Corona und Handy-Hygiene: Smartphones mit Licht desinfizieren
Handys sind potenzielle Überträger von Coronaviren. Forscher*innen haben eine Methode entwickelt, die Viren durch Licht unschädlich macht.

Und das, obwohl Expert*innen dazu raten, das Handy zweimal täglich zu reinigen. Bis zu einhundert verschiedene Bakterien, Viren und sogar Kotreste können auf den Bildschirmen der Geräte sein. Besonders in Krankenhäusern ist das kritisch. Auf den Smartphones mancher Krankenhausmitarbeiter*innen tummeln sich multiresistente Keime, wie eine Studie feststellte. Wer sich dann noch mehrfach pro Stunde ins Gesicht oder den Bart fasst, kann sich mit Krankheiten infizieren. Besonders zu Corona-Zeiten ist das eine fatale Schwachstelle im Gesundheitssystem.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hält die Übertragung von Corona-Viren durch eine Schmierinfektion, also wenn man etwa eine kontaminierte Türklinke oder eben Smartphones berührt, aktuell für eher unwahrscheinlich. Im Allgemeinen seien humane Coronaviren nicht besonders stabil auf trockenen Oberflächen. Aktuelle Studien zeigen jedoch auch, dass Corona-Viren auf Glas bis zu vier, auf Plastik sogar ganze fünf Tage überleben können. In Krankenhäusern würde das ausreichen, um besonders gefährdete Menschen zu infizieren.
Erschwerend hinzu kommt, dass die nachhaltige Desinfektion von Smartphones relativ schwierig ist: Desinfektionsmittel mit Alkohol sind für die Reinigung ungeeignet, weil sie die ölabweisende Schicht des Bildschirms beschädigen, die Schmutz und Fingerabdrücke verhindern soll. Tüchern ohne Alkohol können Corona-Viren wiederum entwischen.
Ultraviolettes Licht macht Coronaviren unschädlich
Das Fraunhofer-Institut hat jetzt ein neues Verfahren zur Handy-Hygiene in Krankenhäusern entwickelt. Die Lösung ist ein kleiner viereckiger Kasten, der an eine Mikrowelle erinnert und in seinem Innern ultraviolettes Licht (UV-C-Licht) durch LEDs ausstrahlt. „Man legt sein Smartphone oder Tablet hinein und nach wenigen Sekunden ist das Virus deaktiviert und das Gerät desinfiziert“, sagt Martin Käßler vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB). Außerdem wird die verwendete Strahlungsdosis für jedes desinfizierte Gerät gemessen.
Da Viren keine selbstständig lebenden Organismen sind, sprechen Forscher*innen nicht von „abtöten“, sondern von „deaktivieren“. Das UV-C-Licht schädigt die Virus-DNA, weshalb Viren keine Zellen mehr infizieren können und unschädlich sind.
Das kurzwellige und energiereiche UV-C-Licht nutzten Forscher*innen bereits 2004 bei der SARS-Epidemie und sehen es auch als große Hoffnung in der Bekämpfung von Covid-19. Schon seit rund 40 Jahren kommt UV-C-Licht bei der Wasseraufbereitung und in vielen anderen Bereichen zum Einsatz, bislang in Form von großen Quecksilberdampflampen. Weil die für die Desinfektion von Handys viel zu klobig sind, nutzt das Fraunhofer-Institut wesentlich kleinere und effizientere LEDs.

Vorerst sollen die Desinfektionsgeräte nur an Krankenhäuser geliefert werden. Vorstellbar wäre, dass sich Mitarbeiter*innen, ähnlich zu Desinfektionsspendern, ihre Smartphones an mehreren Stationen reinigen können. In chinesischen Krankenhäusern wird UV-C-Licht bereits gegen das Corona-Virus eingesetzt in Form von Robotern, die automatisch durch die Gänge fahren.
Für Privathaushalte ist das UV-C-Gerät vom Fraunhofer-IOSB aktuell noch nicht vorgesehen. Für den Privatgebrauch gibt es zwar bereits UV-C-LED-Geräte zu kaufen, die Qualität der LEDs stellt Käßler aber in Frage: „UV-C-LEDs altern mit der Zeit, vor allem die effiziente Wärmeabfuhr wird bei sehr kompakten Geräten ein Problem darstellen.“ Wegen der fehlenden Protokollfunktion seien diese Geräte für die Kliniken nicht geeignet.
Bei den UV-C-LEDs für den Privatgebrauch können Nutzer*innen die Wirksamkeit der Desinfektion nicht überprüfen, sagen Expert*innen, raten von den Geräten aber auch nicht grundsätzlich ab. Daher gilt: Handydisplays mit einem Mikrofasertuch vorsichtig säubern, wobei auch ein sehr geringer Anteil an Alkohol die ölabweisende Schicht nicht beschädigen soll. Apple rät bei seinen Geräten zu Clorox-Desinfektionstüchern. Und wie immer gilt: Häufig die Hände waschen. Und das Smartphone nicht auf dem Klo nutzen!
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit