Corona-Impfstoffkampagne stockt: Fehlender Nachschub

Der Bundesgesundheitsminister wehrt sich gegen Kritik an unzureichenden Impfstoff-Lieferungen. Großbritannien prescht indes vor.

MitarbeiterInnen zwischen Förderbänder und Paketen in einer Lagerhalle

Impfstofflager bei Irxleben in Sachsen-Anhalt Foto: Ronny Hartmann/dpa

BERLIN taz | Noch Anfang November war unklar, ob es überhaupt einen wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 geben würde. Dass kurz darauf mit dem Mainzer Unternehmen Bion­tech ein deutscher Hersteller als erster die Genehmigung erteilt bekommt, war ebenfalls nicht abzusehen. Die Konkurrenten Moderna aus den USA und der Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens AstraZeneca hatten ebenfalls gute Chancen, die ersten zu sein.

Seit Sonntag wird nun offiziell in allen EU-Ländern mit dem Stoff von Biontech/Pfizer geimpft, in Deutschland haben bis Mittwochnachmittag über 80.000 Menschen eine erste Immunisierung erhalten. Trotzdem häufen sich nun die Klagen, etwa warum die Impfzentren bereitstünden, sie aber nicht auf voller Kapazität laufen, die Impfkampagne in Deutschland insgesamt viel zu schleppend anliefe, während Großbritannien, Israel und die USA schon sehr viel mehr Leute mit dem Mittel von Biontech geimpft haben. Dabei habe Deutschland den Impfstoff doch erfunden.

Sichtlich um Geduld bemüht, stand Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kurz vor Jahreswechsel am Mittwoch Journalisten der Bundespressekonferenz noch mal Rede und Antwort. „Ja, es ruckelt an der einen oder anderen Stelle“, gab er zu. Es werde aber alles dafür getan, schnellstmöglich so viel Impfstoff wie möglich für Deutschland zur Verfügung zu haben. Die nächste Ladung sei bereits für die kommende Woche“ vorgesehen. Im Januar seien dann jede Woche reguläre Lieferungen geplant.

Zuvor hatten sich sowohl Brandenburg als auch Berlin über die angeblich chaotische Verteilung beschwert. „Wir haben jetzt vom Bundesgesundheitsministerium die Nachricht bekommen, dass die Lieferung in der ersten Kalenderwoche ersatzlos ausfällt“, beklagte sich Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). Das bringe Berlin in große Schwierigkeiten, weil Einladungen zur Impfung an Hochbetagte bereits verschickt wurden. Erst ab 11. Januar solle es weitergehen. Auch in Brandenburg wird die Lieferung von Impfstoff zum Jahresbeginn 2021 zunächst pausieren.

Spahn bittet um Geduld

Scharfe Kritik kam von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Spahn spreche von föderalem Durcheinander und zeige mit dem Finger auf die Bundesländer, sagte er in der Rheinischen Post „Der Minister selbst hatte Monate Zeit, den geplanten Impfstart vorzubereiten. Hierzu hat er ausreichende Kompetenzen bekommen.“

Spahns Antwort auf die Kritik: Mit dieser „generellen Knappheit zu Beginn“ müssten alle vor Ort umgehen. Auch dafür könne man nur um Geduld bitten. Er wies darauf hin, dass es für den Hersteller Biontech das erste Produkt überhaupt ist. Dass es überhaupt schon so schnell in der Pandemie einen Impfstoff gebe, sei ein großer Erfolg, betonte er. Dies sei Anlass zur Freude und Zuversicht.

Zugleich setzt Spahn auf die Zulassung weiterer Impfstoffe. Neben der für Anfang Januar erwarteten Zulassung des Serums der US-Firma Moderna gehe er von einer „zügigen Bearbeitung“ des Zulassungsantrags von Astra­Zeneca aus. „Wenn das alles klappt, werden wir schneller als gedacht in der Fläche impfen können“, sagte Spahn.

Das Präparat von AstraZeneca hat am Mittwoch in Großbritannien erstmals eine Genehmigung zur Impfung erhalten. Der Vorteil: Das Mittel kostet sehr viel weniger und braucht nicht wie der Impfstoff von Bion­tech in Kühlkammern mit extremen Minustemperaturen gelagert werden. Zudem gebe es womöglich die Möglichkeit, dass nur eine Dosis pro Person für die Immunität benötigt wird. Die Hersteller bei Astra­Zenica haben bereits die Hoffnung geäußert, dass das Mittel zum „Impfstoff für die Welt“ werden könne. Allerdings ist unklar, wie gut das Mittel ältere Menschen schützt. Nur 12 Prozent der Studienteilnehmer waren über 55 Jahre alt.

Auch China macht Fortschritte. Ein Flugzeug mit 3 Millionen Dosen von CoronaVac des chinesischen Unternehmens Sinovac landete Mittwoch in Ankara. Türkischen Behörden zufolge ist dieser Impfstoff zu 91,25 Prozent wirksam. ­Sinophar, ein weiteres chinesische Pharmaunternehmen, teilte mit, dass sein Corona-Impfstoff zu 79,3 Prozent wirksam sei.

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