Das war die Woche in Berlin II: Kein Platz für Jecken
Die Berliner Karnevalisten dürfen nun doch nicht am Breitscheidplatz den Abschluss ihres Umzugs feiern.
Zuerst einmal ein herzliches Hei-Jo! Das nämlich ist, nur zur Erinnerung, der Narrenruf der Berliner.
Jetzt könnte man durchaus einwenden, dass man das mit den Narrenrufen und überhaupt mit dem Karneval oder Fasching mal grundsätzlich überdenken sollte. Die närrische Zeit – will doch prinzipiell eine Umkehrung der allgemeinen Verhältnisse sein. Was schon seltsam wirkt als Wunsch in einer Zeit, in der die Welt einigermaßen auf dem Kopf zu stehen scheint.
Allerdings haben die Berliner Karnevalisten sowieso kein echtes Standing in der Stadt. Das wurde diese Woche aufs Neue bewiesen. Eigentlich wollten sie ihren Umzug – er soll am 19. Februar stattfinden – an der Gedächtniskirche mit der entsprechenden Party enden lassen.
Was behördlicherseits des Ortes wegen für Bedenken sorgte. Und die wurden von den Karnevalisten auch gleich ohne großes Murren akzeptiert. „Das haben wir respektiert und verstehen das auch“, sagte am Donnerstag der Präsident des Festkomitees Berliner Karneval, Klaus-Peter Heimann.
Es geht natürlich darum, dass es eben an der Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz diesen Anschlag gab. Zwölf Menschen starben, etwa 50 wurden verletzt. Es war am 19. Dezember des vergangenen Jahres.
Es geht also, grundsätzlicher, um Fragen der Trauer und der Dezenz, die scheinbar bedeutet, dass man an diesem Ort auch zwei Monate nach dem Anschlag etwas organisierte Heiterkeit als despektierlicher empfindet als allgemeines Shoppen.
Das Motto des diesjährigen Umzugs, der nun wohl zum Wittenbergplatz führen soll, lautet übrigens: „Sei, wer du willst!“ Man kann das auch ganz ohne Jux und Tollerei als ein erstrebenswertes Ziel betrachten. Gerade zum Trotz in dieser doch scheinbar kopfstehenden Welt.
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