, der die Energiewende unterstützt. Denn eine von oben betriebene Verteuerung des Photovoltaikstroms ist in der Tat die einzige Gefahr, die dem Solarboom droht. Die Debatte um Einspeisevergütungen hat sich unterdessen überlebt.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Jede neue Solaranlage mit Selbstverbrauch erhöht trotzdem die asoziale EEG-Umlage. Denn wer selbst Solarstrom erzeugt, nimmt keinen eingespeisten Solarstrom mehr ab. Da alle Solaranlagen nur zur gleichen Zeit Strom produzieren, sinkt durch das Überangebot zu dieser Zeit der Marktpreis des Stroms weiter ins Negative. D.h. die Solaranlagen, deren Herstellung wertvolle Ressourcen verbraucht hat, produzieren selbst wertlose Güter, die sofort nach der Produktion mühsam entsorgt werden müssen. Daher kann ich für mich auch die Installation einer Solaranlage für den Eigenverbrauch ethisch nicht vertreten.

  • KM
    Kleiner Mann

    Wieder typisch Herr Janzing. Immer die Rollenklischees bedienen, da hat man die Lacher immer auf seiner Seite.

     

    Die "Solarsteuer" wird kommen müssen, das ist einfach eine Frage der Solidarität mit der Gemeinschaft der Stromverbraucher. Diejenigen, die sich keine Anlage bauen können/dürfen/wollen zahlen am Ende für die Energiewende allein, das ist heute schon der Fall.

     

    Wie man sieht, Herr Janzing: Die Debatte über die Einspeisevergütung geht dann eben erst wieder richtig los!

  • TL
    Tim Leuther

    "Billiger als einOffshore-Windpark und und ein Geothermiekraftwerk."

     

    Das ist wie "Das Auto ist billiger als ein Porsche"

  • HS
    Hari Seldon

    @lentz

     

    1. Sie sollten der Stromverbrauchstatistiken studieren. Diese Statistiken für die letzten x-Jahrzenten stehen zur Verfügung, und sind in Widerspruch mit Ihrer Aussagen. Die Situation wird noch schwieriger sein falls auch die E-Autos boomen werden. Ausserdem schwenkt die Verfügbarkeit des Solarstroms auch tagsüber (wie bei mobile Internet gibt es auch wetterbedingte "Herausforderungen").

     

    2. Solarword würde ich nicht als "Weltmarktführer" sondern eher als Pleitefirma einstufen. Gerade Solarworld is ein Paradebeispiel dafür, wie ein Schwindler und großmauliger Schwätzer die Staat (und die Steuerzahler) sehr gut abzocken kann.

     

    3. Mein Vorschlag bleibt: Die Sonnenenergie-Fans sollten Sonnenenergie erhalten aber nur dann, wenn Solarenergie tatsächlich erhältlich wäre, und die FANS (nicht die ganze Bevölkerung) sollten die Rechnung für das eigene Steckenpferd (oder Pseudoreligion) bezahlen.

  • DL
    dem lentz

    @Hari Seldon

    der große vorteil von pv liegt darin das der strom dann produziert wird wenn er gebraucht wird:

    während des arbeitstages, der verbrauchsspitze

    im sommer, wenn der stromverbrauch höher ist als im winter da kühlung energieintensiever als heitzung ist und im gegensatz zu dieser elektrisch erzeugt wird.

    aufs gesammtnetz betrachtet bedarf daher gerade pv keiner speicher, oder erst wenn sie alleine die 60% erzeugungsanteil überschreitet.

    erzeugungsenergie ist nach 2-3 resp 5 jahren wieder drinn.

    zu ihrer kapitalismuskritik:

    der hatt ein weltmarktführer-unternehmen aufgebaut und der wunsch rwe's es zu übernehmen hatt zum versenken sämmtlicher hiesiger pv-produzenten(alle ans ausland verkauft-wo diese lächerliche propagandaschlacht nicht tobt weis man was diese betriebe wert sind) durch jouristisch grenzwertige regierungseingriffe geführt

    "take the money and run" ist da ein naheliegender gedanke

  • HS
    Hari Seldon

    @lesen hilft:

     

    Bitte, Sie schreiben: "Wenn kleine Speicher Marktreife erlangen".

     

    Nun, es gibt nocht keine geeignete Speicher für elektrische Energie. Nehmen wir an, dass heute (27.Juni 2013) ein Durchbruch erzield wird. Dann braucht die Marktreife noch mindestens 15-20 Jahre,...

     

    So wenn die geeigneten Speichertechnologien zur Verfügung stehen, dann könnte ein Solarboom kommen. Aber bis dahin geht es nur um Industrielobby für Extraprofitabsahnung durch eine künstlich aufgezüchtete Industrie.

     

    Bitte, erst Gehirn einschalte, dann schwätzen, oder Sie sollten auf Gold setzen ("Schweigen ist Gold"): Gold ist sogar noch heute eine bessere Invest als Solaraktien (s. die Pleite von Solarworld). Genauer gesagt: Für einige sehr Wenige ist das Solargeschäft eine gute Investition (der Chef hat noch ein Schloss gekauft und fährt Maserati aus den Subventitionen von den deutschen Steuerzahler), und die armen Mitarbeitern wird in den A..ch getreten, und sie werden auf die Strasse gesetzt. Und China freut sich auf das Geldgeschenk aus Deutschland.

     

    Übrigens, wie sieht die Ernergiebilanz der Solarzellen aus (die Herstellung der Solarzellen ist sehr energieintensiv)? Geht es hier nicht darum, dass die in D eingesparte Energie in einem anderen Land durch Fenster rausgeschmissen wird?

  • LH
    Lesen hilft

    @Hari Seldon

    @luris

     

    Im Artikel ist genau davon die Rede, dass die Entwicklung von Speichertechniken interessant wird. Wenn kleine Speicher Marktreife erlangen, kann der Strom eben auch dann verbraucht werden, wenn die Sonne nicht scheint.

     

    Also erst lesen und dann überlegen, welche Argumente man aus der Mottenkiste holen kann ohne sich zu blamieren.

  • C
    Christian

    @Hari Seldon

     

    Natürlich sind die Stromgestehungskosten für Solarstrom immer noch deutlich höher als für andere Stromquellen. Aber darum geht es ja nicht. Gerade weil er dezentral erzeugt wird, fallen eben keine Transportgebühren und Steuern an. Und dadurch kann er sich eben doch lohnen. Und mit der entsprechend unregelmäßigen Abnahme müssen die Stromerzeuger so oder so fertig werden. Da werden die überhaupt nicht gefragt. Sie sollten also lieber schnell sehen, dass sie Lösungen parat haben anstatt zu sagen „das geht alles nicht“. Tja, geht nicht? Too bad.

  • S
    S.W.

    Sonderformen für Solarmodule? Hervorragende Idee! Was es derzeit am Markt gibt ist so grauenvoll scheußlich, dass es einem fast die Energiewende vergällen könnte. Es ist höchste Zeit die Sonnenenergie mit der Ästhetik zu versöhnen.

  • HS
    Hari Seldon

    @janzing:

     

    Bitte, Sie schreiben: "12 Cent kostet der Strom vom Dach, der Strom aus dem Netz hingegen gut das Doppelte".

     

    1. Nun, der staatliche Anteil im Preis für Strom aus der Steckdose ist MEHR ALS 50%, so jeder Grundschulkind kann sofort kalkulieren, dass Solarstrom eigentlich NICHT GÜNSTIGER ist als Strom aus der Steckdose. Ausserdem ist aus dem staatlichen Anteil grössenteils gerade Sonnen- und Windmühlenstrom SUBVENTIONIERT, so ohne doe Subventionen wären Solar- und Windmühlenstrom auch viel teuerer. Und die Investitionen für die Solar- und Windmühlenstrom sind überhaupt nicht eingerechnet. Ohne Subventionen (eigentlich ohne Wiederverteilung vom Steuergeld) würden die "Investoren" auch nicht investieren. Eigentlich geht es hier um die Absahnung des Extraprofits durch einige Wenigen, aber die Rechnung bezahlt die ganze Bevölkerung. Und China freut sich auf neue Arbeitsplätze finanziert durch Subventionen (Steuer) aus Deutschland.

     

    Hier geht es um Industrielobbyismusfür einen künstlich aufgezüchteten Industriezweig.

     

    2. Nun, die Sonne staht NICHT IMMER zur Verfügung. Auf gut Deutsch ist die Versorgung mit Solarstrom nicht stabil. Wäre gespannt, was Ihre Familien sagen würde, wenn der Familie nur dann Strom erhalten könnte, wenn Solarstrom tatsächlich zur Verfügung steht (und Ihre Familie die wirklichen (ohne Subventionen) Kosten bezahlen müsste).

  • L
    luris

    Die Entwicklung wird interessant. Klasse, wenn die Einspeisevergütungen gekippt werden. Dann kann jeder entscheiden, ob er für Zufallssstrom zwischen 11:00 und 16:00h im Sommer 12 ct/kWh bezahlt. Vielleicht gibt es dann ja sogar transportable Lösungen. Die würde ich dann in das Büro mitnehmen. Und abends puste ich dann ins Windrad.

  • A
    Ardmann

    Ja das klingt überzeugend und realistisch. Warum ist niemand von der Grünen Partei oder von der SPD in der Lage, so etwas in einfachen klaren Worten darzustellen und in den Vordergrund ihrer Kampagne zu stellen.

     

    Es geht wirklich um die Zukunft dieses Landes und gegen die Besitzstandswahrer und Kapitalistenknechte.

  • DL
    dem lentz

    die linie ist jawohl klar:

    sämtliche produzierte elektrische energie wird versteuert und mit netzabgabe belegt.

    wer das komerziel tut kann abrechnen der rest muss abdrücken.

    schon alein die montagekosten (zähler etc) werden das ganze mindestens 5 jahre unwirtschaftlich machen und für nichteigentümer eigentlich undurchführbar

    weshalb man dann wieder die mieter gegen die "reichen solarprofiteure" ausspielen kann, was bei mitbesitz an produktionsmitteln durch jedermann schwierig würde.

     

    (solare kleingerätemüssten diese abgabe irgendwie pauschal auf den preis drauf kriegen, ähnlich wie einst kasseten die gemagebüren, aber ein verbot wie einst bei modems ist auch denkbar)

  • T
    Teermaschine

    Mit Bautrapezen im Kopf...

     

    ...sind natürlich Speichersysteme nurmehr eine interessante Petitesse. Sobald es aber nicht mehr ganz so heftig blitzt und blinkt im Oberstübchen dürfte auch dem vollflächig Fehlvertakteten auffallen, dass auch Autos immer noch mit ziemlich antiquierten Wärmekraftmaschinen unterwegs sind. Warum nur?

  • V
    vic

    Guter Bericht, gefällt mir.

    Ich bin auch sehr gespannt, was Rösler & Co. sich dagegen einfallen lassen werden.