Coronakrise in Namibia: Herero-Führer sterben an Covid-19
Die führenden Gegenspieler Deutschlands bei den Verhandlungen mit Namibias Herero sind an Covid-19 gestorben. Zeit für Solidarität.
Am Donnerstag traf es Zed Ngavirue, Sonderbeauftragter der namibischen Regierung für Völkermord und ihr Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Deutschland über Wiedergutmachung für den deutschen Genozid an Namibias Herero und Nama 1904 während der Kolonialzeit.
Am Freitag folgte der prominenteste Kritiker der Verhandlungen mit Deutschland: Vekuii Rukoro, Chef des traditionellen Rates der Herero, der sich als Wortführer der Nachfahren der Völkermordüberlebenden sah. Die beiden wichtigsten Herero-Politiker Namibias sind tot, gestorben an Covid-19.
Deutschland tut sich schwer damit, das Ausmaß seiner historischen Verantwortung in Namibia anzuerkennen – alles, was nach einklagbaren Verpflichtungen klingt, blockt Berlin ab. Kann Deutschland aber tatenlos zusehen, wie ihm die Herero-Gesprächspartner wegsterben?
In Deutschlands regt sich daher die Forderung, Deutschland möge Namibia massiv mit Impfstoffen und Sauerstoffgeräten unterstützen und Solidarität beweisen.
Die Zeit drängt. Am Montag titelte Namibias unabhängige Tageszeitung The Namibian, dass Namibia keine Impfstoffe für Erstimpfungen mehr übrig hat. Das chinesische Sinopharm sei aufgebraucht und als Land mittleren Einkommens habe Namibia kein Recht auf kostenlose Lieferungen des Covax-Programms, sondern konkurriere mit den reichen Nationen auf dem Weltmarkt, wird Gesundheitsminister Kalumbi Shangula zitiert. Die aktuellen Reserven werden für Zweitimpfungen benötigt. Neue Lieferungen werden erst im Juli erwartet.
Ein klarerer Fall für rasche deutsche Hilfe ist kaum denkbar. Dazu kommt: Die jüngste Vereinbarung der Bundesregierung mit Namibia über eine Anerkennung des Genozids, aber ohne Reparationen, bleibt umstritten. Namibia ist unzufrieden und will nachverhandeln, Deutschland nicht.
Kann Berlin jetzt weiter mauern? Das würde so aussehen, als nutze Deutschland den Tod prominenter Herero aus, um sich durchzusetzen. Wie dereinst vor fast 120 Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid