Corona in der Ukraine: Schotten dicht im Januar

Die Zahl der Infizierten steigt. Dennoch sollen erst bald härtere Maßnahmen verhängt werden. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt das ab.

Ein Frau mit Maske sitzt auf einer Bank in der Kälte

Ab Januar alles dicht? Nach den Winterferien soll in der Ukraine ein harter Lockdown kommen Foto: Zuma/imago

Kiew taz | Traditionell steht in der Ukraine vom 1. Januar bis zum orthodoxen Weihnachtsfest am 7. Januar fast alles still. Lediglich die Restaurants haben in dieser Zeit Hochbetrieb. In diesem Winter werden die Feiertage bis zum 24. Januar verlängert. Die Ukraine wolle mit den „Wintersicherheitsferien“, so Premierminister Denys Schmyhal, der wachsenden Zahlen von Infektionen, Erkrankungen und Todesfällen in der Covid19-Krise Herr werden.

Allein am 10. Dezember waren 285 Menschen an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung verstorben – ein neuer Rekord seit dem 3. März, dem Tag, an dem der erste Corona-Infizierte gemeldet wurde. Seit dem 3. März haben sich 845.343 Bewohner*innen mit dem Virus infiziert, 14.204 seien gestorben, berichtet das Portal tsn.ua. Derzeit werden vom Gesundheitsministerium jeden Tag über 10.000 Neuinfizierte gemeldet. Gegenüber der „Ukrainska Prawda“ geht Premierminister Schmyhal von einem täglichen Anstieg von 20.000 bis 25.000 im Januar aus.

Um für diesen Anstieg gewappnet zu sein, sehen die Behörden keinen anderen Ausweg als einen weitgehenden 16-tägigen Lockdown vom 8. bis 24. Januar. In dieser Zeit werden alle Restaurants, Museen, Kinos, Fitness-Clubs, Einkaufszentren und Bildungseinrichtungen geschlossen sein. Lediglich Lebensmittelgeschäfte, Friseure, Tankstellen, Hotels, Banken, Apotheken und Kindergärten dürfen weiterhin öffnen.

Sportliche Wettkämpfe dürfen nur noch ohne Zuschauer*innen ausgetragen werden. Im öffentlichen Verkehr dürfen nur so viele Passagiere mitgenommen werden, wie Sitzplätze vorhanden sind. Gleichzeitig erklärte Schmyhal, dass er für den Dezember noch keine Notwendigkeit eines Lockdowns sehe, seien doch in diesem Monat die Zahlen noch relativ stabil.

Zustimmung wächst

In der Bevölkerung sind diese Maßnahmen umstritten. So berichtet die ukrainische Version von BBC von einer Zustimmungsrate von gerade einmal 42 Prozent. Die Tendenz sei indes steigend, habe doch die Zustimmung für einen Lockdown vor zwei Wochen sechs Prozent darunter gelegen.

Oleksandr Dubinskyj, Abgeordneter der Regierungspartei „Diener des Volkes“, warnt vor den wirtschaftlichen Folgen des Januar-Lockdowns. In Januar werde der Staat kaum Steuern einnehmen, es werde keine Arbeit geben, die Ukraine werde sich auf einen Staatsbankrott zubewegen. Das eigentliche wirtschaftliche Chaos sei dann für März und April zu erwarten, so Djubinskyj auf seiner Facebook-Seite.

Die Bloggerin Marina Daniluk-Yarmolaeva sieht in dem Januar-Lockdown einen Versuch des Präsidenten, der zufälligerweise am 25. Januar seinen Geburtstag feiern wird, sein Interesse am Feiern zu bedienen. Dann habe er die Möglichkeit, sich noch vor Beginn des Lockdowns mediengerecht mit Papa und Mama beim Weihnachtsfest photographieren zu lassen und die Kerzen am Christbaum zu entzünden, so die Bloggerin.

Für den 24. Januar ist ein Auftritt der Spaßtruppe „Quartal 95“, die von Präsident Wolodymir Selenski mit gegründet worden war, in Kiew angesetzt. Die Eintrittspreise können sich sehen lassen: Zwischen 20 und 110 Euro kostet das Ticket. Bei einer telefonischen Anfrage der taz erklärte die Kartenvorverkaufsstelle, man gehe davon aus, dass die Veranstaltung stattfinde.

Kostenlose Impfung

Unterdessen kündigte Gesundheitsminister Maxim Stepanow im Fernsehkanal „Ukraina 24“ an, eine Covid-19-Impfung werde für alle Staatsbürger*innen kostenlos sein. In einem ersten Schritt würden Personen geimpft, die einer Risikogruppe angehörten.

Dies seien Personen aus dem Gesundheitswesen, Pädagog*innen, Polizist*innen, Sicherheitskräfte sowie ältere und kranke Mitbürger*innen – insgesamt 20 Millionen Menschen. Man stehe im Kontakt mit den Produzenten von Pharma-Unternehmen, die an einem Impfstoff arbeiteten und sichere diesen eine zügige Registrierung der Impfstoffe in der Ukraine zu.

Schon im Mai, so kündigte der leitende Sanitätsarzt der Ukraine, Wiktor Ljaschko an, werde sich die Lage grundlegend zum Besseren wenden. „Im Frühjahr und Sommer wird der Coronavirus seine Aggressivität und Ansteckungsgefahr vermindern.“ Dieser Umstand und die zunehmende Zahl der geimpften Personen würden eine Immunität entstehen lassen, die bald kollektiv sein werde. „Und dann werden wir diese schreckliche Krankheit überhaupt vergessen“ so Ljaschko in einer Fernsehsendung des Kanals TSN.

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