piwik no script img

Das niederländische EM-DebakelZerlegt, blamiert, an die Wand gespielt

Fitness, Abwehr, Teamgeist – beim gescheiterten Vizeweltmeister Holland fehlte alles. Trainer Bert van Marwijk findet auch keine Erklärung. Ob er bleibt, ist unklar.

Niet zo lekker: Meneer van Marwijk hatte keine Idee vom Spiel seiner Mannschaft. Bild: dapd

CHARKOW taz | Es war ein Desaster. Ohne Punkt hat sich die Auswahl der Niederlande von der EM verabschiedet. Die gleiche Mannschaft, die vor zwei Jahren Vize-Weltmeister geworden ist, konnte einfach nicht mehr mithalten mit den Besten Europas. Beim 1:2 gegen Portugal haben die Niederländer gerade einmal 20 Minuten mithalten können. Danach wurden sie zerlegt, an die Wand gespielt, bis auf die Knochen blamiert.

„Wir haben dreimal verloren, dafür übernehme ich die Verantwortung“, sagte Trainer Bert van Marwijk nach dem Spiel. Ob er seinen gerade eben frisch bis 2016 verlängerten Vertrag erfüllen wird, darüber wollte er, noch unter Schock stehend, zunächst nichts sagen.

Beinahe trotzig strich er heraus, was alles gut gewesen sein soll an der Turnier-Performance der Niederländer – das Spiel gegen Dänemark, der Beginn in den Partien gegen Deutschland und Portugal. Meinte er das wirklich ernst? Van Marwijks Auftritt nach dem Spiel war ebenso schwach wie der seines Teams auf dem Platz zuvor.

„Ich habe gehofft, dass es die Mannschaft noch einmal packen würde“, meinte van Marwijk und tat so, als wäre es ihm ein Rätsel, wie es passieren konnte, dass die Niederlande bei einem Turnier so schlecht gespielt hat wie kein oranges Team zuvor. Vielleicht, zumindest das hat er zugegeben, habe den Spielern die Fitness gefehlt, ihre guten Anlagen über 90 Minuten zu zeigen.

Und sonst? Hat er es nicht versäumt, das Team rechtzeitig zu erneuern? „Das habe ich doch gemacht“, wehrte er ab und spielte auf Außenverteidiger Jetro Willems an, jenen 18-jährigen Jungspund, den er beinahe ohne Vorankündigung ins kalte Turnierwasser geworfen hat, und der gegen Portugal derart überfordert war, dass er einem leidtun konnte.

Vogelwilde Defensive

Die anderen Abwehrspieler wiederum sind nur in der Mannschaft geblieben, weil van Marwijk es unterlassen hat, Nachfolger für sie aufzubauen. Der vogelwilde Auftritt der Defensive gegen Portugal war eine Blamage in der Blamage.

„Wir müssen wieder bei Null anfangen“, stellte Rafael van der Vaart fest, der erstmals bei dieser EM von Beginn an spielen durfte. Wie er sich das vorstellt, das konnte er nicht sagen. Arjen Robben, der nicht gerade als Teamspieler bekannte Flügelstürmer, deutete zumindest an, woran die EM-Kampagne der Niederlande wohl auch gescheitert ist. „Da sind Dinge geschehen“, sagte er, „aber die müssen intern bleiben.“ Schon vor dem Spiel hatte der für die letzte Gruppenpartie aussortierte Mannschaftskapitän Mark van Bommel gesagt, dass die Auswahl kein richtiges Team sei. Warum wohl nicht?

Der Trainer hat es nie geschafft zu erklären, warum nie grundsätzlich daran gezweifelt hat, dass seine Formation mit den zwei defensiven Mittelfeldspieler Nigel de Jong und Mark van Bommel die richtige ist. Einen Plan vom Spiel hat er nie beschreiben können. Dabei haben in den Niederlanden nicht nur die Fans jahrelang darauf gewartet, auch die Spieler hätten vielleicht eine Idee gebraucht, mit der sie der Trainer auf das Feld schickt. So sprachen einzig die Erfolge für ihn.

Als es dann darauf ankam, einen Sieg mit zwei Toren Unterschied zu erringen – nur dann hätten die Niederlande noch eine Chance auf den Viertelfinaleinzug gehabt – da stellte er Wesley Snejder, den er zuvor noch als einen der besten Zehner der Welt bezeichnet hatte, auf die linke Angriffsseite. Ja, was denn nun? Nein, der Verdacht liegt allzu nahe. Van Marwijk hatte einfach keinen Plan.

Sollen Sie doch machen!

Und er hat es mit Spielern zu tun, denen ohnehin schwer zu vermitteln ist, dass sie sich vielleicht ein wenig umstellen müssen, wenn sie zur Nationalmannschaft kommen. Die schmiss er in einer gewissen Grundordnung auf den Platz. Sollen sie doch machen! Typen wie Robben, van Persie und Snejder haben lange den Mangel an geplantem Aufbauspiel durch ihre individuelle Klasse kompensieren können. Doch irgendwann haben sie nur noch auf ihren Positionen gespielt, weil sie schon immer da gespielt haben.

Umso nachdrücklicher mussten sich die sicher nicht viel schlechteren und ebenso von sich eingenommenen Rafael van der Vaart und Klaas-Jan Huntelaar ins Gespräch bringen. Peng! Schon war die Mannschaft kaputt.

Ob sie ausgerechnet van Marwijk reparieren kann, darf getrost bezweifelt werden. Er gab sich nach der totalen niederländischen Fußballpleite uneinsichtig. „Wenn wir das erste Spiel gegen Dänemark gewonnen hätten – die Chancen waren ja da -, dann wäre das ganze Turnier anders gelaufen.“ Hört sich nicht gut an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • RA
    ralf ansorge

    da zur zeit ans bett gefesselt,habe ich viel zeit und kann mir die ganzen forenbeiträge reinziehen.hätte nie gedacht,daß ich manche antinationalisten einmal genauso dümmlich finden würde wie nationalisten.immer wenn man denkt,bekloppter geht es nicht mehr kommt so ein typ wie Deutschnational?: daher und haut noch einen drauf.ich glaube diesen leuten braucht man auch gar nicht erklären,daß es in diesem artikel um erklärungsversuche für das schwache spiel der holländer geht.erinnert mich irgendwie an die hooligans,denen der fußball auch egal ist.mit dem yüxel sitzt ja auch einer von ihnen in der taz redaktion

  • R
    Realist

    Die taz ist auf dem richtigen Wege, sich mit allzu neutralen Ansichten über das DFB-Team nicht mehr zu lächerlich zu machen.

    Selbstverständlich soll sie parteiisch für Deutschland sein. So wie andere Zeitungen im Ausland sich auch über die Erfolge ihrer jeweiligen Mannschaft freuen - das hat mit politischer Richtung überhaupt nichts zu tun.

  • S
    Schläfer

    "Lorenz" schrieb an "Von Deutschnational?":

     

    "Wie bitte? Haarsträubend armseliger Kommentar, wo nehmen Sie das denn bitte her? "Stürmer", das verbietet sich ohnehin, aber in diesem Artikel fand sich noch nicht mal ein Bezug zu Deutschland. Eine sachliche Analyse des desaströsen Ausscheidens von Holland, und Sie denken an Nazis?"

     

    Sehe ich auch so.

    Der Artikel ist eine sachlich fundierte Analyse.

     

    Leider kommt die Überschrift

    "Zerlegt, blamiert, an die Wand gespielt"

    etwas überheblich daher.

     

    Ich habe bei der taz öfter das Gefühl, dass Artkel und Überschriften von unterschiedlichen Personen stammen.

    Ist das so ?

  • G
    gatonero

    Schafe, schade. Als Freund der Oranjes und vor allem ihres Teams war dieses Gekicke für mich eine grosse Enttäuschung. Da kann nur ein Neuanfang mit einem anderen Trainer etwas helfen, denn gute Spieler sind ja da.

  • D
    dennis

    hahahaha. ich lach mich tot. hier wie in anderen foren haben die kommentare doch oft den größeren unterhaltunsgwert. holland hat sich sang- und klanglos von dieser em verabschiedet. das war noch peinlicher als frankreich 2010. und man wird ja wohl nochmal sagen dürfen warum so ein designiertes weltklasseteam versagt hat, ohne dass es gleich als holland-bashing und deutscher nationalstolz verklärt wird. wo simma denn hömma?

  • M
    Mumpitz

    Sehr überheblich, die Schelte gegen die Holländer. Die Deutschen sind auch nicht immer so gut wie just. Also immer schön auf dem Teppich bleiben!

  • M
    Michel

    >>"Eine sachliche Analyse des desaströsen Ausscheidens von Holland, und Sie denken an Nazis?"

  • L
    Lorenz

    @ Kommentar von "Deutschnational?"

     

    Wie bitte? Haarsträubend armseliger Kommentar, wo nehmen Sie das denn bitte her? "Stürmer", das verbietet sich ohnehin, aber in diesem Artikel fand sich noch nicht mal ein Bezug zu Deutschland. Eine sachliche Analyse des desaströsen Ausscheidens von Holland, und Sie denken an Nazis?

  • P
    p3t3r

    >Sollen Sie doch machen!<

     

    wer fühlt sich da angesprochen "ich oder sie"

     

    in einer überschrift sollte die rechtschreibung doch stimmen, auch in einer fußballreportage hihi

  • D
    Deutschnational?

    die umwandlung der taz in eine deutschnationale kickerzeitung ohne inhalte lassen mir keine wahl.tschüß

    und viel glück auf dem weg zum"Stürmer"