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DFB und Ethikkommission zu TönniesWird schon nicht so schlimm werden

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

DFB und Ethikrat beraten über den Fall Tönnies. Dass die rassistischen Ausfälle des Schalkers ernsthaft sanktioniert werden, wäre wichtig.

Den Brasilianer Naldo liebt er, aber zum „Afrikaner“ fällt ihm nur Quark ein: Schalke-Chef Tönnies Foto: AP Foto/Martin Meissner

E s läuft gut für Clemens Tönnies, den Fleisch produzierenden Oligarchen an der Spitze des FC Schalke 04. Die dreimonatige Auszeit vom Fußball, die er sich vom Ehrenrat seines Klubs hat empfehlen lassen, kann er nutzen: um genau zu beobachten, wie die Fußballwelt seine rassistischen Ausfälle beobachtet. Da sind zwar die Fans, die ihn zum Rückzug aus dem Amt drängen wollen, doch der Inner Circle des deutschen Fußballs hält an Tönnies fest. Jochen Schneider, der Sportvorstand des eigenen Klubs, steht sowieso hinter ihm. Er spricht sogar von einer Hetzjagd gegen Tönnies, weil die öffentliche Empörung über dessen Äußerungen immer noch nicht nachlässt. Und Trainer-Altmeister Friedhelm Funkel ist sogar der Meinung, der Schlachter aus Rheda-Wiedenbrück werde gerade öffentlich geschlachtet.

Heute wird Tönnies verfolgen, was die Ethikkommission des Deutschen Fußballbundes in seinem Fall entscheidet. Wird schon nicht so schlimm werden, wird er sich denken, nachdem der Ehrenrat seines Vereins festgestellt hat, dass seine Einlassungen zum Thema Afrika (“Was machen die, wenn es dunkel wird?“) als nicht rassistisch eingestuft worden sind. Vielleicht hat er sich erst einmal gewundert, dass es überhaupt eine Ethikkommission im DFB gibt. Viel hat man von der bislang nicht gehört. Das mag daran liegen, dass der Gründungsvorsitzende der Kommission, der kürzlich verstorbene Klaus Kinkel, mal Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes war. Und doch ist es verwunderlich, dass man bei einem so verkommenen Verband wie dem DFB so wenig von der Ethikkommission weiß.

Die letzten beiden Präsidenten des Verbands, Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel, mussten wegen Verstrickungen in Korruptionsaffären zurücktreten. Noch immer schweigen diejenigen, die es wissen, darüber, warum vor der WM 2006 10 Millionen Schweizer Franken auf das Konto einer Gerüstbaufirma in Katar geflossen sind, die einem damaligen Mitglied der Fifa-Exekutive gehört. Dass der Verband nicht in der Lage ist, die großen Naziskandale und Rassismus-Exzesse im deutschen Fußball ordentlich zu sanktionieren, mag Thema der Kommission gewesen sein – allein: man weiß es nicht.

Wie es passieren konnte, dass es für einen Klub wie den Chemnitzer FC beinahe folgenlos blieb, dass im Stadion eine Trauerzeremonie für einen Neonazi und Hooligan abgehalten worden ist, wäre sicher ein Thema für die DFB-Ethiker gewesen. Mesut Özils Fan-Auftritte an der Seite des türkischen Präsidenten Erdoğan hätten vor der Kommission landen können – wie der Verband Özil im rassistisch motivierten Shitsorm alleingelassen hat, ebenfalls. Eigentlich müsste die Öffentlichkeit im Wochentakt etwas von der Ethikkommission erfahren. Tut sie aber nicht.

Eigentlich müsste die Öffentlichkeit im Wochentakt etwas von der Ethikkommission erfahren. Tut sie aber nicht
Entscheidung vertagt

Die DFB-Ethikkommission hat ihre Entscheidung über die Afrika-Äußerung von Clemens Tönnies nicht gefällt, sondern vertragt. „Wir brauchen noch Hintergrund-Informationen. Das ist eine Sache von Wochen, nicht von Monaten“, sagte Kommissions-Vorsitzende Nikolaus Schneider nach der Gremiumssitzung am Donnerstagnachmittag in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main. (dpa)

Das liegt auch an der Konstruktion der Kommission, die über die Einhaltung des Ethik-Kodex des DFB wachen soll. Sie kann selbst kein Urteil fällen, kann Fälle nur zur Anzeige vor die Sportgerichtsbarkeit bringen. Und im Fall Tönnies muss sie erst einmal darüber beraten, ob sie überhaupt zuständig ist, wenn ein Aufsichtsratschef eines Klubs, der über seinen Landesverband am Ende nur indirekt Mitglied des DFB ist, Mist gebaut hat. Und doch ruhen große Hoffnungen auf der Kommission. Denn der Ethik-Kodex ist eindeutig: “Rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie gewalttätigen, diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen treten wir entschieden entgegen“, heißt es da. Wir sind gespannt.

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Andreas Rüttenauer
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10 Kommentare

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  • Hier ein Alternativangebot zur 35. Verwurstung des Fleischproduzenten:

    www.spiegel.de/pan...mne-a-1281747.html

  • Es hat was von einer Kampagne, wenn es immer wieder heißt "die rassistischen Ausfälle von Tönnies". Selbst wenn es rassistisch gewesen wäre, müsste es ja heißen, "der rassistische Ausfall von Tönnies". Aber selbst das ist noch nicht wuchtig genug, also wird einen Mehrzahl einfach dazuerfunden. Letzten Endes geht es nicht mehr darum, was er gesagt hat und was daran zu kritisieren wäre. Es geht darum, dass sich alle Welt einem Kodex unterwirft, der von lauter selbst ernannten "Ethikkommissionen" (die nicht immer so heißen müssen, sie können auch z. B. "Redaktion" heißen) . Bestrafung, Sanktionierung von Gedanken, von Ausdrucksweisen, die keiner von diesen selbsternannten Richtern auch nur mit drei geraden Sätzen kritisieren kann. Was für ein lächerliches, absurdes Theater. Im SPIEGEL-Forum hat ein User ganz empört geschrieben, es gehe nicht darum, was Tönnies gesagt habe, es gehe darum, was er gedacht habe. Besser lässt sich dieser ganze totalitäre Mist nicht zusammenfassen. Die Ethik-Kommission untersucht, ob die GEDANKEN auch REIN sind.

    • @pr22:

      "Bestrafung, Sanktionierung von Gedanken, von Ausdrucksweisen"

      Nein, es geht ganz sicher nicht um die Bestrafung von Gedanken, denn denken kann der Herr Tönnies ja gerne was er möchte. Er sollte nur darauf achten, was er in der Öffentlichkeit so von sich gibt, denn manche Dinge sollte man eben besser nicht sagen, da sie unter Umständen die Menschenwürde anderer verletzen könnten. Meiner Meinung nach hat Herr T. dies mit seiner Äußerung getan, und da sollte er dann auch zeigen, dass er Manns genug ist, die Verantwortung dafür und für alle damit verbundenen Konsequenzen zu übernehmen. Alles andere wäre einfach nur feige.

      • @Grandiot:

        Was Sie hier fordern, ist genau der repressive und leicht totalitäre Anspruch hinter der Kampagne gegen Tönnies: Er soll darauf achten, was er in der Öffentlichkeit so von sich gibt. Warum eigentlich? Wenn er was gegen Afrikaner hat, soll er das m. E. möglichst in der Öffentlichkeit sagen, damit man es auch hört und kritisieren kann. Man kann dann ja in eine Diskussion eintreten, in der ein Rassist mangels guter Argumente sowieso schlecht aussehen muss. Ist den Afrikanern und ihrer Würde etwa damit gedient, wenn alle Rassisten möglichst die Klappe halten, weil sie denken, sie kriegen einen auf den Deckel, wenn sie sagen, was ihnen so durch den Kopf geht? Und wenn sich Leute nur noch devot 3x entschuldigen und sich nicht mehr trauen, auch nur noch einen inhaltlichen Satz zu ihrer Äußerung zu sagen, weil sie glauben, es würde dadurch noch schlimmer? Wem soll das helfen???



        Und überhaupt, die Menschenwürde der Afrikaner: Unsere Politiker von SPD, CDU und Grünen haben nichts gegen Waffenlieferungen nach Afrika, nichts gegen Handelsverträge, die den Afrikanern mehr schaden als nutzen, und es sollen möglichst nicht zu viele der Hungerleider übers Mittelmeer kommen. Aber bei alldem wissen sie sich sehr gewählt auszudrücken und Sprüche wie der von Tönnies kommen ihnen nicht über die Lippen. Das wissen sie, was sich gehört. Verbale Respektsbekundungen sind billig zu haben, leider können sich die Afrikaner nichts dafür kaufen. Von 20 Kraftwerken hätten sie mehr.

        • @pr22:

          "Warum eigentlich? Wenn er was gegen Afrikaner hat, soll er das m. E. möglichst in der Öffentlichkeit sagen, damit man es auch hört und kritisieren kann."

          Na von mir aus, aber muss er sich auch gefallen lassen, dass die Leute seine Äußerungen als rassistisch einstufen, und er in Konsequenz als Rassist gebrandmarkt wird. Das gleiche träfe übrigens auch auf Sie zu, sofern Sie solche rassistischen Äußerungen von sich geben würden, dann wären Sie ebenfalls ein Rassist. Wenn Ihnen das nichts ausmacht und Sie damit gut leben können, dann bitte schön, genießen Sie es, ein Rassist zu sein und freuen Sie sich über das, was Sie unter freier Meinungsäußerung verstehen, ganz gleich ob Sie damit jemandem schaden oder nicht.

          • @Grandiot:

            Sie wollen gerne in der Position des Richters bleiben, und die Aussagen "einstufen", und denjenigen, der sie macht "brandmarken". Genau damit sind sie ein Spiegelbild der ganzen Kampagne. Am liebsten würden Sie auch mir ein herzhaftes "Rassist!" entgegenschleudern, "wenn ich auch rassistische Äußerungen von mir geben würde".



            Tja, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie lieber Ihre moralische Überlegenheit genießen wollen, nach Vergehen fahnden, und böse Leute einschüchtern mit drohenden beruflichen und sonstigen Konsequenzen, oder ob sie mit Argumenten falsche Weltbilder von Leuten ins Wanken bringen wollen.

            • @pr22:

              "Am liebsten würden Sie auch mir ein herzhaftes "Rassist!" entgegenschleudern, "wenn ich auch rassistische Äußerungen von mir geben würde"."

              Oh, da können Sie aber ganz gehörig von ausgehen, dass ich Sie als Rassist betiteln würde, sollten Sie rassistische Äußerungen von sich geben. Ich glaube, das würde jeder Nicht-Rassist mit genügend Menschenverstand tun :)

              Aber da Sie das Stichwort "moralische Überlegenheit" ins Spiel bringen, wie sieht es denn mit Ihren eigenen Moralvorstellungen aus? Haben Sie welche?

              Wenn man sich so anschaut, mit welcher Leidenschaft Sie den Tönnies verteidigen, könnte man glatt meinen, Sie mögen diesen abgehobenen Mensch- und Tierverächter.

              Können Sie sich mit dem seinen Werten und Anschauungen identifizieren, oder was bewegt Sie dazu, sich so für ihn ins Zeug zu legen.

              Die Fragen sind übrigens ernst gemeint und ich würde mich über eine ehrliche Antwort freuen.

  • "Es läuft gut für Clemens Tönnies, den Fleisch produzierenden Oligarchen an der Spitze des FC Schalke 04." - Tja, wenn er sich selbst zur Verfügung stellen würde, wäre er "Fleischproduzent". Aber da er erbärmlich geschlachtete Tiere vermarktet, ist er Fleischverarbeiter. Ja, so heißt das hierzulande, obwohl er kein Fleisch selbst anfasst, sondern das "seine Leute" machen lässt.

    • @reblek:

      Was stört Sie daran? Tönnies ist ein erfolgreicher Unternehmer der vielen Menschen Arbeit verschafft. Manchmal wünsche ich mir alle Unternehmer - "Oligarchen" dieses Landes würden mitsamt ihren Firmen ins Ausland abwandern. Dann gäbe es niemanden mehr der unseren fetten Sozialstaat mit Geld versorgt, den Beamtenapparat stützt, Schulen und Lehrer finanziert usw. Das wäre für den Teil der Bevölkerung, der diese typisch deutsche Eigenschaft des Unternehmer Bashings pflegt, eine heilsame Therapie.

  • 0G
    06491 (Profil gelöscht)

    Ein paar generelle Gedanken zum Fußball:



    Aus meiner Sicht wird dieser gesellschaftlich mittlerweile völlig überhöht. Die einen nutzen ihn als "Brot und Spiele - Zirkus" um von den Problemen in der Gesellschaft abzulenken. Andere verdienen sich eine goldene Nase (von FIFA bis Spielerberater und von Funktionär bis Spieler und von Trainer bis Vereinsmanager) und überschätzen ihre tatsächlichen intellektuellen Möglichkeiten. Insofern sollte man dem (unpassenden) Gerede eines Vereinsführenden nicht so viel Bedeutung beimessen. Für mich stellt sich eher die Frage, ob jemand in so einer Position mit so einem unprofessionellen Verhalten richtig ist? Die Frage ob da jemand rassistisch ist oder nicht wird sich schwer beantworten lassen. Wer kann schon in die Köpfe und Herzen von Menschen blicken, mal ehrlich! Und nur weil andere politsch korrekt daherreden, heißt das noch lange nicht, dass sie auch im Inneren damit übereinstimmen. Heuchelei gibt es im Leben auf so vielen Ebenen und bei so vielen Themen, wer will da ständig über andere richten? Letztlich haben wir alle nur auf einen einzigen Menschen Einfluß: auf uns selbst. Mir fällt da immer etwas aus dem Talmud zu ein:



    Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.



    Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.



    Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.



    Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.



    Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.