Covid-Bericht von Amnesty International: Verlassen im Altenheim
Amnesty International meldet Menschenrechtsverletzungen in Altenheimen in Spanien. Die Coronamaßnahmen 2020 seien nicht menschenwürdig gewesen.
![Bewohnerinnen eines Altersheims sprechen mit Mundschutz in sicherem Abstand mit ihren Familienangehörigen Bewohnerinnen eines Altersheims sprechen mit Mundschutz in sicherem Abstand mit ihren Familienangehörigen](https://taz.de/picture/6054909/14/32035543-1.jpeg)
„Amnesty International hat fünf Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, die an älteren Bewohnern begangen wurden. Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen“, beschwert sich Esteban Beltrán, Direktor von AI in Spanien. So sei das Recht auf Leben, Gesundheit, Nichtdiskriminierung, sowie auf Privat- und Familienleben und auf einen würdevollen Tod „systematisch verletzt worden“.
„Wir durften meine Mutter nicht besuchen, nicht mit ihr telefonieren oder eine Videokonferenz abhalten“, berichtet in einem Video auf der AI-Facebookseite Angela Arreba, deren Mutter am 8. April 2020 in einem Heim in Madrid verstarb. „Ich möchte mir nicht vorstellen, was sie dachte, als wir uns nicht mehr gemeldet haben.“ In vielen Altersheimen gab es keinen ärztlichen Dienst. Und zumindest in der Region Madrid gab die konservative Landesregierung klare Anweisungen, alte Menschen nicht an die überfüllten Krankenhäuser zu überstellen. „Jemand beschloss, Gott zu spielen“, beschwert sich Arreba.
Hunderte von Familien reichten Klage ein, vergebens. Nur in Madrid wurden 86 Prozent zu den Akten gelegt. Aus der zweiten bevölkerungsreichen Region Katalonien liegen keine Zahlen vor. Zwar reichte die Generalstaatsanwaltschaft 2022 Unterlagen zu den anhängigen Fällen ein, doch die regionalen Staatsanwaltschaften ignorierten dies weitgehend. Eine landesweite Studie gibt es nicht. Nur so viel steht fest. Sterben im Altersheim hat auch mit der neoliberalen Gesundheitspolitik zu tun. In privaten Heimen in der Region Madrid lag die durch Covid erhöhte Sterblichkeit bei 21,9 Prozent – in den öffentlichen bei 7,4 Prozent.
Einen spanienweiten parlamentarischen Untersuchungsausschuss gibt es nicht. Diesen fordern die Familien. Im Regionalparlament in Madrid wurde eine „Wahrheitskommision“ von einer rechten Mehrheit abgelehnt. In Katalonien tagt eine Arbeitsgruppe – bisher ohne Ergebnis, darum fordert AI eine außerparlamentarische Prüfung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?