Datenschutz: User schummeln gerne
Immer mehr Websites verlangen Zwangsregistrierungen, bei denen man intime Daten verraten soll. Eine Studie fand nun heraus: Die Nutzer reagieren mit Selbstverteidigung.
Internet-Unternehmen haben ein großes Interesse daran, ein Maximum an Wissen über ihre Kundschaft zu sammeln: Wer weiß, wo jemand wohnt oder gar was er verdient, kann passgenauere (und damit teurere) Werbung einblenden oder eigene Offerten machen, bei denen direkt Geld fließt. Kein Wunder daher, dass die Web-Nutzer zunehmend mit Zwangsregistrierungen, angeblichen Umfragen und anderen Werkzeugen traktiert werden, deren Sinn es ist, Infos zusammenzutragen.
Allein – die User sind dieser Masche auf die Schliche gekommen: Wie eine aktuelle Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom nun herausfand, hat bereits fast ein Viertel (23 Prozent) aller deutschen Internet-Nutzer schon einmal falsche Angaben gemacht.
Am beliebtesten bei dieser Selbstverteidigungsstrategie zur Datenminimierung ist ein geänderter Name oder ein falsches Alter, weil beides fast überall erfragt wird (jeder zweite). Bei der E-Mail-Adresse, der Spam drohen könnte, schummelt jeder vierte, ebenso beim Einkommen, das nun wirklich niemanden etwas angeht. Seine Telefonnummer verschleiert wiederum jeder dritte, was wohl an der Angst vor Werbeanrufen liegt.
Gelogen wird außerdem bei Angaben zu körperlichen Eigenschaften (jeder vierte) sowie beim Geschlecht (14 Prozent). Letztere Schummeleien erfolgen laut der Umfrage aber auch, um sich im Internet ohne negative Folgen ausleben zu können (jeder sechste) beziehungsweise bei der anonymen Partnersuche (zehn Prozent).
Als Grund für ihr Verhalten geben die meisten Befragten eine Abwehrreaktion auf umfangreiche Datenabfragen an. 58 Prozent aller User, die bereits geschummelt haben, meinten, es sei ihnen "suspekt, so viele persönliche Daten preisgeben" zu müssen. Fast die Hälfte, 48 Prozent, will zudem unerwünschte Reklame vermeiden.
Beim Bitkom, dessen Mitgliedsunternehmen unter den fehlerhaften Daten durchaus leiden, hat man Verständnis für das Verhalten der User – die bräuchten wie im richtigen Leben auch online ein gesundes Misstrauen, so Verbandsboss August-Wilhelm Scheer. Allerdings böten soziale Netzwerke inzwischen Wahlmöglichkeiten an, wer was sehe und Online-Shops hätten genaue Einstellungen, was den Werbeversand anbeträfe. Aber ob das die User vom Schummeln abhalten wird?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen