Crowdfunding-Kampagne für Rollstuhl: Der Open-Source-SafariSeat
Ein Non-Profit-Unternehmen entwickelt einen preisgünstigen Rollstuhl. Er ist für körperlich behinderte Menschen in Entwicklungsländern konzipiert.
Der „Open-Source-Rollstuhl für Entwicklungsländer“ ist ein Projekt des jungen Non-Profit-Unternehmens Uji. Er soll in der Produktion besonders günstig sein und sich leicht zusammenschrauben und reparieren lassen. Um das zu ermöglichen, setzt das Londoner Team rund um den Designer Janna Deeble unter anderem auf herkömmliche Fahrradbauteile. Für die Produktion sammelt Uji auf Kickstarter Geld per Crowdfunding.
„Der SafariSeat ermöglicht Menschen mit körperlichen Behinderungen, ein unabhängiges Leben zu führen“, sagt Deeble, der die Kampagne in einem Video erklärt. Im Gegensatz zu den meisten Rollstühlen sei er auch für unebenes Terrain geeignet. Ideal also für die Nutzung in ländlichen Gebieten mit mangelhafter Infrastruktur. Uji-Mitgründer Bertie Meyer teilte der taz mit, die Produktionskosten für einen SafariSeat lägen derzeit bei knapp 200 Pfund (etwa 225 Euro). Man hoffe aber, dass sie in Zukunft auf weniger als 130 Pfund gesenkt werden könnten.
Eine Zusammenfassung verschiedener Studien im Weltbericht Behinderung der WHO zeigt, dass ein großer Teil der behinderten Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern keinen Zugang zu notwendigen technischen Geräten hat. Hinzu kommt, dass Menschen mit Behinderung fast überall auf der Welt ein erhöhtes Armutsrisiko haben.
Eva Maria Fischer von der Organisation Handicap International weist darüber hinaus auf die häufig mangelhafte medizinische und therapeutische Versorgung in afrikanischen Ländern hin und nennt ein Beispiel: „In Afrika gibt es einen Durchschnittswert von zwei Millionen Menschen, auf die eine orthopädische Werkstatt kommt.“ Das sei natürlich viel zu wenig.
Hilfe zur Selbsthilfe
Mit dem minimalen Funding-Ziel von 30.000 Pfund (knapp 33.600 Euro) will das Uji-Team unter anderem den letzten Prototypen des SafariSeats entwickeln, testen und dann 50 Rollstühle in Kenia produzieren. Das Unternehmen legt nach eigenen Angaben Wert darauf, die lokale Bevölkerung einzubinden. Es gehe um Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Konstruktionsanleitung des SafariSeats wird deshalb kostenlos und unter einer freien Lizenz veröffentlicht. Menschen auf der ganzen Welt werden dadurch die Möglichkeit bekommen, selbst Rollstühle zu bauen. Es sollen lokale Arbeitsplätze und eine globale Community, deren Mitglieder sich gegenseitig unterstützen können, entstehen.
Bertie Meyer, Uji-Mitgründer
„Die Idee dahinter ist, dass alle unser Design benutzen und SafariSeats herstellen können, ohne weiter auf uns angewiesen zu sein“, so Bertie Meyer. „Das ist genau der richtige Ansatz“, meint Eva Maria Fischer. Ausländische Organisationen sollten ihre Projekte im Gesundheitswesen so aufbauen, dass sie die Arbeit langfristig an lokale Institutionen und Organisationen übergeben könnten.
Mit der eigenen Rollstuhlproduktion wird sich das Unternehmen vorerst auf Entwicklungsländer konzentrieren. „Das liegt an unserer Verbindung zu Afrika, speziell zu Kenia“, sagt Bertie Meyer. Janna Deeble ist in dem ostafrikanischen Land aufgewachsen. Der Kenianer Letu, ein Bekannter Deebles, testet die Prototypen des SafariSeats. Letu ist an Kinderlähmung erkrankt und kann deshalb nicht gehen. Er führt mit seiner Familie ein traditionelles Leben auf dem Land.
Uji kooperiert außerdem mit der Association for the Physically Disabled of Kenya (APDK) in Bombulu. Die Kenianer_innen helfen mit ihrem Wissen bei der lokalen Produktion und der Organisation der Lieferkette. Die APDK wird auch die Verteilung der ersten SafariSeats in Mombasa übernehmen. Meyer erzählt: „Die haben einen stetigen Strom an Menschen, die zu ihnen kommen und Rollstühle brauchen.“
Ihr Minimalziel von 30.000 Pfund hat die SafariSeat-Kampagne in nur vier Tagen erreicht. Jetzt bleiben noch über drei Wochen, um Geld für den Bau weiterer Rollstühle zu sammeln.
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