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DIE FAMILIENDEBATTE DER UNION BRINGT FRAUEN GEGEN FRAUEN AUF„Rabenmütter“ im Clinch

Frauen hätten oft keine echte Wahl zwischen Beruf und Familie, weil es einfach zu wenig Kitaplätze gebe, lautet ein beliebter Einwand. Vielerorts trifft das zu. Trotzdem besitzen Frauen oft eine größere Wahlfreiheit, als gemeinhin eingeräumt wird: Frauen können kinderlos bleiben und Karriere machen. Sie können auch mit Nachwuchs Karriere machen. Sie können einen Teilzeitjob ausüben und Kinder betreuen. Oder auch Kinder kriegen und ganz zu Hause bleiben, das klassische Modell.

So viele Möglichkeiten und Identitätskonzepte haben Männer, deren Selbstwert sich hauptsächlich über die Hackordnung im Beruf definiert, kaum zur Auswahl. Und es soll Männer geben, die Frauen um diese Wahlfreiheit beneiden.

Frauen wären aber nicht Frauen, wenn solche Freiheit nicht mit gegenseitigen Vorwürfen, Verdächtigungen und Abwertungen einherginge – verdeckten Rangkämpfen eben. Nicht zuletzt davon handelt auch die aktuelle, familienpolitische Debatte in der Union. Frauen, die wegen der Kinder zu Hause bleiben und sich nun anhören müssen, ihre Kinder nicht loslassen zu können und erwerbsscheu zu sein, beschweren sich: Sie wollen nicht als „Rabenmütter“ tituliert werden. Bislang war dieses Schimpfwort für Frauen reserviert, die einem Vollzeitjob nachgehen und nur selten Zeit für ihre Kleinen haben. Dass der Begriff jetzt frei verwendet werden kann – auch das ist eine Form von Wahlfreiheit.

Man könnte die Palette der Beleidigungen noch ausweiten: Wie wäre es mit „Sofamutti“ für Frauen, die ihre Kinder angeblich als Ausrede benutzen, um sich nicht der Jobwelt stellen zu müssen ? Oder „Fastfoodmutti“ für Karrierefrauen, die nur abends ein bisschen Zeit für ihr Baby aufbringen?

Für Machtsysteme ist es typisch, dass die Schwachen immer auf die vermeintlich noch Schwächeren einschlagen und gegenseitig die stärksten Ressentiments pflegen: Das stabilisiert das System. Frauen sollten das nicht mitmachen. Denn dass die biografische Wahlfreiheit jetzt auch noch um ein paar hunderttausend Kitaplätze erweitert wird – das nützt doch allen. BARBARA DRIBBUSCH

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