Corona-Aufregung in Berlin: Mediales Fieber
Das unbekannte Virus verunsichert die Menschen, insofern ist Information gut. Nicht hilfreich ist hingegen die Sensationslust von Live-Tickern.
U nbekanntes verunsichert die meisten Menschen. Und im Fall des Coronavirus 2019-nCoV ist das wahrscheinlich auch nur ein vernünftiger Überlebensinstinkt: Immerhin ist man gerade quasi live dabei, wie ForscherInnen versuchen, dieses Virus zu verstehen, das offenbar zudem laut Virologen über recht intelligente Anpassungsstrategien an neue Wirte (uns Menschen) verfügt. Ein Impfstoff ist deshalb auch noch nicht in Sicht, weshalb lediglich die Symptome der Erkrankung – vom Schnupfen bis zur Lungenentzündung – behandelt werden können.
Selbst das grundsätzlich stocknüchterne Robert-Koch-Institut findet „größtmögliche Wachsamkeit geboten“, und stellt geradezu empathisch fest: „Erkrankungen mit neuartigen Erregern sind sehr schwer einzuschätzen, und Neues macht eher Angst als bekannte Risiken (z. B. Influenza).“
Es ist immer ein schmaler Grat zwischen Information der Bevölkerung und Panikmache. Natürlich ist es gut, wenn alle wissen, dass sie sich die Hände waschen und Abstand halten sollen. Natürlich ist es gut, wenn ein Virologe sein Corona-Wissen teilt, und die evakuierten China-RückkehrerInnen in einer Nacht- und Nebelaktion in die Quarantänestation im Köpenicker DRK-Klinikum zu bringen, wäre auch keine gute Idee. Tendenziell gilt: Wissen ist Macht, und je mehr man weiß, desto weniger ausgeliefert fühlt sich die AnwohnerIn der Köpenicker Klinik.
Und dennoch: Müssen diese ganzen Liveticker zu Corona wirklich sein, wo beinahe in Echtzeit jeder Todesfall aus China dokumentiert wird („Jetzt schon mehr Todesfälle als bei Sars vor 17 Jahren“). Wenn als Schlagzeile aus einem eigentlich differenzierten Interview mit einem Wissenschaftler die Schlagzeile bleibt „Das Virus wird leichter übertragen als Sars“, dann wird unter dem Deckmantel der Information vor allem nach der Sensation gefischt. Das befeuert das mediale Corona-Fieber. Hilfreich ist es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe