Coronavakzine in der EU: Brüssel will Impfquote hochtreiben

Die EU-Kommission empfiehlt, die Quote bis Sommer auf 70 Prozent zu steigern. Derweil soll auf dem Gipfel auch über Impfausweise diskutiert werden.

Zwei arbeiter an einem leeren Strand mit Sonnenschirmen und Liegen aus Holz

Manche EU-Länder wollen, dass Reisen in die Sonne für Geimpfte einfacher möglich werden Foto: Alkis Konstantinidis/reuters

Brüssel taz | Trotz massiver Anlaufschwierigkeiten in vielen EU-Staaten bei der Corona-Impfung soll die Impfquote bis zum Sommer auf 70 Prozent steigen. Bereits im März sollen 80 Prozent der Menschen über 80 Jahre und der Beschäftigten im Gesundheitswesen immunisiert werden. Dies empfiehlt die EU-Kommission in einer neuen Vorlage, die für den EU-Sondergipfel am Donnerstag bestimmt ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen 26 Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrer außerplanmäßigen Videokonferenz das weitere Vorgehen in der Coronakrise abstimmen. Nach dem Willen von EU-Ratspräsident Charles Michel sollen sie auch die Frage erörtern, ob es einen EU-Impfpass und damit verbundene Vorteile geben soll. Griechenland fordert Reiseerleichterungen für Geimpfte. Auch Portugal soll sich dafür ausgesprochen haben.

Zunächst geht es jedoch darum, die Impfquote zu erhöhen. Die EU ist dabei im Vergleich zu den USA, Großbritannien oder Israel weit zurückgefallen. EU-Länder wie Belgien oder die Niederlande haben mit den Impfungen gerade erst begonnen, europaweit liegt die Quote deutlich unter 1 Prozent. Dänemark ist vorn, Deutschland liegt – trotz der zahlreichen Klagen – fast im oberen Drittel.

Um eine schnelle „Durchimpfung“ zu erreichen, seien konkrete Zielvorgaben wichtig, heißt es im Entwurf der EU-Kommission. Allerdings bleibt unklar, wie die Mitgliedsländer die ehrgeizigen Ziele erreichen sollen. Zuletzt hatte die US-Firma Pfizer, die den Biontech-Impfstoff produziert, vor Problemen gewarnt. Die Lieferungen an Italien wurden um ein Drittel gekürzt.

Impfausweis mit Vorteilen bleibt umstritten

Umstritten bleibt, ob die Geimpften einen Impfpass erhalten und damit Vorteile genießen sollen. Die EU-Kommission plädiert zwar für ein möglichst genaues und in allen EU-Staaten anerkanntes Impfdokument. Daraus soll erkennbar sein, wer welchen der Impfstoffe bekommen hat – und wo. Dies soll dabei helfen, etwaige Nebenwirkungen zurückzuverfolgen. Ob damit auch Reiseerleichterungen verbunden sein sollen, lässt die Brüsseler Behörde jedoch offen. Deutschland und Frankreich haben signalisiert, dass sie die Debatte für verfrüht halten. Zunächst müsse man mehr Menschen impfen und klären, ob die Impfung vor Weiter­verbreitung schützt, sagte Europastaatssekretär Michael Roth.

Verabreichte Impfdosen pro 100 Einwohner:

1. Dänemark: 2,94

2. Malta: 2,65

3. Slowenien: 2,07

4. Italien: 1,96

5. Litauen: 1,96

6. Spanien: 1,92

7. Irland: 1,57

8. Österreich: 1,56

9. Estland: 1,46

10. Deutschland: 1,37

11. Ungarn: 1,36

12. Polen: 1,31

13. Slowakei: 1,31

14. Rumänien: 1,22

15. Zypern 1,17

16. Kroatien 1,12

17. Portugal 1,04

18. Tschechien 1,01

19. Finnland 0,98

20. Lettland 0,88

Quelle: Our World In Data

Die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides mahnte zur Eile. Im Zusammenhang mit der Coronapandemie seien bereits mehr als 400.000 Menschen in der EU gestorben, sagte sie im Europaparlament in Brüssel. Die Corona-Impfstoffe seien ein „machtvolles Instrument in unserer Hand“ – nun müsse man es auch schnell nutzen.

In der anschließenden Aussprache forderten die Europaabgeordneten mehr Transparenz bei der Beschaffung der Impfstoffe. Bisher hat nur ein Hersteller – CureVac – Einsicht in den Vertrag gewährt. Doch selbst in diesem Fall wurden zentrale Teile des Textes wie die Haftungsklausel geschwärzt. Der grüne Europaabgeordnete Rasmus Andresen bezeichnete dies als inakzeptabel.

„Um Vertrauen in die Impfstoffe herzustellen brauchen wir volle Transparenz“, so der Haushaltsexperte. Die EU-Kommission dürfe dabei nicht auf halber Strecke stehen bleiben. „Neben dem Vertrag mit der Firma CureVac müssen auch die anderen Verträge mit den Pharmakonzernen offengelegt werden.“

Die EU-Abgeordneten sprachen sich auch gegen „Gesundheits-Nationalismus“ aus. Es dürfe keine Parallelverträge mit einzelnen Herstellern geben. Vor allem Deutschland wird verdächtigt, Nebenabsprachen mit Biontech getroffen zu haben. Die EU-Kommission erklärte jedoch, davon nichts zu wissen. Alle EU-Staaten seien rechtlich an die gemeinsamen Bestellungen gebunden.

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