Coronavirus weltweit: WHO tut sich mit Taiwan schwer
Zwei Tage lang tagt die Organisation in Genf, um Strategien gegen das Virus zu erarbeiten. Doch Taiwan ist auf Druck Chinas ausgeschlossen.
400 Fachleute tagten bis zum Mittwoch, um nach möglichst konkreten Antworten auf die drängenden Fragen zu suchen – etwa, wie genau das Virus übertragen wird. Viele Aspekte rund um die im Dezember 2019 im zentralchinesischen Wuhan ausgebrochene Epidemie sind unklar. Die offizielle Angabe, die am Mittwoch weltweit bei über 45.000 Infizierten rangierte, dürfte deutlich unter den tatsächlichen Infektionen liegen. Vieles deutet darauf hin, dass oft nur milde, kaum merkbare Symptome auftreten.
Fast alle Experten sind sich einig, dass die internationale Zusammenarbeit beim Kampf gegen das Virus wichtiger denn je ist. Doch China übt nach wie vor politischen Druck aus, um Taiwan von der WHO auszuschließen.
Hintergrund ist ein seit Gründung der Volksrepublik China vor 70 Jahren anhaltender Streit über die Herrschaft über den Inselstaat Taiwan. Dieser war zwar Gründungsmitglied der Vereinten Nationen, doch im Jahr 1971 nahm China dessen Sitz ein. Bis 2016 erlaubte Peking seinem Nachbarstaat noch, zumindest als beobachtendes Mitglied an den jährlichen Sitzungen der WHO teilzunehmen.
Für WHO als Teil Chinas
Seit 2016 mit Tsai Ing-Wen eine pekingkritische Präsidentin im Amt ist, hat China jedoch den Druck erhöht, Taiwan vollständig auszuschließen. Die WHO kommuniziert nun nicht mehr direkt mit Taiwan. Das Land könnte WHO-Informationen auch künftig nur über Drittstaaten erhalten. In Taiwan gibt es mindestens 18 bestätigte Infektionen.
Noch jedoch bekräftigt die WHO die Zusammenarbeit mit dem Inselstaat. In einem schnoddrigen Tweet hat Taiwans Außenminister höchstpersönlich gegen die Gesundheitsbehörde ausgeteilt: „WHO, was ist nur los mit euch?“, schreibt Joseph Wu. „Taiwan ist Taiwan und kein Teil von China.“ Die WHO bezeichnet den Inselstaat nämlich wahlweise als „Taiwan, China“ oder einfach in Anlehnung an seine Hauptstadt als „Taipeh“.
Chinas Präsidenten Xi Jinping hatte WHO-Chef Ghebreyesus hingegen für seine offene Kommunikation gelobt – so überschwänglich, dass nicht wenige Kritiker ein Einknicken vor dem drittwichtigsten Geldgeber vermuteten.
Innerhalb des Landes unterdrückt die chinesische Regierung nach wie vor freie Berichterstattung: Am Montag wurde ein Bürgerjournalist in Wuhan verhaftet, der in einem Krankenhaus Videoaufnahmen von mehreren Leichensäcken gemacht hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren