Datenschutzbehörden ohne Macht: Kaum etwas erreicht
Das Vorgehen des Hamburger Datenschutzbeauftragten gegen Clearview wirkt auf den ersten Blick ermutigend. Tatsächlich aber fehlt es an Macht.
D ie Nachricht klingt erst einmal vielversprechend: Da ist ein US-Unternehmen, das offensichtlich illegal Daten und Fotos von EU-Bürger:innen zum Aufbau einer Überwachungsdatenbank sammelt – und der Hamburgische Datenschutzbeauftragte grätscht dazwischen und sorgt dafür, dass die Daten eines Betroffenen gelöscht werden. Davon abgesehen, dass sich Clearview AI noch gegen die Forderung des Datenschutzbeauftragten wehren kann: Selbst wenn die Forderung erfüllt wird, ist damit kaum etwas erreicht.
Nichts wird sich an der skrupellosen Praxis eines solchen Unternehmens ändern, solange Datenschutzinstitutionen weiterhin so machtlos sind. Die Organisation NOYB, die sich für digitale Bürger:innenrechte einsetzt, meint: Der Datenschutzbeauftragte hätte mutiger sein sollen und ein europaweites Verbot für das Unternehmen aussprechen können.
Die Datenschutzbehörde jedoch sagt, sie könne nur in ihr bekannten Einzelfällen eingreifen. Wer von beiden recht hat, ist fast egal. So oder so zeigt es, wie schwach diejenigen staatlichen Institutionen sind, die die Daten von Bürger:innen schützen sollen.
Das ist auch kaum verwunderlich: Die europäischen Staaten haben selbst Institutionen – konkret: Ermittlungsbehörden –, die sich durch derartige Firmen eine Erleichterung ihrer Arbeit erhoffen dürfen. Es ist ja nicht so, dass nur in den bösen USA Staat und Unternehmen Hand in Hand die Überwachung vorantreiben. Die Sicherheitsbehörden der übergroßen Mehrheit der europäischen Staaten haben die Datenbank von Clearview schon einmal für eigene Zwecke genutzt.
Und auch die Hamburger Politik hat für ihre Polizei mit der Reform des Polizeigesetzes bereits den rechtlichen Rahmen geschaffen, um sich Software für automatisierte Datenbankanalysen bei privaten IT-Firmen zu beschaffen. Auch da war der Datenschutzbeauftragte nicht begeistert, konnte aber auch nichts daran ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!