Das war die Woche in Berlin II: Kleine Hilfe von der Gästeliste
Clubgänger auf der Gästeliste unterstützen Flüchtlinge, indem sie spenden. Tatsächlich sind so mehrere zehntausend Euro zusammen gekommen.
Der eigentliche Hotspot im Berliner Nachtleben, das ist bestimmt die Gästeliste. Weil man doch gerne ausgeht und dabei nicht immer gleich den Eintritt zahlen will. Weil das Ausgehen ja auch für viele schlicht eine Arbeit ist, mit der man sein Geld verdient. Wenn man etwa als Konzertkritiker unterwegs ist. Und da man dabei nicht gern allein ist, gibt es den schönen Gästelistenbrauch „Plus 1“.
Heißt: dass auch eine Begleitperson kostenlosen Eintritt bekommt. Jedenfalls sind die Gästelisten in Berlin oft so voll von Namen, dass man manchmal fast den Eindruck bekommen könnte, die ein oder andere Veranstaltung sei nur für das Gästelistenpersonal gedacht.
Eine Ressource also, aus der man schon mal schöpfen darf. Schöner noch, wenn‘sfür einen guten Zweck ist. So hatten sich vergangenen Oktober mehrere Berliner Konzertveranstalter, Clubs und Künstler zu einer Kampagne zusammengeschlossen, um das „Plus 1“ neu zu definieren und die Gästelistler zu einer freiwilligen Spende für die Flüchtlingshilfe zu bewegen. „Plus 1 – Refugees welcome!“ heißt die Initiative. Ziel: Wer auf der Gästeliste steht, solle doch bitte sehr wenigstens einen Solidaritäts-Euro in die an den Veranstaltungsorten aufgestellten Kassen werfen.
Am Dienstag zog man bei der Kampagne erste Bilanz. Fast 50.000 Euro sind mit diesem „Plus 1“ bis dato zusammengekommen. Profitieren werden davon die Initiative Moabit hilft, der Flüchtlingsrat Berlin und das Hilfsprojekt Sea Watch.
Das Bezaubernde an der „Plus 1“-Kampagne ist, dass dahinter eine charmant einfache Idee steckt, ohne die Notwendigkeit eines großen organisatorischen Überbaus. Nur eine Kasse aufgestellt, fertig. Und dabei allemal ertragreicher als ein Protestsong. Außerdem hat sich die Berliner Clubszene damit nicht nur so nebenbei als gesellschaftlicher Akteur in Stellung gebracht, der nicht nur aufschreit, wenn ihm mal selbst auf die Füße getreten wird, oder der einem das schlichte Beastie-Boys-Motto „Fight for your Right“ mit dem Partymachen bereits als politische Maßnahme verkaufen will.
Jetzt könnte man natürlich einwenden, dass die Finanzierung der Flüchtlingshilfe doch gefälligst vom Staat – also von allen, nicht nur von privilegierten Gästeplatzinhabern – geleistet werden sollte. Möglicherweise ist aber auch dabei die Berliner Solidaritäts-Euro-Kampagne bereits der richtige Fingerzeig – für einen noch viel grundsätzlicheren Solidarbeitrag.
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