Corona-Maßnahmen in Berlin: Kindergeburtstage gibt's weiterhin
Der Berliner Senat setzt die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Beschränkungen weitgehend um. Für Kinder gibt es Ausnahmen.
Seit 16 Uhr hatte der Senat sich beraten, wie Berlin die am Mittwoch gefassten harten Beschränkungen konkret umsetzen will. Allgemein war erwartet worden, dass Berlin nicht weit von der Bundeslinie abweichen würde – auch wenn insbesondere beim linken Koalitionspartner zuletzt Stimmen gefordert hatten, den Kultursektor von einem neuerlichen Lockdown auszunehmen. Und Linkspartei-Chefin Katina Schubert hatte im Interview mit der taz vor allem „evidenzbasierte Maßnahmen“ gefordert.
Der Regierende Michael Müller (SPD) betonte allerdings am Donnerstagabend die „Gemeinsamkeit“ der Kraftanstrengungen, mit der man jetzt in den Ländern „gemeinsam nach vorne gehen“ müsse. Anders bekomme man die „nach wie vor in die Höhe schießenden Zahlen“ nicht in den Griff. Auch in Berlin wachsen die Zahlen derzeit exponentiell. Zuletzt erreichte die Zahl der Neuinfektionenen am Mittwoch einen neuen Höchststand, der Inzidenzwert liegt aktuell bei 144.
Ein paar Berliner Besonderheiten gibt es allerdings doch: Neben Schulen und Kitas sollen auch Musikschulen, Volkshochschulen und die Jugendkunstschulen weiter arbeien dürfen, sagte Kultursenator und Vizebürgermeister Klaus Lederer (Linke). Auch Sportvereine dürfen – nur im Jugendbereich bis zwölf Jahre – den Betrieb weiterlaufen lassen, solange der Sport im Freien stattfindet und die Gruppen nicht größer als zehn Kinder sind. Man wolle, sagte Lederer, „auch an die Bezirke appellieren, die Spielplätze weiter offen zu halten.“ Denn: „Die Kinder müssen ja irgendwo hin, die müssen raus.“
Auf die Bürger kommen zudem strenge Kontaktbeschränkungen zu, die an die Anfangsphase der Pandemie erinnern. Der gemeinsame Aufenthalt in der Öffentlichkeit oder in Innenräumen ist nur noch allein oder mit Personen des eigenen Haushalts und zwei weiteren Personen aus verschiedenen Haushalten oder Angehörigen zweier Haushalte mit maximal zehn Personen gestattet. Kinder bis zwölf Jahre sind von dieser Regel ausgenommen. Veranstaltungen im Freien mit mehr als 100 Anwesenden sind ebenso verboten wie Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 50 Anwesenden. (dpa)
Da habe man, so Lederer, eben auch der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass Berlin eine Großstadt „mit für viele Menschen hier beengten Wohnverhältnissen ist.“ Da könne selbst ein Monat Lockdown „eine verdammt lange Zeit sein.“
Weniger hart als während des ersten Lockdowns im Frühjahr soll es auch BewohnerInnen von Pflege- und Seniorenheimen treffen. Man wolle sehr genau über Besuchsregelungen nachdenken und außerdem Schnelltests prioritär für diese Gruppe zur Verfügung stellen.
Ein schwieriger Monat wird es für die Kulturbranche: Museen, Theater und Kinos müssen komplett schließen. Bibliotheken dürfen die Ausleihe hingegen weiter öffnen. Lederer wies auf die geplanten Hilfen vom Bund hin, der bereits allen kleineren Betrieben bis 50 Angestellten die Erstattung von 75 Prozent der November-Umsätze 2019 angekündigt hat. „Da drängen wir jetzt drauf, dass das auch für Solo-Selbständige gilt und sinnvoll angepasst wird“, sagte Lederer, etwa indem man für sie das Jahresmittel der Umsätze nimmt. Auch die Soforthilfen des Landes sollen weiterlaufen.
Ebenfalls wieder schließen müssen Restaurants – die „Pizza nachts um 1“ sei aber weiter möglich, so Müller, denn ein Außer-Haus-Verkauf ist erlaubt. In den Kneipen bleibt das Alkoholverbot zwischen 23 und 6 Uhr bestehen. Die Weihnachtsmärkte sollen zumindest im November noch nicht öffnen dürfen.
Müller sagte, er werde am Sonntag bei der Sondersitzung im Parlament „sehr dafür werben, dass die Abgeordneten diese Politik jetzt mittragen.“ Das Abgeordnetenhaus soll in einer Marathonsitzung alle Punkte der Verordnung beschließen – ein Novum, seit es die Corona-Verordnungen, inzwischen die zehnte, gibt.
Angst um die Akzeptanz
Es komme jetzt auch darauf an, die Akzeptanz der Bevölkerung für die harten Maßnahmen nicht zu verspielen, betonte Lederer. „Wir müssen jetzt die vier Wochen nutzen und versuchen rauszufinden, wie wir in Zukunft nicht wieder von einer Welle überrascht werden.“ Denn wenn man, so wie jetzt, nicht mehr wisse, woher ein Großteil der Infektionen komme, müsse man eben notwendigerweise pauschal werden in den Maßnahmen.
„Aber nochmal können wir uns so ein Ding, so einen Lockdown, nicht erlauben. Wir brauchen einen Plan B“, so Lederer. Eine Prognose, ob man in vier Wochen tatsächlich die Welle gebrochen hat, wagte keiner der Regierenden am Donnerstag. „Das wissen wir ehrlich nicht“, sagte Lederer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“