Datenleak zu Geldwäsche: Banken verhindern Aufklärung
Ein Rechercheverbund stieß in US-Unterlagen auf massive Versäumnisse von Großbanken beim Kampf gegen Geldwäsche. Im Visier ist auch die Deutsche Bank.
Trotz strenger Regularien akzeptierten die Geldhäuser mutmaßliche Mafiosi, Millionenbetrüger und sanktionierte Oligarchen als Kunden und führten für diese Überweisungen in Milliardenhöhe aus. Gemeldet worden seien diese Vorgänge mitunter nur sehr zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung.
Einige der weltgrößten Geldhäuser, darunter die Deutsche Bank, JP Morgan und die HSBC, hätten sogar dann noch Geschäfte mit zweifelhaften Kunden gemacht, nachdem sie in den USA bereits wegen Geldwäsche-Verstößen sanktioniert worden waren. In zahlreichen Fällen unterliefen Banken dem Bericht zufolge dabei offenbar ihre eigenen Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, etwa bei der Überprüfung von Neukunden.
Das Datenleak bringe auch die Deutsche Bank in Erklärungsnot, hieß es weiter. Nach Einschätzung von US-Ermittlern sollen demnach russische Kriminelle und ein für Terrorgruppen tätiger Geldwäscher unter anderem über die Moskauer Filiale der Deutschen Bank Geld gewaschen haben.
Recherche von 110 Medien aus 88 Ländern
Das Finanzinstitut erklärte, die „SZ“ und ihre Recherchepartner hätten „über eine Reihe historischer Themen“ berichtet, die, soweit sie die DeutscheBank beträfen, den Aufsichtsbehörden bereits bekannt seien. Die Deutsche Bank und andere Bankhäuser hätten anerkanntermaßen bereits mit „Mängelbeseitigung“ reagiert. „Wo nötig und angemessen, haben wir Konsequenzen gezogen“, hieß es in der Stellungnahme weiter.
Die Informationen sind das Ergebnis einer gemeinsamen Recherche zahlreicher Medien-Partner, die unter dem Namen FinCEN-Files veröffentlicht wird und die auf tausenden Seiten geheimer Geldwäsche-Verdachtsmeldungen beruht. Das US-Onlinemedium „Buzzfeed News“ hatte den Angaben zufolge die Unterlagen mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) geteilt und so eine weltweite Recherche von 110 Medien aus 88 Ländern ermöglicht. Etwa 400 Journalistinnen und Journalisten haben sich daran beteiligt.
„Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR fanden nach eigenen Angaben bei ihren Recherchen zu den FinCEN-Files heraus, dass Geldwäscher die globale Infrastruktur der Deutschen Bank über einen längeren Zeitraum und in größerem Umfang nutzten als bisher angenommen. Die Zeitung leitete aus den US-Unterlagen außerdem ab, dass die Sicherheitssysteme in Deutschlands größtem Bankhaus offenbar versagt hätten.
Vorwürfe gegen Deutsche Bank-Chef Sewing
In dem Bericht hieß es weiter, der heutige Vorstandschef der Deutschen Bank, Christian Sewing, sei „mitverantwortlich dafür, dass nicht früher bemerkt wurde, wie Geldwäscher die Bank für verdächtige Aktiengeschäfte nutzen konnten“. Die von ihm damals geleitete Abteilung Konzernrevision habe 2014 die Abläufe im auffälligen Aktienhandel in Russland untersucht und nichts Gravierendes zu beanstanden gehabt. Von der Bank eigens beauftragte Experten hätten der Arbeit von Sewings Abteilung später jedoch „schwerwiegende Mängel“ bescheinigt.
Die Deutsche Bank bestritt gegenüber „SZ“, WDR und NDR eine direkte oder indirekte Beteiligung ihres heutigen Vorstandschefs an der Prüfung der Moskau-Geschäfte. Sewing habe lediglich den Gesamtplan für mehrere hundert Prüfungen – sogenannte Audits – des Jahres 2014 eingereicht, hieß es demnach aus dem Bankhaus.
Außer bei der Deutschen Bank hätten die internationalen Recherchen auch Versäumnisse bei zahlreichen anderen Großbanken ergeben, schreibt die „SZ“. Die US-Unterlagen zeigten, wie bekannte Finanzinstitute in Geldwäsche verwickelt gewesen seien und kriminelle Netzwerke bisweilen unbehelligt hätten operieren lassen.
Die Deutsche Bank erklärte am Sonntagabend, weltweit hätten führende Finanzinstitute „Milliarden von Dollar investiert“, um die Behörden im Kampf gegen Geldwäsche „effektiver zu unterstützen“. Dies führe „natürlich zu einer höheren Zahl von Feststellungen“ solcher Fälle. Das Geldhaus versicherte weiter, es habe „massiv in die Verbesserung der Kontrollen investiert“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“