Coronavirus in Sachsen: Der AfD geht die Muffe

Die Rechtspopulisten haben ein Problem: Seit Corona stehen sie nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Ein Abgeordneter im Landtag von Sachsen greift mit einem Handschuh bekleidet nach seinem Telefon.

Während die anderen Parteien auf Zusammenarbeit setzen, kommt von der AfD nicht Konstruktives Foto: Matthias Rietschel/reuters

Erbarmen mit der AfD! Was soll eine Partei, die auf Hass, Angst und Verschwörungstheorien setzt, noch tun, wenn die permanent beschworene Apokalypse tatsächlich eintritt? Als Motzkipartei zu konstruktiver Politik unfähig, kann sie nur weiter Panik schüren und tausend Teufel mehr an alle Wände malen. So geschehen in der Sondersitzung des Sächsischen Landtags am Mittwoch.

Damit gerät sie in Konflikt mit ihrer eigenen Ideologie. Jetzt, wo die Regierungen und kommunalen Verantwortungsträger wirklich keine Parteien mehr kennen, sondern nur noch Deutsche an der unsichtbaren Virenfront, müsste sie eigentlich in die Maßnahmen zum Schutz des „Volkskörpers“ einstimmen. Der Sprung auf das Niveau solchen Ge­meinwohl-Denkens aber ist für eine AfD zu hoch. Sonst hätte sie in Dresden auf den erhofften politischen Vorteilsgewinn verzichtet und einer Debatte in einem drastisch verkleinerten Rumpfparlament zugestimmt.

Ewig auf der Suche nach dem Haar in der Suppe

Stattdessen gefällt sich die sogenannte Alternative weiterhin darin, das Haar in der Suppe zu suchen und in der Attitüde, schon immer alles besser gewusst zu haben. In der Substanz aber kommt kein einziger konstruktiver Hinweis, der Schuldzuweisungen für frühere Versäumnisse ruhen lassen und in der akuten Situation helfen könnte. Dabei müsste die Partei sich doch wohlfühlen, wenn jetzt die Grenzen faktisch geschlossen und „wir“ unter uns sind. Müssen halt nur noch alle Medikamente hier produziert und deutsche Bananen angebaut werden. Aber wer hilft dann in der Pflege oder den Landwirten im Frühjahr?

Nicht zu übersehen war im Landtag, dass der AfD in dieser Situation die sprichwörtliche Muffe geht. An Expansion gewöhnt, sich kurz vor einer Machtergreifung wähnend, weiß sie doch auch, dass Krisen eher das Ansehen gegenwärtig amtierender Regierungen heben. Wenn es gar gelingt, die Auswirkungen der Pandemie auf die Bevölkerung zu begrenzen, haben die Apokalyptiker schlechte Karten. Haben sie doch selbst demonstriert, dass man ihnen ein Krisenmanagement niemals anvertrauen darf. Aber das wollen ja nicht einmal ihre Wähler.

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Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.

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