Cum-Ex-Schlüsselfigur festgenommen: Berger will nicht nach Deutschland
Er gilt als geistiger Vater des Betrugssystems, mit dem der Staat um Milliarden geprellt wurde. Nun wurde der 70-Jährige in der Schweiz festgenommen.
Er hatte sich vor fast neun Jahren nach der Durchsuchung seiner Kanzlei in die Schweiz abgesetzt. Das Landgericht Bonn hatte Haftbefehl gegen den heute 70-Jährigen erlassen, nachdem er der Ladung zu einem Prozess dort nicht gefolgt war.
Die Schweizer Behörden bestätigten, dass Berger bereits am Mittwoch im Kanton Graubünden auf einen Auslieferungsantrag aus Deutschland hin festgenommen worden sei. Er wolle aber nicht nach Deutschland gebracht werden. „Das Auslieferungsverfahren ist nun beim Bundesamt für Justiz (BJ) hängig“, hieß es in der Mitteilung des Justizministeriums.
Berger gilt für die Generalstaatsanwaltschaft als geistiger Vater des Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden zweimal vom Finanzamt erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch.
Berger sieht ein „legales Steuersparmodell“
Der 70-Jährige hat die Vorwürfe stets bestritten und erklärt, das Vorgehen sei ein legales Steuersparmodell. Berger sollte eigentlich seit dem vergangenen Jahr selbst vor dem Landgericht Wiesbaden stehen, hatte sich aber krank gemeldet und wollte nicht nach Deutschland kommen. In der Vergangenheit hatte er erklärt, er werde an einem Verfahren persönlich teilnehmen und notfalls durch alle Instanzen gehen.
Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hatte bereits 2017 Anklage gegen Berger und fünf ehemalige Händler der UniCredit-Tochter Hypovereinsbank (HVB) wegen schwerer Steuerhinterziehung erhoben.
Im Januar ließ auch das Landgericht Bonn eine Anklage gegen den Steuerexperten zu und stellte einen internationalen Haftbefehl gegen ihn aus. In Bonn hatten 2020 zwei ehemalige Händler Bewährungsstrafen erhalten. Sie hatten in dem Cum-Ex-Prozess umfassend ausgesagt und nach Einschätzung des Gerichts zur Aufklärung beigetragen.
Steuerhinterziehung im dreistelligen Millionenvolumen
Durch die Geschäfte rund um den Stichtag für die Auszahlung von Dividenden soll dem deutschen Fiskus ein Milliardenschaden entstanden sein. Berger persönlich wird Steuerhinterziehung im dreistelligen Millionenvolumen zur Last gelegt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte im Frühjahr erklärt, bei den Geschäften könnte es sich auch um gewerbsmäßigen Bandenbetrug handeln und nicht nur um Steuerhinterziehung.
Für die „Cum-Ex“-Transaktionen seien Absprachen unter zahlreichen Beteiligten notwendig gewesen, um die Geschäfte aufeinander abzustimmen, hieß es in einem Beschluss zu einer Beschwerde Bergers gegen den Haftbefehl. Auf Bandenbetrug stehen bis zu zehn Jahre Haft. Das OLG hatte seinen Umzug in die Schweiz als Flucht ausgelegt, weil das Land wegen Steuerdelikten nicht nach Deutschland ausliefert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren