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Das Lied der DeutschenWem die Hymne gebührt

Alle reden über die deutsche Nationalhymne, doch es gibt eine Institution in Deutschland, die wirklich eine Hymne verdient hätte: die Frauenbeauftragte.

Des Glückes Unterpfand: deutsche Hymne, hier 2008, mit Brüdern Foto: ap

Allein das Hymnische an sich hat etwas, das mich anspricht. Als Halbbrasilianer – wir tänzeln ja gern! – finde ich Hymnen gut. Wenn ihr diese Hymne kennt, wisst ihr, wovon ich rede.

Um es vorweg zu sagen: Wir diskutieren hier nicht, ob in der deutschen Nationalhymne das Wort Vater (männlich) durch das Wort Heimat (weiblich) ersetzt werden soll, wie es eine Frauenbeauftragte namens Kristin Rose-Möhring jüngst vorschlug. Wir diskutieren hier auch nicht, ob das Wort brüderlich (deutsch) durch das Wort couragiert (französisch) ersetzt werden soll. Das ist mir alles egal.

Meinetwegen könnt ihr die deutsche Nationalhymne abschaffen. Es ist ja sowieso eher eine Penishymne (Fallersleben: Vaterland, brüderlich, Vaterland, Vaterland).

Es ist, übrigens, aber das nur am Rande, überdies eine Hymne, deren Melodie (Strophe eins) von jüdischen Häftlingsorchestern in deutschen Konzentrationslagern gespielt wurde und deren Melodie (Strophe drei) heute erklingt, wenn bei deutschen Staatsakten der Schoa gedacht wird. Das ist ergreifend, und bösartig. Es ist vergifteter Pathos. Da tänzelt gar nix. Das kann alles weg.

An dieser Stelle diskutieren wir also nur, wem, außer Brasilien, auch noch eine Hymne gebührt.

Der deutschen Frauenbeauftragten gebührt eine Hymne. Sie ist eine Institution. Nicht nur Kristin Rose-Möhring, sondern auch all ihre Kolleginnen. Es ist gut, dass es sie gibt.

Warum?

Die meisten Verlierer, wo man sie auch trifft, sind männlich.

Bemitleidenswerte Bettler, morgens in der U-Bahn: männlich.

Banker, die unsere Welt ausnehmen: männlich.

Leute, die in unseren Knästen sitzen: männlich.

Trump, Putin, Erdoğan: alle männlich.

BILD-Chefredakteur: auch männlich, Betonung auf -ich.

Wer hat die Arbeiterwohlfahrt erfunden?

Marie Juchacz, SPD, Frau.

Wer heult nun in Kommentaren rum, weil eine Frau, die auch Frauenbeauftragte ist, vorschlägt, die Nationalhymne zu ändern, wie etwa Kanada und Österreich dies schon getan haben?

Klar: Männer.

Zum Beispiel Rainer Haubrich in der Welt („Sprach-Taliban“, „Kabarett“) oder das Herrenmagazin Focus, das gewohnt recherchefrei gleich von der „Frauenbeauftragten der Bundesregierung“ berichtet, so als hätte die Bundesregierung eine zentrale Frauenbeauftragte, was allein deshalb grober Unfug ist, weil die Bundesregierung nicht eine, sondern gleich dutzende Frauenbeauftragte hat, nämlich in jeder ordentlichen Bundesbehörde eine und in jedem Bundesministerium eine und eine auch im Bundesfamilienministerium und das ist Kristin Rose-Möhring, die im Jahr 1955 geboren wurde und ein Studium der Angewandten Sprachwissenschaften hinter sich hat.

Die hat zwar keine Zuständigkeit für die Nationalhymne, sondern für Personalpolitik in ihrem eigenen Hause und dies aufgrund von Artikel 19 des Bundesgleichstellungsgesetzes und das wiederum aus dem einzigen Grund, dass die Männer in deutschen Behörden früher viel zu viel rumgezickt haben; und deshalb kann sich zum Beispiel Kristin Rose-Möhring zwar viel wünschen oder auch mal in einen Rundbrief zum Weltfrauentag ganz am Ende ein paar Dinge reinschreiben, aber mehr kann sie nun in puncto Hymne wahrlich nicht.

Doch immerhin dies hat sie getan und es war gut, denn jetzt sind viele Männer, wie einst die Affen, wieder auf den Bäumen und Angela Merkel lässt ausrichten, die Nationalhymne könne bleiben wie sie ist und wir alle dürfen wahlweise glücklich sein darüber oder uns empören, dass die Nationalhymne also bleibt wie sie ist.

Dem gebührt an sich keine Achtung und auch keine Aufmerksamkeit, es sei denn man will über die Nationalhymne debattieren (allein schon die Melodie!), aber Achtung gebührt dem Umstand, dass hunderte Frauenbeauftragte in Deutschland jeden Tag darauf achten, dass böse Lümmels nicht wieder nur ihre Kumpels bevorzugen, sondern dass diese Lümmels auch ab und zu einmal überlegen müssen, wessen Lieder sie singen.

Und deshalb sollte man diesen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten mal eine Hymne schreiben und diese Hymne laut singen, zum Beispiel am Internationalen Frauentag, der ist jetzt am Donnerstag. Und wenn es schon keine Frauenbeauftragtenhymne gibt, dann ersetzt doch meinetwegen, auch wenn es weh tut, mal einen Tag lang das Wort Vater durch das Wort Heimat und das Wort brüderlich durch das Wort couragiert und singt die deutsche Penishymne in einer anderen Melodie und ich jedenfalls mache meinetwegen ausnahmsweise auch mit und dann denken wir an die Sprachwissenschaftlerin Kristin Rose-Möhring und stellen uns vor, dass sie tänzelt, denn das täte diesem Land ganz generell gut: etwas mehr tänzeln.

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22 Kommentare

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  • Dieser ganze Hymnenstreit ist wieder nur eine sinnlose Steilvorlage für die politische Rechte ohne irgendetwas zu gewinnen.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Einfach kein Text nur eine Melodie ist in meinen Augen der Beste Kompromiss. Der Text ist so wie er ist, darin rumzuwerkeln steht uns nicht zu. Aber ohne Text gibt es kein Problem. Frauen sind nicht angesprochen, was ist mit Migranten, die fühlen sich in Deutschland wohl sehen sich aber nicht als Deutsche, will man die mit dem Text etwa ausgrenzen? etc. Das führt doch zu nichts. Kein Text einfach eine Melodie genau wie bei der Europa-Hymne.

  • Die Hymne des reaktionären Nationalisten Hoffmann von Fallersleben wird auch durch gendern nicht besser. https://streitumsdeutschlandlied.files.wordpress.com/2010/12/argumente_gegen_das_deutschlandlied1.pdf

  • "Wer heult nun in Kommentaren rum, weil eine Frau, die auch Frauenbeauftragte ist, vorschlägt, die Nationalhymne zu ändern, wie etwa Kanada und Österreich dies schon getan haben?

     

    Klar: Männer."

     

    Ach Du je! Diese ganze Nummer haben sich Merkels Spießgesellen ausgedacht, um die Kanzlerin mal etwas "Patriotismus" darstellen lassen zu können. Eine ganz, ganz billige Showveranstaltung!

  • Wir brauchen eine neue Nationalhymne. Am besten jede Legislaturperiode eine. Irgendetwas ändert sich immer und dann darf die Nationalhymne da nicht dahinter zurückstehen. Homoehe muss unbedingt in die Nationalhymne rein. Am besten auch das dritte, vierte und fünfte Geschlecht. Irgendwie erinnert mich das an die DDR, wo alle 5 Jahre auch die Parolen ausgetauscht wurden.

    Vielleicht war es eine Notlösung, nur noch die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur Nationalhymne zu machen. Fast komisch, eine Strophe zur Nationalhymne gemacht zu haben und die anderen Strophen zu verbieten.

    Es wäre in der Tat bei der Wiedervereinigung Zeit gewesen, aufzuräumen: Mit Grundgesetz und Nationalhymne. Doch Abstimmen wollte da niemand. Das könnte man nachholen - sicher. Aber bitte demokratisch mit einer Volksabstimmung und nicht als von oben herab verordnete Propaganda.

  • Martin, Du bist so großartig! Ich liebe Deine Texte!

  • Wir brauchen eine Frauenbeauftragte, die sich um die Belange von Frauen und die Verhinderung von Diskriminierung von Frauen kümmert! Wir brauchen keine, die sich um vermeintliche Fehler in der Sprache kümmert.

     

    Die Verwendung des Artikels oder des Wortlautes an sich ist keineswegs mit einem bestimmten Geschlecht verbunden! Das (!) Vaterland, die (!) Muttersprache ... es gibt so viele Beispiele. Wer denkt denn beim Begriff ’Vaterland’ an ein Land, das den Vätern gehört? Sprechen wir alle nicht unsere Muttersprache, egal welchen Geschlechts wir sind? Hat der (!) Feminismus etwa nicht eher etwas mit den Interessen der Frauen zu tun und müsste mit dem Artikel 'die' versehen sein - zumindest wenn es nach der Argumentation der Beauftragten für die Belange der Frauen ginge? Wer sich über solche unbedeutenden Dinge echauffiert, hat doch den Überblick über die wirklichen Belange der Gleichberechtigung verloren! Ist es ein Wunder, dass dieses Phänomen fast nur in der deutschen Sprache vorkommt? Ich habe noch nie in romanischen Sprachen wahrgenommen, dass sich jemand über Sonne (männl.) und Mond (weibl.) aufregt. Hieße es in der deutschen Sprache die Mond und der Sonne, dann gäbe es hunderte Kleingeister, die die Forderung nach einer Änderung stellen würden. Denn die Sonne ist doch wärme- und lichtspendend während der Mond nur in der dunklen, kalten Nacht richtig zu sehen ist. Wetten, solche Forderungen würden bei uns gestellt!

     

    Etwas überzogen merke ich an: Im Artikel kommt es mir vor, als erwarte der (!) Autor sehnsüchtig auf den Fortschritt in der Medizin, der Männer in der Welt unnötig machen würde.

  • Als Kompromis könnte man auch die 2. Strophe des Lieds der Deutschen singen:

     

    "Deutsche Frauen, deutsche Treue,

    Deutscher Wein und deutscher Sang

    Sollen in der Welt behalten

    Ihren alten schönen Klang,

    Uns zu edler Tat begeistern

    Unser ganzes Leben lang –

    Deutsche Frauen, deutsche Treue,

    Deutscher Wein und deutscher Sang!"

     

    Gerne auch zur Melodie von 'Auferstanden aus Ruinen'. Passt musikalisch sehr gut zusammen und die DDR-Hymne war sowieso immer die schönere Melodie.

    • @Adele Walter:

      Das ist die Fassung für heterosexuelle Männer und lesbische Frauen. Heterosexuelle Frauen und schwule Männer singen stattdessen: "Deutsche Männer, deutsche Treue......"^^

      • @Joba:

        Und das dann als Kanon! Das wäre super!

        • @Cededa Trpimirović:

          Gute Idee und dann ersetzen wir noch Wein durch Bier, weil ich deutschen Wein nicht sehr mag und Bier sowieso deutscher ist als Wein.

           

          Das wäre für mich eine Hymne, die man gerne mitsingt und die auch keine andere Nation beleidigt oder die eigene erhöht. Ohne politische Botschaft oder dem Aufruf zu kriegerischen Handlungen.

          • @Adele Walter:

            Zwar mag ich insbesondere badischen und fränkischen Wein sehr gerne, aber weil Bier auch den Norden einbezieht, bin ich mit Ihrem Vorschlag einverstanden. Deutsches Wasser, für das sich Harald Schmidt seinerzeit sehr eingesetzt hat, passt leider nicht ins Versmaß, so dass Anialkoholiker*innen leider unberücksichtigt bleiben müssen.

            • @Joba:

              Ohne "und" passt es doch. Sorry

          • @Adele Walter:

            Ich finde die zweite Strophe auch sehr schön. Man sollte sie nach jedem verlorenen Spiel der Nationalmannschaft als erbaulichen Trost für die ganze Nation singen.

             

            Die Bier/Männer-Problematik ließe sich gut im Refrain unterbringen.

  • Dem Feminismus geht es schon lange nicht mehr um Gleichberechtigung sonder ER (...DER Feminismus) hat sich zu einer autoritären Ideologie entwickelt, der es ausschließlich um Macht geht.

     

    Einerseits konkrete Macht in der Politik und den Unternehmen (Quotenregelung).

     

    Andererseits Macht über die Sprache.

    Der Feminismus will entscheiden was gesagt und somit letzten Endes gedacht werden darf.

     

    Um dieses Ziel zu erreichen wird vor nichts zurückgeschreckt. Seien es Hymnen, Gedichte, Bücher... oder einzelne Personen, denen aufgrund eines blöden Spruches die Karriere verbaut wird.(z.B Reiner Brüderle)

     

    Wer für echte Gleichberechtigung ist und mit solchen Machenschaften nichts zu tun haben will sollte wirklich das Wort Egalitarismus nutzen.

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      Brüderle hat seine Karriere nicht verloren ,weil er mal einen Spruch gebracht hat,sondern weil er den Spruch einfach mal bei der Falschen gebracht hat(man möchte fast sagen:”Endlich!”)

      • 9G
        95692 (Profil gelöscht)
        @pippilotta_viktualia:

        Keine Macht für Niemand !

        Lieber Ton Steine Scherben

        anstelle der dümlich nationalistischen Hymne der Menschen,

        die lieber ein Land oder einen Staat als andere Menschen lieben

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      Frauen!Die Teilhabe an MACHT UND REPRÄSENTANZ WOLLEN!SIE SCHRECKEN NICHT EINMAL VOR DER HYMNE ZURÜCK!

      Der Feminismus hat einfach alles kapott gemacht.

       

      Nein mal ernsthaft:Warum sollten Frauen keine Macht haben wollen dürfen?Versteh ich nicht ganz,dass “Die Männer”™ die “Macht” seit mittlerweile 2000 Jahren an sich reissen und sich an ihr festklammern,das ist ok?Wieso können Männer nur so schwer teilen?

      • @pippilotta_viktualia:

        Wenn eine Frau ein hohes politisches Amt oder einen Chefposten anstrebt dann hat sie dazu natürlich das gleiche Recht wie ein Mann.

         

        Nur hier ist der Knackpunkt: Der Weg zur "Macht" muss für beide Geschlechter gleichberechtigt sein.

        Weder darf ein Geschlecht benachteiligt oder, wie es heutzutage der Fall ist BEVORZUGT werden.

        (Und ja: mit bevorzugt meine ich die Frauen...)

  • Die Brasilianische Hymne klingt sehr nach Rossini. Das hat mich auf folgenden Vorschlag gebracht:

    Wie wäre es denn damit?:https://www.youtube.com/watch?v=qdQXSHwAe2A

    Bei dieser Musik kommt gleich Mehreres zusammen: Konservativer Patriotismus (Kaiser Wilhelm I.); Distanz zu Militarismus (klingt bei allem Pathos nicht nach trditionellem preußischem Marsch); ein deutsch-jüdischer, in Frankreich (Europa) lebender Komponist, der von den Nazis verboten war und dessen Opern deshalb bis heute eher selten aufgeführt werden; kein Text (das Genderproblem entfällt).

    Wenn Nationalhymnen nicht als verzichtbar gelten, ist da doch für fast jede*n etwas dabei.^^

  • "Klar Männer"

    Wer regt sich irrational auf?

    Klar wenige Frauen!

    Es gibt auch Frauen die Männer nicht hassen und den Feminismus leben wie er ursprünglich gedacht war, um Gleichberechtigung für die Geschlechter zu schaffen und nicht um sich aus seinem Geschlecht einen Vorteil verschaffen zu wollen.

    Heutzutage wird unter dem Deckmantel des Feminismus gegen Männer gehetzt (vllt zu hartes Wort) und der Feminismus wird ad absurdum geführt.

    Deshalb bin ich dafür stattdessen das Wort Egalitarismus zu nutzen und eben darauf zu achten, dass Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Alter, Weltanschaung und Wohlstand gleichberechtigt sind.

    • @Knightmare:

      weil frauen gerne auch mal in der nationalhymne erwähnt werden würden und laut darüber nachdemken,hassen sie Männer.

      Wem wurde eigentlich noch mal Husterie und Überemotionalität klassischerweise angedichtet?