piwik no script img

Corona-Strategie des InnenministeriumsIm Grundsatz leider richtig

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Noch immer glauben zu viele, dass die Lage beherrschbar bleibt.

Leider hat der Innenminister mit seinen harten Maßnahmen recht Foto: dpa

P apieren aus dem Bundesinnenministerium begegnen liberale Menschen normalerweise zu Recht mit einer gesunden Skepsis. Denn Angst zu machen, um mehr staatliche Befugnisse durchzusetzen, ist dort keine unbekannte Taktik. So könnte man auch das aktuelle Strategiepapier zur Eindämmung der Corona-Epidemie interpretieren, das eine Warnung vor bis zu 1,2 Millionen Corona-Toten mit der Forderung nach verstärkten Gegenmaßnahmen verbindet.

Doch das wäre ein Fehler. Denn leider sind die Szenarien aus dem Haus von CSU-Minister Horst Seehofer keineswegs unrealistisch. Auch wenn das Worst-Case-Szenario hoffentlich nicht eintreten wird, ist es gut, deutlich zu machen, was ohne entschiedenes Handeln drohen würde.

Zu viele Menschen glauben immer noch, dass die Lage in Deutschland beherrschbar bleibt. Dabei ist längst absehbar, dass auch hier die Kapazitäten der Krankenhäuser überschritten werden – die Frage ist nur, wie sehr. Selbst im besten Szenario wird es in Deutschland viele tausend Tote geben, und vielen Überlebenden drohen bleibende Lungenschäden.

Die vom Innenministerium vorgeschlagenen Maßnahmen gehen ebenfalls in die richtige Richtung. Dass deutlich mehr Coronatests eine Voraussetzung zur effektiven Eindämmung der Epidemie sind, sagen viele ExpertInnen mit Verweis auf die erfolgreicheren Strategien etwa in Südkorea oder Taiwan schon lange. Wenn nun auch die Bundesregierung der Ausweitung der Tests eine hohe Priorität einräumt, ist das nur zu begrüßen. Auch die Forderung nach einer schnellen Ausweitung der Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern ist völlig richtig.

Schwieriger ist die Lage bei der digitalen Nachverfolgung von Kontakten. Die Sorge, dass einmal eingeführte technische Überwachungsmöglichkeiten später weitergenutzt werden könnten, ist durchaus berechtigt. Doch auch hier sollte zumindest genau geprüft werden, ob eine datenschutzgemäß vertretbare Lösung nicht doch möglich ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Eine datenschutzfreundliche Lösung ist möglich.



    netzpolitik.org/20...diger-widerspruch/

  • 0G
    01759 (Profil gelöscht)

    Mal rein hypothetisch gefragt: Was ist eigentlich, wenn sich all diese Horrorszenarien letztlich doch nicht bewahrheiten sollten und das ganze zwar womöglich schwerer als eine "normale" Influenzawelle verläuft, aber eben auch nicht viel mehr? Wie sähe dann der Schaden für die Glaubwürdigkeit in Wissenschaft, Medien und Politik aus? Wenn man bedenkt auf welch nach wie vor erstaunlich unsicherer Datenbasis derartige Behauptungen mit der Haltung unanzweifelbarer wissenschaftlicher Evidenz vorgebracht werden, wird mir ehrlich gesagt ein bisschen Angst und Bange, selbst für den eigentlich ja wünschenswerten Fall, dass alles am Ende doch recht glimpflich verlaufen sollte.

    Zum Thema fehlender Evidenz scheinen mir übrigens einerseits die verschiedenen Stellungnahmen des Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (www.ebm-netzwerk.de/de) empfehlenswert, zum anderen ein längeres Interview mit John Ioannidis (www.youtube.com/wa...MZy-2fcBw&t=3081s). Es geht dabei jeweils nicht darum zu behaupten, dass die dramatischen Prognosen definitiv falsch sind, wie das bei zahlreichen der kursierenden Verschwörungstheorien der Fall ist, sondern das diese Prognosen tatsächlich mit einem extremen Unsicherheitsfaktor verbunden sind, zugleich jedoch der Eindruck entsteht bzw. vermittelt wird, es handelte sich irgendwie um nicht hinterfragbare exakte Vorhersagen. Und man zugleich auch beobachten kann, dass diese dramatischen Darstellungen zu problematischen Nebenfolgen führen (z.B. Fehlallokation von Schutzmasken, Überlastung der Krankenhäuser/des Gesundheitssystems auch durch den gesteigerten Andrang von verängstigten Menschen, die sich selbst bei milden Symptomen testen lassen wollen, etc.).

    Ob insofern eine "shock and awe" Strategie wirklich so empfehlenswert ist, wie scheinbar auch der Autor des Artikels meint, darf man dann vielleicht doch dezent bezweifeln.

  • "Dabei ist längst absehbar, dass auch hier die Kapazitäten der Krankenhäuser überschritten werden – die Frage ist nur, wie sehr. Selbst im besten Szenario wird es in Deutschland viele tausend Tote geben, und vielen Überlebenden drohen bleibende Lungenschäden."

    Ganz mit dem zweiten Satz einverstanden, aber für die erste Behauptung hätte ich gerne eine Quelle. Eine Quelle die behauptet, dass dies nicht nur möglich ist, sondern das dies sicher ist und nur eine Frage wie sehr die Kapazität überschritten wird.

  • Nach der Impfung wird man alle Maßnahmen leicht wieder abschütteln wie ein Hund das Wasser. Eintrag einer Erkrankung? Nach 14 Tagen ist man gesund, tod oder auf der Intensivstation. Das erledigt sich also sogar nach Tagen und während der Krise.

  • Das möchte man doch auf der Stelle unterschreiben.