Das Geschäft mit dem Erdgas: Kunden werden geschröpft
Die Gasversorger geben die gesunkenen Einkaufspreise für Erdgas kaum an Privatkunden weiter. Dagegen hilft nur ein Wechsel des Anbieters.
Das geht aus einer Untersuchung hervor, die die Grünen-Bundestagsfraktion beim Energie-Informationsdienst EnergyComment in Auftrag gegeben hatte. KundInnen sollten sich gegen die überhöhten Preise wehren, forderte die stellvertretende grüne Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn: „Wenn nicht im Laufe der nächsten Monate eine Preissenkung angekündigt wird, sollte man einen Versorgerwechsel in Betracht ziehen.“
Die Preise, die beim Erdgas-Import oder an Europas Gashandelspunkten gezahlt werden müssen, sind in den letzten zweieinhalb Jahren um etwa ein Drittel gefallen; pro Kilowattstunde machte das etwa einen Cent aus. Während die Preissenkung an Industriekunden teilweise weitergegeben wurde, kam bei den privaten VerbraucherInnen fast nichts an: Seit 2013 wurde eine Kilowattstunde für sie nur um 0,2 Cent billiger. Die Netzentgelte, also die Kosten für den Transport des Gases, blieben fast unverändert; auch die Steuern sind gleich geblieben. Daher führt die Einsparung zu zusätzlichen Gewinnen der Gaswirtschaft.
Die aber weist den Vorwurf zurück, sich auf Kosten der Kunden zu bereichern. Viele Versorger würden sich nicht kurzfristig mit Gas eindecken, sondern über langfristige Terminkontrakte. Hier seien die Preise „weniger stark gesunken“ als auf dem Spotmarkt, so der Branchenverband BDEW.
Dieses Argument überzeugt den Studienautor Steffen Bukold nicht. Wenn die Versorger wirklich so langfristig einkauften, hätten sie ihre Preise vor drei Jahren stark senken müssen, sagt er – was nicht geschehen ist. Und ein zusätzlicher Gewinn auf Kosten der Verbraucher werde derzeit definitiv gemacht: „Das Gas, das im Jahr 2015 in Deutschland verbraucht wurde, wurde auch 2015 importiert, zu den aktuellen Preisen“, sagte Bukold der taz. „Entweder haben die lokalen Versorger oder die Gashändler einen Extraprofit gemacht.“
Die Höhe dieser ungerechtfertigten Zusatzkosten schwankt regional. In Baden-Württemberg zahlt ein Durchschnittshaushalt, der mit Gas heizt, rund 172 Euro pro Jahr zu viel. Auch Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen sind teuer. In Berlin gibt es hingegen keinen Aufschlag.
Der Markt: Etwa die Hälfte der deutschen Haushalte heizt mit Gas. Seit der Liberalisierung im Jahr 1998 sind über 900 Anbieter entstanden.
Die Auswahl: Bei der Suche nach günstigen Anbietern helfen Internet-Portale wie Verivox oder Check24. Dort sollten unter "Einstellungen" die Empfehlungen der Stiftung Warentest genutzt werden. Benötigt werden Verbrauch und Postleitzahl.
Der Wechsel: Ein Wechsel ist jederzeit möglich, sofern es die Kündigungsfrist es zulässt. Dabei muss lediglich der Zähler abgelesen werden; technische Veränderungen sind nicht notwendig.
Grünen-Fraktionsvize Höhn hält die Preise für inakzeptabel und ruft KundInnen zum Anbieterwechsel auf. „Die örtlichen Grundversorger senken selten ihre Preise, weil immer noch verhältnismäßig wenige Kunden wechseln.“ Tatsächlich beziehen mehr als 80 Prozent der Haushalte ihr Gas vom lokalen Grundversorger. 24 Prozent zahlen dort auch den besonders hohen Grundtarif, 57 Prozent haben einen günstigeren Sondervertrag abgeschlossen. Nur 21 Prozent sind zu einem anderen Anbieter gewechselt, obwohl im Schnitt 65 zur Auswahl stehen.
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